Die deutsche Autoindustrie kritisiert abermals die aus ihrer Sicht überhastete Einführung neuer Abgastests. Die Branche rechnet damit, dass angesichts der zum 1. September verbindlichen neuen WLTP-Testverfahren aktuell noch über 500 Genehmigungen ausstehen, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) am Samstag in Berlin mitteilte.
Die EU hatte festgelegt, dass künftig für Verbrauchs- und Emissions-Messungen die „Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure“ (WLTP) verbindlich wird. Zusätzlich wird ein Jahr später zum 1. September 2019 noch ein Realtest verbindlich, bei dem im Fahrbetrieb auf der Straße gemessen wird („Real Driving Emissions“, RDE).
Die Einführung der neuen Abgasgesetzgebung erfordert eine Umstellung der Modellpalette auf Ottopartikelfilter und eine Neutypisierung bis spätestens 1. September 2018. Vor diesem Hintergrund kommt es bei den Autoherstellern derzeit zu Einschränkungen beim Angebot an Neuwagen.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen NEFZ und WLTP
NEFZ: Leergewicht plus 100 Kilogramm
WLTP: Leergewicht plus 100 Kilogramm plus Ausstattung, keine Klimaanlage
NEFZ: Weniger als 3.000 Kilometern
WLTP: Zwischen 3.000 und 15.000 Kilometern
NEFZ: Durchschnittlich 4 kW / 5,4 PS. Maximal: 34 kW / 46 PS
WLTP: Durchschnittlich 7 kW / 9,5 PS. Maximal: 47 kW / 64 PS
NEFZ: 25 Prozent
WLTP: 13 Prozent
NEFZ: 11 Kilometer
WLTP: 23,25 Kilometer
NEFZ: 20 Minuten
WLTP: 30 Minuten
NEFZ: 120 km/h
WLTP: 131 km/h
NEFZ: 34 km/h
WLTP: 46 km/h
NEFZ: Fixe Schaltpunkte
WLTP: Fahrzeugspezifisch
NEFZ: Nicht definiert
WLTP: Fahrzeugspezifisch
NEFZ: Nicht definiert
WLTP: Fahrzeugspezifisch
NEFZ: 20 bis 30 Grad
WLTP: 14 / 23 Grad
NEFZ: Nicht definiert
WLTP: Darf vor dem Zyklus nicht geladen werden
NEFZ: Nein
WLTP: Ja
NEFZ: Kalt
WLTP: Kalt
NEFZ: Keine
WLTP: Drei Gewichts-/Leistungsklassen:
- bis 22 Watt pro Kilogramm,
- bis 34 Watt/kg und
- ab 35 Watt/kg. In der EU übliche Fahrzeuge gehören fast ausschließlich der Klasse drei an.
NEFZ: 14
WLTP: 9
Beim neuen Prüfzyklus WLTP geht es um eine bessere Abbildung des tatsächlichen Verbrauchs sowie der Schadstoff- und CO2-Emissionen. Kürzlich hatte VW deswegen Produktionsengpässe angekündigt, BMW stoppt vorübergehend die Produktion mehrerer Modelle mit Benzinmotoren für den europäischen Markt, um sie für die neuen Messungen fit zu machen. Auch bei Porsche kommt es zu einem eingeschränkten Modellangebot. Porsche widersprach am Freitag einem Medienbericht, wonach der Verkauf von Neuwagen in Europa insgesamt eingestellt werde. Die ersten neuen Porsche-Modelle mit Ottopartikelfilter sollen im September mit Varianten der Sportwagen 911 und 718 auf den Markt kommen, wie der Autobauer mitteilte. Alle weiteren sollen schrittweise danach kommen. Das knappe Zeitfenster für die Umstellung und neue Typisierung ergebe sich aus den Vorgaben des Gesetzgebers, betonte Porsche. Hinzu komme, dass es durch die Umstellung zu erheblichen Engpässen bei Prüfstandkapazitäten komme.
Der VDA macht nun die Politik für diese Probleme verantwortlich: „Erst zum 27. Juli 2017 wurden die Ausführungsbestimmungen und, damit verbunden, die vorzeitige Einführung eines Partikelfilters bei direkteinspritzenden Benzinern von der EU beschlossen. Dieser Einbau benötigt normalerweise einen Entwicklungs- und Produktionsvorlauf von drei Jahren“, heißt es in der Mitteilung. „Wenn die EU den WLTP-Einführungszeitpunkt für alle Neuzulassungen auf den 1. September 2019 gelegt hätte, also ein Jahr später, würde sich die Lage wesentlich entspannter darstellen. Es wäre nicht zu diesen Engpässen gekommen. Produktionsausfälle kann niemand wollen, sie schaden besonders dem Automobilstandort Deutschland.“




