Autohändler „Die Leute kommen immer seltener“

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„Mit zunehmender Elektromobilität sinkt der Werkstattumsatz“

Wenn aber die Kunden sich bereits online über ihr neues Auto informieren und offenbar immer stärker dazu bereit sind, es auch noch im Internet zu kaufen – verlieren Sie nicht den Kontakt zum Konsumenten?
Natürlich ist das eine große Herausforderung für den Autohandel. Eine Antwort darauf besteht für uns darin, dass wir nicht einfach nur hoffen, dass die Kunden schon irgendwie den Weg zu uns finden. Stattdessen gehen wir immer öfter dorthin, wo sie ohnehin unterwegs sind.

Wie soll das funktionieren, für Autopaläste fehlt doch der Platz in den Innenstädten?
Der Trend geht ganz klar in Richtung kleinerer Flächen, City Rooms, praktisch Wohnzimmer, in denen zufälligerweise auch ein paar Autos stehen. Höchstens sechs bis acht Fahrzeuge, je nach Marke, das reicht, und alles andere wird visuell mit Hilfe von Bildschirmen dargestellt. Wir werden zwar keines unserer großen Häuser schließen, solange sie sich rechnen. Aber wenn wir neu bauen müssen, setzen wir auf kleinere Ladenformate. In Lüneburg beispielsweise planen wir gerade ein Innenstadt-Lokal für Mini. Und in wenigen Tagen eröffnen wir bei Hannover einen kleinen Laden für BMW.

Das meiste Geld verdienen Sie aber doch in der Werkstatt – rechnen Sie mit schrumpfenden Erlösen?
Das stimmt – im Autohandel wird mit Reparaturen, Gebrauchtwagen und Neuwagen Geld verdient, in dieser Reihenfolge. Die Rendite im Handwerk ist am besten, sie steht aber auch stark unter Druck. Wir wissen alle: Wenn wir mal mehr Elektro-Anteil haben – und das wird in acht bis zehn Jahren soweit sein – dann sinkt auch die Reparaturrate.

Das zahlen die Hersteller von Dieselautos
Daimler wird bis zu 5000 Euro für einen Neuwagen zahlen. Auf Nachrüstungsforderungen reagierte Daimler zurückhaltend. Dem Konzernen steht mit den ab 2021 geltenden strengeren Grenzwerten für den Ausstoß von Kohlendioxid eine große Herausforderung bevor. Daimler-Chef Dieter Zetsche zeigt sich zwar zuversichtlich, die Werte einhalten zu können. Es sei aber klar, dass das ohne nennenswerten Anteil von rein elektrischen oder Hybrid-Fahrzeugen nicht gelingen werde.Quelle: dpa Quelle: dpa
Volkswagen will Dieselbesitzern so schnell wie möglich Umtauschprämien anbieten. Die geplanten Prämien der Volumenmarken des Konzerns sollten im Schnitt bei etwa 4000 Euro für Diesel der Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4 liegen - und bei 5000 Euro für Euro-5-Diesel, teilte Volkswagen mit. Die Umtauschprämien seien abhängig vom Modell des Kunden. In den laut Bundesregierung 14 besonders betroffenen Städten mit hohen Grenzwertüberschreitungen bei der Luftbelastung will VW fast eine Million Autobesitzer erreichen. Der Volkswagen-Konzern sei weiter bereit, einen Beitrag zu leisten, um seinen Kunden uneingeschränkte Mobilität zu sichern und Fahrverbote in besonders belasteten Städten zu vermeiden, sagte Konzernchef Herbert Diess. Eine volle Kostenübernahme von Nachrüstungen lehnt der Autobauer jedoch ab.Quelle: dpa, Reuters Quelle: dpa
BMW-Fahrer in Regionen mit hoher Stickoxid-Belastung bekommen vom Konzern 6000 Euro Rabatt, wenn sie ihren Euro-4- oder Euro-5-Diesel durch ein Neufahrzeug ersetzen. Beim Kauf eines jungen Gebrauchten oder eines Vorführwagens zahlt der Konzern 4500 Euro Umtauschprämie. Das Angebot gilt rückwirkend ab dem 1.10. Der alte Diesel müsse mindestens ein Jahr auf den Halter zugelassen sein, der die Umtauschprämie bekommen will. „Wir konzentrieren uns auf die Flottenerneuerung, weil sie schnell Verbesserungen bringt“, sagte der ein Sprecher. Die von der Koalition in Berlin ebenfalls vorgeschlagene Nachrüstung alter Dieselautos mit weiteren Abgas-Filtern dauere dagegen zu lange. Sie könne Gewicht, Leistung, Verbrauch und CO2-Ausstoß des Autos verschlechtern. Dazu kämen noch Gewährleistungsfragen. Eine Umtauschprämie von 2000 Euro biete BMW weiterhin flächendeckend an - die höheren Prämien beschränkten sich auf die von der Koalition benannten 14 Regionen mit hohen Stickoxid-Werten. Zudem verringere BMW den Schadstoff-Ausstoß vieler Fahrzeuge durch freiwillige Software-Updates und habe im Mai 45 Millionen Euro in den vom Dieselgipfel geschaffenen Fonds eingezahlt, sagte der Sprecher.Quelle: dpa Quelle: AP
Der Autobauer Volvo bereitet Medienberichten zufolge für seine Kunden ein Angebot zur Nachrüstung von Dieselautos vor. Wie mehrere Medien berichteten, arbeitet Volvo dazu mit dem Bamberger Katalysatoren-Hersteller Dr. Pley zusammen. Die Kooperation konzentriere sich auf eine Version des Geländewagens XC60. Dieser sei bis zum Jahre 2017 mit der damals gültigen Schadstoffnorm Euro 5 verkauft worden. Volvo gab zunächst keine Stellungnahme ab. Volvo wurde in den Berichten mit den Worten zitiert, es handele sich um einen rein internen Vorgang. Quelle: Reuters Quelle: imago images
Renault kündigt nach der Einigung im Diesel-Streit eine Umtauschprämie an. Der französische Autobauer zahlt privaten Haltern alter Diesel-Pkw mit den Abgasnormen Euro 1 bis Euro 5 in Deutschland ab sofort beim Kauf eines Neuwagens gleich welcher Antriebsart bis zu 10.000 Euro Umtauschprämie, wie das Unternehmen am Dienstag bekanntgab. Die Prämien sind nach Modellen gestaffelt. Das Angebot gelte für Diesel-Fahrer aller Marken und sei bis zum 30. November befristet.Quelle: Reuters Quelle: REUTERS

Dazu kommen die autonom fahrenden Autos, die im besten Falle weniger Unfälle produzieren, und einen Ölwechsel brauchen die E-Autos auch nicht mehr – da drohen weitere Umsatzeinbußen.
Wir fangen das etwa dadurch auf, dass wir Reparaturen und Leistungen in die Werkstatt zurückholen, die der Autohandel eine Zeitlang weggegeben hat. Lange Zeit hat der Autohandel etwa keine Reifen mehr verkauft. Das machen wir mittlerweile wieder. Auch Windschutzscheiben reparieren wir wieder selbst. Oder wenn Ihr Wagen einen Kratzer hat, muss nicht mehr die ganze Tür neu lackiert werden, sondern das wird für 80 Euro über unser „smart repair“ weggemacht. Das sind alles Dinge die wir uns zurückholen. So halten wir die Werkstatt am Leben. Und das autonome Fahren, das kann ich gar nicht abwarten, denn es wird zusätzliche Mobilität bringe, gesundheitlich Angeschlagene, Sehbehinderte, Alte und Junge werden zusätzlich transportiert und das höchstwahrscheinlich individuell, also mit mehr Mobilität, nicht weniger.

Aber auf Dauer wird das nicht reichen, oder?
Wir machen uns nichts vor: mit zunehmender Elektromobilität sinkt der Werkstattumsatz. Deshalb werden unsere Werkstätten in Zukunft sicher schrumpfen. Das machen wir aber nicht von heute auf morgen. Das ist ein langwieriger Prozess, bei dem Mitarbeiter rauswachsen können, also in Rente gehen. Wir haben damit bereits Erfahrung: Früher bestand ein Drittel der Werkstattmannschaft aus Karosserieleuten. Heute ist der Anteil auf höchstens zehn Prozent geschrumpft. Durch die vielen Assistenzsysteme passieren einfach viel weniger Unfälle. Beim Einparken piept und fiept es ja mittlerweile in einer Tour.

Wie der Dieselskandal den Autohändlern schadet, lesen Sie in der großen WirtschaftsWoche-Geschichte.

„Der Diesel-Kompromiss kann für viele Händler existenzbedrohend werden“

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