




Motor, Lenkrad und fünf Sitzplätze haben beide – und doch liegen Welten dazwischen: Ein VW-Käfer Baujahr 1965 bestand aus knapp 5000 Teilen, bei einem aktuellen Passat-Modell sind es mehr als doppelt so viele. Und während die Autohersteller zu Käfer-Zeiten die meisten Teile noch in eigenen Werken produzierten, ist die Fertigungstiefe von VW, BMW oder Daimler heute auf durchschnittlich nur noch gut 20 Prozent gesunken. Rund 75 Prozent des Wertes eines Autos stammen im Schnitt von rund 3000 Zulieferern – ob komplizierte Einspritzsysteme für Turboladermotoren und Airbags oder simple Stoßstangen und Gummiteile.
Jetzt sind die Zulieferer ins Visier der Wettbewerbshüter in Brüssel geraten: Seit über drei Jahren schon ermittelt der für Wettbewerb zuständige Kommissar Joaquín Almunia gegen die Branche. Noch 2014 sollen gegen die Produzenten von Kugellagern und Sitzpolstern Geldstrafen verhängt werden. Untersuchungen gegen die Hersteller von Sicherheitsgurten, Airbags, Lenksystemen und Klimaanlagen laufen noch, auch die Lieferanten von Karosserieblechteilen sollen insgeheim Preise oder Konditionen abgestimmt haben.





Doch was ist dran an den Vorwürfen? „Einerseits ist der Kostendruck der Hersteller auf ihre Zulieferer so groß, dass deren Bereitschaft, sich abzusprechen, tendenziell hoch ist“, sagt Marcus Berret, Partner und Autoexperte der Strategieberatung Roland Berger. „Andererseits haben die Hersteller ihre Einkaufsprozesse aber sehr gut im Griff, was die Wahrscheinlichkeit für rechtswidrige Absprachen stark reduziert.“
Eine Anfrage der WirtschaftsWoche bei großen Zulieferern ergab ein unterschiedliches Bild. Der Reifen- und Elektronikhersteller Continental aus Hannover schließt Kartellverstöße ebenso aus wie der Friedrichshafener Getriebebauer ZF oder der Dämm- und Dichtungsspezialist Freudenberg aus Weinheim an der Bergstraße. „ZF ist mit keinen Vorwürfen konfrontiert worden, korrektes, rechtskonformes Verhalten ist selbstverständlicher Bestandteil unserer Geschäftsbeziehungen“, sagt etwa ZF-Compliance-Chef Bernhard Günther.
Ganz aus der Luft gegriffen sind Almunias Anschuldigungen aber nicht: „Auch Bosch ist mit Vorwürfen der EU-Wettbewerbskommission konfrontiert“, räumt ein Sprecher aus der Konzernzentrale in Stuttgart ein. Der Lippstädter Beleuchtungsspezialist Hella drückt sich um ein eindeutiges Statement: Man werde „nicht die Arbeit und interne Vorgänge der EU-Kommission kommentieren“. Die beiden französischen Mitbewerber Valeo und Faurecia haben dagegen bestätigt, dass kartellrechtliche Untersuchungen im Gange sind.