Autokonzerne kaufen Start-ups Warum die digitale Auto-Zukunft so teuer ist

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VW fasst neue Zielgruppe ins Auge


Während sich fast alle Autobauer lange auf das konzentriert haben, was sie gut können – Autos bauen und verkaufen – geben bei den innovativen Geschäftsmodellen andere das Tempo vor – und das um jeden Preis. Ein Beispiel: Apple hat sich den Einstieg beim chinesischen Uber-Konkurrenten Didi Chuxing eine Milliarde Dollar kosten lassen. Da sieht selbst Volkswagen mit einem 300-Millionen-Investment eher alt aus.

VW-Chef Matthias Müller sieht in dem Investment aber keine reine Finanzbeteiligung, sondern eine strategische Partnerschaft, wie er bei der Vorstellung der Kooperation am Mittwoch in Berlin sagt. „Unser Kernprodukt ist künftig zunehmend nicht mehr nur das Auto“, so Müller. „Unser Kernprodukt ist Mobilität.“

Damit zielt Volkswagen wie seine Wettbewerber weniger auf den bestehenden Kunden, sondern auf eine neue Zielgruppe. Wer kein eigenes Auto hat, muss dennoch irgendwie von A nach B kommen. Wer dabei nicht auf Bus und Bahn zurückgreifen kann oder will, ruft sich in der Vision der Autobauer per App einen Chauffeur.

Müller rechnet bereits 2025 allein in Europa mit einem Umsatz von zehn Milliarden Euro für den „Mobility on demand“-Markt. Der Markt wachse so exponentiell, „dass wir dabei sein wollen“. Um nicht zu sagen: Dabei sein müssen.

Während BMW und Daimler bereits Carsharing-Dienste oder Fahrvermittler in mehreren deutschen Städten anbieten, hat sich der Wolfsburger Konzern bislang in diesen Bereichen auf einzelne Pilotprojekte konzentriert.

Gett greift myTaxi an

Das soll jetzt anders werden. Mit Gett kann je nach Bedarf ein Fahrer gerufen werden, der Zahlungsverkehr läuft bargeldlos. Zu dem viel beachteten Marktführer Uber gibt es aber einen entscheidenden Unterschied: Alle Gett-Fahrer haben eine Lizenz. Damit greift Gett eigentlich eher den Daimler-Dienst myTaxi als Uber an.

Eine Zusammenarbeit mit Marktführer Uber wurde in Wolfsburg offenbar auch diskutiert, aber laut Digitalchef Johann Jungwirth schnell verworfen. Bei Gett habe man den gewünschten Einfluss – unter anderem einen Sitz im Verwaltungsrat – und vor allem eine exklusive Zusammenarbeit bekommen, was bei dem mit rund 60 Milliarden Dollar bewerteten Uber mit der Höhe des VW-Investments wohl kaum möglich gewesen wäre.

„Der Konzern erlangt Zugang zu 50.000 Taxicabs in über 60 Metropolen wie New York, London, Tel Aviv und Moskau“, kündigt Müller an. „Schon bald werden Gett-Taxen auch durch deutsche Großstädte wie Berlin fahren.“ Im ersten Schritt der Zusammenarbeit stünden Deutschland und weitere europäische Länder im Fokus.

Bereits 2025 sollen das neue Geschäftsfeld „Mobility on demand“, das Volkswagen als zweite Säule neben dem klassischen Auto-Geschäft aufbaut, einen „substanziellen Anteil“ zum Konzernumsatz beisteuern. Und das waren selbst im Krisenjahr 2015 stolze 200 Milliarden Euro.


Ganz nebenbei soll auch die erste Säule von der zweiten profitieren: VW will den lizensierten Gett-Fahrern Autos der Konzernmarken „zu besonderen Konditionen“ anbieten. Für Müller ist es sogar vorstellbar, dass einige Fahrer in einer Premium-Variante die zahlenden Gäste auch mit einem Porsche Panamera durch die Stadt chauffieren.

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