Automatisierte Golfs VW testet fünf Roboterwagen in Hamburg

Solche zum Roboterauto aufgerüsteten Elektro-Golf ziehen gerade in Wolfsburg ihre Bahnen. Quelle: Presse

Selbstfahrende Autos werden oft in den Wetterbedingungen der US-Westküste getestet. Volkswagen bringt jetzt fünf Roboterwagen nach Hamburg. Erstmals in Europa wird im Dreiländereck auch grenzübergreifend getestet.

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Volkswagen schickt für seine ersten Roboterwagen-Tests in einer deutschen Großstadt fünf Elektro-Golfs auf einige Hamburger Straßen. Die Autos fahren zunächst auf einem drei Kilometer langen Teilstück einer neun Kilometer langen Strecke, die Hamburg mit zusätzlicher Infrastruktur aufrüstet. Am Mittwoch starteten auch erste Tests selbstfahrender Autos über Ländergrenzen hinweg im Dreiländereck von Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Dabei geht es unter anderem darum, wie Fahrzeuge mit verschiedenen Verkehrsampeln, Schildern und Mobilfunksystemen zurechtkommen.

Die VW-Fahrzeuge in Hamburg sind bestückt mit 11 Laserscannern, 14 Kameras, Ultraschall- und Radarsensoren, wie Axel Heinrich, Leiter der VW-Konzernforschung, am Mittwoch sagte. Die Computertechnik nimmt den gesamten Kofferraum des Fahrzeugs ein. Sie verarbeitet bis zu fünf Gigabyte Daten pro Minute. Es wird immer ein Fahrer an Bord sein, um bei Bedarf eingreifen zu können.

Auf der Teststrecke können die Ampeln direkt mit den Autos kommunizieren und müssen nicht von Kameras ausgelesen werden. Die Ergebnisse der Fahrten sollen in die Forschungsprojekte des Konzerns zum autonomen Fahren und zur Optimierung des Individualverkehrs eingehen.

So sieht der erste autonome VW aus
Solche zum Roboterauto aufgerüsteten Elektro-Golf ziehen gerade in Wolfsburg ihre Bahnen. Quelle: Presse
VW gibt den autonomen Autos den letzten Schliff, bevor sie in Hamburg den Alltagstest bestehen müssen. Quelle: Martin Seiwert für WirtschaftsWoche
In der Hansestadt will die Konzernforschung erstmals automatisiertes Fahren bis Level 4 unter realen Bedingungen in einer deutschen Großstadt testen. Die e-Golf mit Laserscannern, Kameras, Ultraschallsensoren und Radaren fahren auf einer ausgewiesenen Teststrecke. Ein Fahrer, der im Notfall eingreifen kann, ist immer an Bord. Quelle: Martin Seiwert für WirtschaftsWoche
Audi hat im Konzern offiziell die Entwicklungshoheit beim autonomen Fahren. Der Audi A8 verfügt schon über umfangreiche Technik für das teilautonome Fahren. Quelle: Presse
Die Ingolstädter kämpfen aber mit zahlreichen Schwierigkeiten in der Entwicklung. Angeblich sollen sie sich künftig sich auf Fahrerassistenzsysteme beschränken. Die wirklich autonom fahrenden Autos soll die Marke VW in Wolfsburg entwickeln. Quelle: Presse
Roboterautos mit vier Ringen gibt es auf absehbare Zeit wohl nur im Format 1:8 – beim Studentenwettbewerb „Audi Autonomous Driving Cup“, bei dem Autos in Spielzeuggröße ihre künstliche Intelligenz unter Beweis stellen sollen. Quelle: Presse

Bislang habe VW autonomes Fahren auf dem Wolfsburger Werksgelände getestet, der Schritt in den realen Stadtverkehr bedeute eine neue Herausforderung. „Da gibt es viel mehr Situationen; mit Radfahrern, mit Fußgängern, Bürgersteigen, schnellen Spurwechseln, Ampeln, schmaleren Fahrspuren“, sagte Heinrich. Für Autobahnen, wo alle Fahrzeuge kreuzungsfrei in ähnlicher Geschwindigkeit in die gleiche Richtung fahren, seien autonom fahrende Fahrzeuge einfacher zu entwickeln.

In den USA gehören vor allem im Silicon Valley selbstfahrende Autos im Stadtverkehr zum Alltag. In Kalifornien haben 62 Unternehmen die Erlaubnis, Roboterwagen auf öffentlichen Straßen zu testen, dazu gehören aus Deutschland VW und Mercedes sowie die Zulieferer Bosch und Continental.

Als besonders weit gilt die Google-Schwesterfirma Waymo, die seit einigen Monaten einen ersten kostenpflichtigen Robotaxi-Service in einem Vorort der Stadt Phoenix im Bundesstaat Arizona betreibt. Er steht zunächst ausgewählten Anwohnern offen und soll mit der Zeit ausgeweitet werden. Waymo testet auch Fahrzeuge ohne Menschen am Steuer, in dem kommerziellen Dienst kommen die Wagen aber noch mit einem Sicherheitsfahrer. Vor der Gründung von Waymo schickte Google bereits vor zehn Jahren seine Roboterwagen auf Testfahrten in Kalifornien. „Waymo und Google haben mehr Testkilometer, aber auch noch einen weiten Weg vor sich“, sagte Heinrich.

In den USA bereiten die Autoriesen General Motors und Ford ebenfalls den Start ihrer Robotaxi-Angebote vor. GM schickt dafür seit Jahren mit dem zugekauften Start-up Cruise selbstfahrende Autos in San Francisco auf die Straße. Ford testet unter anderem in Miami.

Volkswagen kooperiert bei seinen Roboterwagen-Systemen unter anderem mit dem amerikanischen Start-up Aurora. Es wird vom ehemaligen Leiter von Googles Roboterwagen-Programm, Chris Urmson, geführt.

Die Hamburger Wetterbedingungen könnten die Fahrzeuge auf die Probe stellen: Regen, Schnee und Glatteis gelten nach wie vor als eine Herausforderung für die Systeme. „Am Ende sollen die Autos unter allen äußeren Bedingungen fahren, unter denen auch ein Mensch fahren könnte“, sagte Helge Neuner, bei der VW-Forschung verantwortlich für autonomes Fahren. „Aber deutlich sicherer.“ Zunächst werde es jedoch Einschränkungen und Begrenzungen geben.

Das Hamburger Projekt zum autonomen Fahren wird vom Bund mit mehr als zehn Millionen Euro gefördert; der Beitrag des VW-Konzerns ist mindestens ebenso hoch.

Das Testgebiet im Dreiländereck ist das erste grenzübergreifende in Europa. Es erstreckt sich über den Süden Luxemburgs, die Region Metz in Frankreich und Teile des Saarlandes. Erste Projekte laufen bereits auch zum Einsatz automatisierter Minibusse für Grenzgänger.

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