Die Unterstützung geht weit über klassische Subventionen wie Zuschüsse zum Kaufpreis und beschleunigte Zulassungsverfahren hinaus.
Ein Beispiel für das, was Heilmann als „ein ausgefeiltes System von Marktanreizen, technologischer Standardsetzung und verdecktem Protektionismus“ bezeichnet: China verfolgt einen eigenen Standard bei den Ladesäulen. Wer die Infrastruktur nutzen will, muss sich anpassen. Der heimische Hersteller entwickelt natürlich direkt für diesen Standard. Ein ausländischer Autobauer muss seine Elektroautos erst umrüsten, Teile neu entwickeln, die Software umprogrammieren.
Anderes Beispiel: Während in Europa noch gestritten wird, wem die im Auto erhobenen Daten gehören – dem Hersteller, Besitzer oder doch dem Fahrer? – schafft China Tatsachen. Die erhobenen Fahrprofile müssen zum einen in China gehostet werden und etwa nicht auf Servern in den USA. Zum anderen werden die Daten direkt an die Behörden übermittelt. Für die deutschen Hersteller, die ihre Kunden derzeit mit der Privatheit ihrer Daten umwerben und selbst kein Interesse haben, wertvolle technische Daten zu teilen, wäre diese Vorschrift eigentlich ein KO-Kriterium.
Nach Meinung vieler Experten werden sie sich aber anpassen müssen. „Die Größe des Marktes ist so einzigartig, dass es sich kein Autobauer erlauben kann, diesen Markt nicht zu bedienen“, sagt Unternehmensberater Schmidt. „Das gilt auch für einzelne Fahrzeugsegmente und -antriebe, denen sich ein Hersteller nicht entziehen kann.“
Quote könnte zum Problem werden
Wer in China mitspielen will, wird sich dem E-Trend bald wohl kaum noch verwehren können. Die Regierung plant ein Quotensystem, das alle Hersteller zu bestimmten Absatzquoten für Elektroautos zwingt. Ursprünglich sah der Plan drei Stufen vor: Ab Januar 2018 sollten batteriebetriebene Fahrzeuge und Hybridmodelle mindestens acht Prozent des Absatzes jedes Autobauers ausmachen - sonst drohten Strafen. Im Jahr darauf sollten es bereits zehn, ein Jahr später sogar zwölf Prozent sein.
Die Ziele hätten die deutschen Hersteller niemals so schnell erreichen können. Laut einem „Handelsblatt“-Bericht aus dem Februar will Peking nach politischen Gesprächen auf höchster Ebene Forderungen aus Deutschland entgegenkommen. Über eine Einigung auf neue Quoten ist noch nichts bekannt.
Welche Schadstoffe im Abgas stecken
Stickoxide (allgemein NOx) gelangen aus Verbrennungsprozessen zunächst meist in Form von Stickstoffmonoxid (NO) in die Atmosphäre. Dort reagieren sie mit dem Luftsauerstoff auch zum giftigeren Stickstoffdioxid (NO2). Die Verbindungen kommen in der Natur selbst nur in Kleinstmengen vor, sie stammen vor allem aus Autos und Kraftwerken. Die Stoffe können Schleimhäute angreifen, zu Atemproblemen oder Augenreizungen führen sowie Herz und Kreislauf beeinträchtigen. Pflanzen werden dreifach geschädigt: NOx sind giftig für Blätter und sie überdüngen und versauern die Böden. Außerdem tragen Stickoxide zur Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon bei.
Kohlendioxid (CO2) ist in nicht zu großen Mengen unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Klimagas und zu 76 Prozent für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Der Straßenverkehr verursacht laut Umweltbundesamt rund 17 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen in Deutschland – hier spielt CO2 die größte Rolle. Es gibt immer sparsamere Motoren, zugleich aber immer größere Autos und mehr Lkw-Transporte. Außerdem mehren sich Hinweise darauf, dass Autobauer nicht nur bei NOx-, sondern auch bei CO2-Angaben jahrelang getrickst haben könnten.
Bei der Treibstoff-Verbrennung in vielen Schiffsmotoren fällt auch giftiges Schwefeldioxid (SO2) an. In Autos und Lkws entsteht dieser Schadstoff aber nicht, was am Kraftstoff selbst liegt: Schiffsdiesel ist deutlich weniger raffiniert als etwa Pkw-Diesel oder Heizöl und enthält somit noch chemische Verbindungen, die bei der Verbrennung in Schadstoffe umgewandelt werden.
Winzige Feinstaub-Partikel entstehen entweder direkt in Automotoren, Kraftwerken und Industrieanlagen oder indirekt durch Stickoxide und andere Gase. Die Teilchen gelangen in die Lunge und dringen in den Blutkreislauf ein. Sie können Entzündungen der Atemwege hervorrufen, außerdem Thrombosen und Herzstörungen. Der Feinstaub-Ausstoß ist in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre deutlich gesunken. Städte haben Umweltzonen eingerichtet, um ihre Feinstaubwerte zu senken.
Feinstaub entsteht aber nicht nur in den Motoren. Auch der Abrieb von Reifen und Bremsen löst sich in feinsten Partikeln. Genauso entstehen im Schienenverkehr bei jedem Anfahren und Bremsen feiner Metallabrieb an den Schienen. All das landet ebenfalls als Feinstaub in der Luft.
Katalysatoren haben die Aufgabe, gefährliche Gase zu anderen Stoffen abzubauen. In Autos wandelt der Drei-Wege-Kat giftiges Kohlenmonoxid (CO) mit Hilfe von Sauerstoff zu CO2, längere Kohlenwasserstoffe zu CO2 und Wasser sowie NO und CO zu Stickstoff und CO2 um. Der sogenannte Oxidations-Kat bei Dieselwagen ermöglicht jedoch nur die ersten beiden Reaktionen, so dass Dieselabgase noch mehr Stickoxide enthalten als Benzinerabgase. Eingespritzter Harnstoff („AdBlue“) kann das Problem entschärfen: Im Abgasstrom bildet sich so zunächst Ammoniak, der anschließend in Stickstoff und Wasser überführt wird.
Ein solcher Zwang wird die Elektro-Bemühungen der Hersteller weiter antreiben. Dabei haben sich die bisherigen Maßnahmen bereits positiv ausgewirkt. „Drei Faktoren erklären die große Dynamik auf dem chinesischen Markt“, sagt McKinsey-Experte Müller. „Zum einen ist China mit 75 verfügbaren E-Modellen das Land mit der größten Modellvielfalt, zum anderen wirkt eine Kombination aus direkten finanziellen Anreizen und nicht-finanziellen Vorteilen als Beschleuniger.“ Drittens baue das Land die Ladeinfrastruktur massiv aus.
Für Unternehmensberater Schmidt ist hier das Tempo der Chinesen entscheidend. „Themen wie die ausreichende Lade-Infrastruktur, freie Parkplätze oder gesonderte Fahrspuren für Elektroautos sind in China derzeit noch genauso unterentwickelt wie in Frankfurt oder Stuttgart“, sagt er. „Aber es wird mit einer viel höheren Geschwindigkeit vorangetrieben.“