Automesse Peking Die Mär vom Elektroauto-Wunderland China

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Betrüger kassieren Fördergelder

Den weltweit größten Markt von 331.000 verkauften Elektroautos sowie Fahrzeugen Verbrennungs- und E-Motor zum Aufladen an der Steckdosen (Plug-in-Hybride) hat sich die chinesische Regierung mit vier Milliarden Euro Subventionen erkauft. Um die gewollten fünf Millionen E-Autos bis 2020 auf die Straße zu bringen, müsste Peking laut der Nichtregierungsorganisation ChinaEV100 weitere umgerechnet 53 Milliarden Euro in Förderprogramme investieren.

60.000 Renminbi (umgerechnet 8.200 Euro) gab es 2015 beim Kauf eines Elektro-Autos, 600.000 gar für einen stromgetriebenen Bus – wenn nicht sogar mehr. Manche Lokalregierung legt noch einen drauf. Bis zur Fördersumme von einer Million Renminibi.

Und hier beginnt das Märchen vom China-Elektro-Wunderland. Denn ein Großteil des Geldes, das die chinesische Zentralregierung in den Fördertopf für den Kauf von E-Autos gesteckt hat, floss nicht an den umweltbewusste Privatkunden, sondern an städtische Omnibus-Gesellschaften. 80 Prozent aller Fördergelder sackten die landesweit 25 Bus-Gesellschaften ein, erklärt Cui Dong Shu, Generalsekretär der National Passenger Car Association gegenüber Yancheng Evening News. Nur 20 Prozent floss in die Förderung privater Pkw, wie chinesische Medien berichteten. „Normale Pkw sind nur mit wenigen Millionen Renminibi gefördert worden, für Busse dürften es wohl 80 Milliarden gewesen sein.“

Das alleine wäre noch nicht schlimm. Schließlich sind Busse und dazu Strombetriebene doppelt umweltfreundlich. Die Krux: In rund der Hälfte der Fälle, in denen Bus-Betreiber Fördergelder kassiert haben, lag Betrug vor, wie chinesische Medien berichteten. Die Bus-Hersteller, Betreiber städtischer Nahverkehrsbetriebe und Lokalpolitiker in Personalunion, steckten die Subventionen ein, ohne E-Busse auf die Straße zu bringen. Das bot zwei Vorteile: Geld ohne Gegenleistung und Planerfüllung.

Diese Autos kaufen Chinesen am liebsten
Platz 10: VW PassatEin Passat „nur“ auf dem zehnten Platz in der Zulassungsstatistik – in Deutschland undenkbar. Dennoch kann sich der Erfolg der NMS-Version des Passats (New Midsize Sedan), die in den USA und China verkauft wird, sehen lassen: Im ersten Halbjahr kam der Passat in China auf  135.954 Neuzulassungen. Zum Vergleich: In Deutschland kam der Passat, trotz oder wegen des anstehenden Modellwechsels ,in der Statistik von Januar bis Juni hinter dem Golf auf den zweiten Platz – allerdings reichen dafür hierzulande gerade einmal 35.533 Neuzulassungen. Quelle: Presse
Platz 9: Great Wall Haval H6Great Wall Motors gehört zu den größten SUV-Herstellern Chinas. Sein Bestseller ist der Haval H6, teilweise auch Hover H6 genannt. Das Kompakt-SUV ist mit 4,64 Metern etwa so groß wie ein Audi Q5. Mit  143.119 Zulassungen ist der H6 das beliebteste SUV Chinas im ersten Halbjahr 2014. Quelle: Presse
Platz 8: Nissan SylphyAb jetzt folgen nur noch die in China gefragteste Karosserieform – viertürige Stufenheck-Limousinen in allen erdenklichen Größen. Den Anfang macht auf dem achten Rang der Nissan Sylphy, der als Kompakt-Limousine für chinesische Verhältnisse geradezu klein ist. Mit 4,61 Metern ist er in etwa so lang wie hierzulande ein Golf Kombi. Im ersten Halbjahr konnte Nissan 145.214 Sylphys verkaufen. Quelle: Presse
Platz 7: Buick Excelle XTIhnen kommt der Buick Excelle XT irgendwie bekannt vor? Kein Wunder, schließlich ist es ein Opel Astra. Lediglich die Logos außen und innen wurden getauscht, ebenso der verchromte Kühlergrill – Badge-Engineering vom Feinsten. Mit dieser wohl einfachsten Art der „Modellentwicklung“ bringt es die GM-Tochter immerhin auf 147.404 Neuzulassungen. Quelle: Presse
Platz 6: VW JettaJetzt wird es etwas kompliziert: 152.621 Neuzulassungen in China gab es für den VW Jetta. Unter diesem Namen wurde auch in Deutschland jahrelang die viertürige Limousine auf Basis des Golf verkauft. Auf den aktuellen Jetta trifft das nur noch in Teilen zu. Um den Ansprüchen der amerikanischen und chinesischen Kunden zu entsprechen, übernimmt der Jetta von der Plattform des Golf VI zwar zahlreiche Teile, ist aber deutlich länger. Der Jetta wird in China allerdings auch noch unter anderen Modellbezeichnungen verkauft. Quelle: Presse
Platz 5: VW SagitarEin Beispiel dafür ist der VW Sagitar. Er entspricht zwar technisch und weitestgehend auch optisch dem Schwestermodell Jetta, wird aber nicht von VW selbst, sondern von dem Joint Venture FAW-VW zusammen mit First Automotive Works - gebaut. Und dieses formell eigenständige Unternehmen nennt seinen Jetta eben anders. Am Verkaufserfolg ändert sich wenig, der Sagitar kam im ersten Halbjahr auf 155.393 Neuzulassungen. Quelle: Presse
Platz 4: VW SantanaDer seit 2013 gebaute Santana ist eine Eigenentwicklung von Shanghai Volkswagen, speziell für den chinesischen Markt. Damit ist der Santana eines der wenigen VW-Modelle in China, das nicht auf einem bestehenden Fahrzeug basiert. Mit einer Länge von 4,47 Metern gehört der Santana zu den kleineren Limousinen. Er brachte es im ersten Halbjahr auf 161.957 Neuzulassungen. Shanghai Volkswagen ist übrigens ein weiteres VW-Joint Venture aus der Shanghai Automotive Industry Corporation und eben Volkswagen. Quelle: Presse

Denn Peking hat seinen Regionen und Distrikten Verkaufsziele für E-Autos diktiert. Die Lokalpolitiker/Bushersteller glänzten mit erreichten Quoten und schoben nebenbei das Geld ein. Die Zentralregierung hat im Februar eine Untersuchungskommission ins Leben gerufen, um die Fälle aufzuklären. Im März erklärte der Minister für Industrie- und Informationstechnologie Miao Wei, es handle sich nur um eine kleine Zahl von Betrügern. Medienberichte, nach denen bis zu 90.000 Fahrzeuge nur auf dem Papier verkauft worden seien, dürfte man keinen Glauben schenken.

Wie es aber zur faktischen Differenz zwischen registrierten, aber nicht produzierten 70.000 E-Autos in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres kam, hat das Ministerium bisher nicht erklären können. Chinesische Zeitungen sprechen bereits von „Geisterautos“. Der Economic Observer, eines der angesehensten Wirtschafts-Magazin Chinas, berichtet von E-Auto-Herstellern, die Fahrzeuge gleich mehrfach verkauften. Nach Abschluss des Geschäfts wurden die Batterien ausgebaut und an die nächste Gesellschaft vertickt, die dafür Subventionen einstrich. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in den nächsten Tage erwartet.

Die Elektro-Busse machten 2015 fast ein Drittel aller vom Autohersteller-Verband gezählten elektrischen Fahrzeuge aus. Die Subventionen für E-Busse wurden als unmittelbare Folge kurzerhand halbiert. Damit dürfte auch die Zahl der Zulassungen schrumpfen.

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