Kolben, Kurbelwelle, Kühler, Auspuff und Katalysator. Dazu Getriebe, Nebenaggregate und jede Menge Kleinteile: Was beim Tritt aufs Gaspedal einen satten Sound und viele Pferdestärken erzeugt, ist ein technisches Wunderwerk. Rund 1400 Einzelteile greifen ineinander, viele davon produziert von hoch spezialisierten Zulieferern, wahren Weltstars ihres Fachs.
So war es bisher.
Ein magnetischer Rotor, drumherum elektrische Spulen, untergebracht im Gehäuse eines kleinen Getriebes und gesteuert von einem Kästchen, vollgestopft mit Elektronik. Ohne Pumpen für Kraftstoff, Kühlmittel oder Hydraulik, ohne Auspuff – alles in allem nur noch rund 210 Teile.
Größte Herausforderung für Zulieferer
So könnte es in Zukunft sein, wenn statt eines Verbrennungs- ein Elektromotor das Auto antreibt.
Die Einführung des E-Autos stellt Hersteller, vor allem aber Zulieferer, die inzwischen für 75 Prozent des Werts eines Autos stehen, vor die vielleicht größte Herausforderung seit Jahrzehnten. „Der Wandel vom Auto mit Verbrennungsmotor zum Elektromobil hat weiter gehende Auswirkungen, als die meisten Autohersteller heute wahrhaben wollen“, sagt Wolf Ritschel, Leiter des Instituts für Elektromobilität an der Hochschule Bochum. Es sei nicht damit getan, den Verbrennungsmotor durch einen Elektromotor und den Benzintank gegen einen Akku auszutauschen: „Die Architektur des Autos muss komplett neu entwickelt werden“, sagt Ritschel. „Betroffen davon ist die gesamte Zulieferindustrie, von der Karosserie bis zum Antrieb“, ergänzt Oliver Hazimeh, Automobilexperte bei der Managementberatung PRTM.
Genügend Zeit
Das ist die schlechte Nachricht für die rund 3000 Zulieferunternehmen weltweit. Aber es gibt auch positive Botschaften. Der Wandel passiert nicht über Nacht. „Der Elektroantrieb kommt, aber auf absehbare Zeit ganz überwiegend in einer Hybridvariante – die meisten Autos werden auch in Zukunft noch einen Verbrennungsmotor unter der Haube haben“, prognostiziert Martin Haubensak, Autoexperte der Unternehmensberatung A.T. Kearney. „Autohersteller und Zulieferer haben genügend Zeit, sich anzupassen.“
Und auch die Aussichten auf auskömmliche Geschäfte bleiben gut. „Die deutschen Zulieferer sind aufgrund ihres Technikvorsprungs, der Qualität ihrer Produkte und ihrer Kostenposition in diesem internationalen Wettlauf gut aufgestellt und werden auch bei den Zukunftstechnologien zu den Gewinnern gehören“, glaubt Haubensak. „Der anstehende Systemwechsel eröffnet völlig neue Märkte – wie etwa Batteriemanagement, Leistungselektronik oder Systemintegration – sowohl für bestehende Zulieferer als auch für Neueinsteiger“, sagt Gregor Matthies, Partner und Auto-Spezialist bei Bain & Company. PRTM-Berater Hazimeh schätzt das weltweite Marktvolumen der Wertschöpfungskette, die mit der Elektrifizierung des Straßenverkehrs entstehen wird, auf 250 bis 300 Milliarden US-Dollar bis 2020.