Automobilindustrie Deutsche Autobauer geraten unter Beschuss

Bei Europas Fahrzeugbauern verlaufen die Fronten wie beim Euro: Süd gegen Nord. Statt eigene Fehler zu korrigieren, lassen Fiat, Peugeot und Renault politisches Geschütz gegen VW, Daimler, BMW auffahren. Es droht ein Kampf, der nur Verlierer kennt.

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Französische und italienische Autobauer versuchen, die deutsche Konkurrenz abzudrängen. Quelle: Pressebild

Demondialisation, zu Deutsch: Entglobalisierung. Der eigenwillige Begriff ist das neue Lieblingswort des französischen Industrieministers Arnaud Montebourg. Frankreichs Wirtschaftsprobleme, so die Diagnose des Sozialisten, würden gelöst, sobald sich das Land von der Globalisierung verabschiede, die die Industrie zerstöre. Schließlich hätten all jene Nationen die zurückliegenden Krisen überstanden, „die keine Angst hatten, einzugreifen, zu reglementieren, zu dirigieren und zu sanktionieren“.

Starke Einbrüche bei den Franzosen

An welche Art von Eingriffen Montebourg dabei denkt, wird sich an diesem Mittwoch zeigen, wenn er in Paris seinen Plan zur Rettung der schwer angeschlagenen französischen Autoindustrie vorlegt. „Entglobalisierung“ dürfte in diesem Fall heißen: Abschottung von der teutonischen Konkurrenz. Mit Abgaben, die gezielt den Verkauf deutscher Premiummarken erschweren, wollen die französischen Sozialisten Peugeot, Citroën und Renault in der Euro-Krise den Rücken stärken.

Hilfe haben die gallischen Traditionsmarken dringend nötig. Denn ihre Verkaufszahlen sind im ersten Halbjahr zweistellig eingebrochen. Verschärft sich die Euro-Krise, geht es im kommenden Jahr weiter bergab. Peugeot will 8000 Stellen streichen und ein Werk bei Paris schließen.

Angriff mit der A-Klasse
Dr. Dieter Zetsche, Vorsitzender des Vorstands der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars (rechts), Dr. Wolfgang Bernhard, Vorstandsmitglied der Daimler AG, Quelle: Pressebild
Ein Werksmitarbeiter montiert am Montag (16.07.12) im Mercedes-Werk in Rastatt einen Mercedes-Stern an eine Mercedes-Benz A-Klasse. Quelle: dapd
Dieter Zetsche (l), Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, und Wolfgang Bernhard, Vorstandsmitglied der Daimler AG Quelle: dpa
Mitarbeiter bei der Fertigung der A-Klasse Quelle: Pressebild
a-klasse Quelle: Pressebild
Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, präsentiert am Montag im Werk Rastatt der Daimler AG die neue Mercedes-Benz A-Klasse Quelle: dpa

Das Kontrastprogramm läuft keine Flugstunde westlich. Vergangene Woche im badischen Rastatt: Die Mitarbeiter des örtlichen Daimler-Werks sind in Partylaune. Konzernchef Dieter Zetsche nimmt im Blitzlichtgewitter seinen Produktionsvorstand Wolfgang Bernhard in den Arm, beide strecken den erhobenen Daumen in die Kameras.

Grund für die gute Stimmung ist der Produktionsstart der neuen Mercedes A-Klasse. 500 neue Stellen entstehen, und 1,2 Milliarden Euro investiert Zetsche hier in den noblen Kompaktwagen. 2012 werde der Konzern trotz der heraufziehenden Wirtschaftskrise einen neuen Verkaufsrekord aufstellen, verkündet Zetsche stolz und verpasst seinen Branchenkollegen in Frankreich wie in Italien einen Seitenhieb: „Wir finden es gut, wenn Überkapazitäten abgebaut werden.“

Werksschließungen in Frankreich und auf der Apenninen-Halbinsel, dagegen Milliardeninvestitionen für den Ausbau von Daimler-, BMW- und Audi-Fabriken in Deutschland; Entlassungen bei französischen Autokonzernen, aber verkürzte Werksferien in deutschen Fahrzeugfabriken wegen der hohen Nachfrage; bestenfalls Mittelfeld in Innovationsrankings für Peugeot-Citroën, Renault und Fiat, jedoch Spitzenränge für BMW, VW und Daimler.

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