
Daimler macht den nächsten Schritt zum Ausbau seines Geschäfts mit stationären Batteriespeichern. Die Speicher sind sowohl für Häuslebauer, die sich autark mit Energie versorgen wollen sowie für die gewerbliche Anwendung konzipiert.
Erst vor wenigen Monaten hat Daimler erste industrielle Großprojekte gestartet: einen Batteriespeicher aus gebrauchten Batterien in Lünen und einen Speicher für die Stadtwerke Hannover, der zugleich als Ersatzteillager für den elektrischen Smart fungiert. Mit dem baden-württembergischen Energieversorger EnBW bietet Daimler Heimspeicherlösungen an. Die WirtschaftsWoche hat Harald Kröger, Leiter Entwicklung Elektrik/Elektronik und E-Drive bei Daimler, zum neuen Geschäftsfeld interviewt.
Künftig gilt zwischen der 100-prozentigen Tochter Accumotive und der Mercedes-Benz Energy eine klare Aufteilung. Die Accumotive übernimmt die Produktion sowohl der stationären als auch der automobilen Speichersysteme. Die Entwicklung, der Vertrieb und die Installation stationärer Anwendungen liegen in der Verantwortung der Mercedes-Benz Energy.
Nach der kürzlich angekündigten Verdoppelung der Produktionsfläche mit einer Investition von 500 Millionen Euro wird der Batteriestandort Kamenz damit weiter gestärkt. Denn auch die Mercedes-Benz Energy wird in Kamenz angesiedelt. Insgesamt 330 Mitarbeiter sind heute dort beschäftigt.
Die Mercedes-Benz Energy startet mit 50 Mitarbeitern und will diese Zahl bis Ende 2016 bereits auf 100 Personen erhöhen. Bis Ende 2017 ist eine weitere Verdoppelung der Belegschaft auf 200 Mitarbeiter geplant. Die Geschäftsführung soll zum 1. Juli 2016 Marcus Thomas übernehmen, der langjährige Erfahrung im Bereich konventioneller und alternativer Antriebe innerhalb der Daimler AG hat.
Daimler im Energiegeschäft
Die 100-prozentige Daimler-Tochter Accumotive entwickelt, produziert und vertreibt Antriebsbatterien für Hybrid- und Elektrofahrzeuge, sowie für stationäre Anwendungen die Mercedes-Benz Energiespeicher. Beides geschieht auf Basis der Lithium-Ionen-Technologie. Das Unternehmen beschäftigt rund 420 Mitarbeiter – 300 im sächsischen Kamenz , 120 in Nabern, Großraum Stuttgart. In Kamenz wird die Produktion derzeit ausgebaut. Die Daimler AG investiert in den nächsten Jahren rund 100 Millionen Euro. Seit Produktionsstart im Jahr 2011 hat sich die Produktionsfläche vervierfacht.
Die Daimler Tochter Accumotive und die Stadtwerke Hannover (enercity) bauen einen 15 Megawatt-Stunden starken Batteriespeicher auf. Ende des Jahres soll er ans Netz. Der Speicher dient dem Ausgleich von Spannungsschwankungen im Übertragungsnetz (Primärenergieregelmarkt). Für das zur Verfügungstellen erhalten die Partner vom Übertragungsnetzbetreiber (Tennet) ein Entgelt. Gleichzeitig aber nutzt Daimler den Speicher als Ersatzteillager. Sollte ein E-Smart-Fahrer z.B. in Folge eines Unfalls eine neue Batterie benötigen, stammt sie aus dem Speicher in Hannover. Da Batterien ständig genutzt werden müssen, um sich nicht zu entladen, sieht Daimler in der Kooperation mit den Stadtwerken Hannover eine Win-Win-Situation. Accumotive und enercity investieren je 6 Millionen Euro in den Aufbau des Speichers. Die Halle wird 2400 Quadratmeter groß sein und 480 Elektronikschränke mit je drei Batterieblöcken enthalten. Insgesamt befinden damit Lithium-Ionen-Akkus mit einem Gewicht von 150 Tonnen in der Halle.
In Lünen entsteht in Kooperation mit dem Recyclingunternehmen Remondis, dem Energiedienstleister Mobility House und Getec ein 13-MW-Speicher mit gebrauchten Batterien aus verschiedenen Mercedes-Modellen.
Gemeinsam mit dem baden-württembergischen Energieversorger EnBW vertreibt Daimler seit Herbst 2015 eine Speicherlösung inklusive eines von EnBW entwickelten Energiemanagement für Eigenheimbesitzer.
Daimler ist nicht der einzige deutsche Autohersteller, der ins Geschäft mit Batteriespeichern investiert. Auch Konkurrent BMW aus München baut den Zweig konsequent auf und hat im Januar ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Haustechnik-Spezialisten Vissmann gegründet. BMW bringt seine Erfahrungen als Vorreiter in der Elektromobilität mit ein. Speichertechnologie und die Verknüpfung von Solarzellen auf dem Carport mit einer Ladestation fürs Elektroauto sind für die Bayern nichts Neues. Auch wie sich Batterien aus Elektroautos als Speichermedium nutzen lassen, hat BMW in verschiedenen Pilotprojekten erforscht – zum Beispiel in der Hamburger Hafen-City.
Wie BMW hofft auch Daimler durch die stärkere Verbreitung von Speicherlösungen in Eigenheimen den Verkauf von voll- und teilelektrischen Fahrzeugen anzukurbeln. Großspeicherlösungen für Energieversorger, die die Speicher als Puffer für Strom aus Wind und Sonne nutzen, sollen zudem einen neue attraktive Einnahmequelle für gebrauchte Elektroautobatterien werden.