Autosalon Paris Warum der Erfolg der Elektroautos nicht ausgemacht ist

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Autobauer starten unsinniges Reichweiten-Rennen

Im Umkehrschluss heißt das: Wenn auch bis zu 4.000 Euro Förderung der Nachfrage nicht auf die Sprünge helfen, sind die Produkte derzeit einfach nicht attraktiv genug.

Einen Ausblick auf die kommenden Modelle gab es in den vergangenen Wochen auf dem Pariser Autosalon: Opel zeigte den Ampera-e, Mercedes mit dem „Generation EQ“ und VW mit dem „I.D.“ jeweils Studien ihrer Elektroautos, die 2018 auf den Markt kommen sollen. Die Reichweiten liegen jeweils bei mindestens 500 Kilometern, so zumindest die Ankündigungen. BMW, VW und Renault wollen zudem bei den bestehenden Elektroautos verbesserte Akkus verbauen, damit sie künftig 300 Kilometer (i3 und e-Golf) oder gar 400 Kilometer (Renault Zoë) weit kommen.

So will Tesla den Massenmarkt elektrisieren
Tesla-CEO Elon Musk stellt das Model 3 vor Quelle: AP
Das Model 3 feierte seine Premiere im Tesla Motors Design Studio im kalifornischen Hawthorne. Quelle: AP
Tesla Model 3 Quelle: PR
Tesla Model 3 Quelle: PR
Einige Kunden warteten schon einen Tag vor der Präsentation vor den firmeneigenen Shops: Quelle: dpa
Tesla Model 3 Quelle: PR
Elon Musk im Jahr 2010 anlässlich des Tesla-Börsengangs an die Nasdaq Quelle: AP

Mit dem Wettrennen um die größten Reichweiten wollen die Autobauer einem großen Hemmnis der Elektromobilität entgegentreten: der Angst der Kunden, mit einer leeren Batterie liegen zu bleiben. Experte Stürmer hält das für unnötig. „Das macht die Autos nur schwerer und teurer“, sagt der Auto-Analyst. „Eine reale Reichweite von 100 Kilometern unter allen klimatischen Bedingungen reicht aus. Niemand zahlt in der Golf-Klasse den Preis für eine 100-kWh-Batterie.“ 100 Kilowattstunden ist die derzeit größte verfügbare Option bei dem kalifornischen Elektroautobauer Tesla – allerdings kosten die Autos dann über 150.000 Euro.

Batterie-Kosten sind ein entscheidender Faktor

Auch BMW verbaut nicht die größtmögliche Batterie – aber nicht mangels Nachfrage. „Wer die CO2-Bilanz eines Elektroautos gegenüber einem Diesel verbessern möchte, darf nicht die größtmögliche Batterie in das Fahrzeug einbauen“, sagt Heinrich Schwackhöfer, zuständiger Produktmanager für die BMWi-Elektroautos. „BMW bringt auch nicht alles auf die Straße, was technologisch heute schon möglich ist, aber noch nicht nachhaltig ist.“

Nachhaltigkeit und Kosten sind in der energieintensiven Batterie-Herstellung wichtige Faktoren. Bei einem Verbrenner steigen die Produktionskosten kaum, wenn man anstelle eines 200-PS-Motors einen mit 300 PS einbaut – oder einen 90-Liter-Tank anstelle eines mit 60 Litern. Soll aber eine Batterie 50 Prozent größer werden, steigen auch die Kosten um 50 Prozent – mindestens. So musste Tesla-Gründer Elon Musk eingestehen, dass man den technologischen Aufwand unterschätzt hatte, um bei gleichbleibender Batteriegröße von 90 auf 100 Kilowattsunden bei der Kapazität zu kommen. Die im Vergleich zu dem 90-kWh-Modell 100 Kilometer zusätzliche Reichweite kosten über 32.000 Euro.

Nicht nur angesichts solcher Zahlen hält Stürmer an seinem Szenario fest: Die Nachfrage nach Elektroautos wird zunächst vor allem im urbanen Raum steigen, denn da sind nur geringe Reichweiten notwendig. „Im Stadt- und Pendelverkehr wird es mit potenziellen Einfahrverboten oder Vorteilen wie freiem Parken bald gute Gründe für Elektroautos geben“, so Stürmer. „Wegen der sinkenden Batteriekosten werden gerade in kleinen Fahrzeugen die Elektroantriebe auch günstiger als Verbrenner werden.“

Auch Opel bewirbt sein kommendes Elektroauto mit Eigenschaften, die in der Großstadt praktisch sind. „Da in einem Elektroauto wesentliche Teile wie die Abgasanlage oder der Tank fehlen, gewinnen wir Platz im Innenraum des Fahrzeuges“, sagt Ralf Hannappel, Leiter der europäischen Elektroautoentwicklung bei Opel. „Von den Außenmassen ist es ein Kleinwagen, aber von innen eher ein familientauglicher Kompaktwagen.“

Auch das Thema Reichweite sieht Hannapel gelöst: Zu dem Autosalon ist er in einem Vorserienmodell des Ampera-e von London nach Paris gefahren. Ohne Nachladen, versteht sich.

Mit solchen Demonstrationsfahrten versuchen die Autobauer regelmäßig, öffentlichkeitswirksam den Bedenken der Kunden entgegenzutreten – sei es nun ein autonomes Auto oder eines mit Elektro- oder Brennstoffzellenantrieb. Ein rein deutsches Problem, wie PwC-Experte Stürmer findet: „Das Mobilitätsverhalten in Deutschland ist von unserem Habitus als Autoland geprägt. Das kommt den Diesel- und Premiumfahrzeugen stark entgegen und widerspricht der Nutzung von Elektroautos, wie wir sie in anderen Ländern sehen.“

Für diese Autos gibt es die Elektro-Kaufprämie
Der kompakte Nissan Leaf profitiert nach der Ankündigung der staatlichen E-Auto-Prämie von einer Aktion Quelle: Presse
Der Kleinwagen Renault Zoe ist der aktuelle E-Auto-Bestseller in Europa.Hierzulande steht der Franzose für mindestens 21.500 Euro in der Preisliste, hinzu kommt eine monatliche Batteriemiete von mindestens 49 Euro. Renault hat angekündigt, zusätzlich zum Herstelleranteil weitere 1.000 Euro vom Preis nachzulassen, der Kunde zahlt also insgesamt 5.000 Euro weniger. Der Elektromotor leistet maximal 65 kW/88 PS. Damit kommt der Renault Zoe in 13,5 Sekunden bis auf Tempo 100, maximal bei 135 km/h. Als Reichweite gibt Renault 210 Kilometer an. Je nach Methode dauert das Aufladen der Akkus zwischen 30 Minuten und 9 Stunden. Quelle: Presse
Der kompakte Nissan Leaf profitiert nach der Ankündigung der staatlichen E-Auto-Prämie von einer Aktion:Der japanische Hersteller hat angekündigt, nicht nur den geforderten Industrieanteil von 50 Prozent zu zahlen, sondern mit dem Preis seiner E-Autos um weitere 1.000 Euro runterzugehen. Der regulär ab 23.365 Euro erhältliche Kompaktwagen wird somit 5.000 Euro günstiger. Hinzu kommt die Batteriemiete von 79 Euro pro Monat. Den 80 kW/109 PS starken Stromer gibt es in zwei Varianten: mit einer 24 kWh oder 30 kWh großen Batterie. Mit dem stärkeren Akku steigt die Reichweite des Kompakten auf 250 Kilometer. Quelle: Presse
Die baugleichen Elektro-Kleinstwagen Citroen C-Zero, Mitsubishi Electric Vehicle (Foto) und Peugeot Ion stellen eine Leistung von 49 kW/67 PS bereit Quelle: Presse
Peugeot IonDer Franzose ist Teil eines Trios, denn er ist baugleich mit den Elektro-Kleinstwagen Citroen C-Zero und Mitsubishi Electric Vehicle. Mit 49 kW bzw. 67 PS beschleunigen alle drei von 0 auf 100 km/h in 15,9 Sekunden und erreichen eine Maximalgeschwindigkeit von 130 km/h. Rund 150 Kilometer reicht der Akku, die Ladezeit liegt zwischen 30 Minuten (80 Prozent) und neun Stunden. Die Preise für den C-Zero und den Ion starten bei 19.390 Euro. Das dritte Modell im Trio, das Mitsubishi Electric Vehicle, kostet ab 23.790 Euro. Quelle: Presse
Die Elektro-Version des Kleinstwagens VW Up kommt inklusive Batterie und kostet 26.900 Euro Quelle: Presse
Smart for two electric drive (bis 2015)Der Smart Fortwo Electric Drive  befindet sich gerade im Wechsel der Modellgenerationen. Die alte mindestens 23.680 Euro (inkl. Akku) teure Generation mit 55 kW/75 PS starkem Elektromotor wird nicht mehr produziert, bei einigen Händler sind aber noch vorkonfigurierte Neufahrzeuge erhältlich. Das auf der aktuellen Generation Smart basierende neue E-Auto kommt Ende des Jahres auf den Markt. Neben dem zweisitzigen Smart Fortwo und seinem Cabrio-Ableger wird erstmals den viersitzige Smart Forfour mit E-Motor geben. Der 65 kW/88 PS starke Antrieb stammt vom Zoe des Kooperationspartners Renault. Quelle: Presse

Auf Langstrecken, bei denen der Deutsche noch in sein Auto steigt, nimmt ein Franzose fast selbstverständlich den TGV, um nur ein Beispiel zu nennen. Hierzulande wird noch auf Reichweiten und fehlender Schnelllade-Infrastruktur herumgeritten, wo sich in Kalifornien längst zeigt, dass die überwiegende Mehrheit ihren Tesla zu Hause über die Steckdose lädt – was zwar länger dauert, aber auch schonender für den Akku ist.

Stürmer schätzt, dass es bei dem Ladenetz bald einige neue Angebote geben wird, da das Thema bei vielen Energieversorgern und zunehmend auch Mineralölunternehmen ganz oben auf der Agenda stehe. Ob der Kunde die Elektroautos dann besser annimmt, bleibt offen. Für die Autobauer gilt laut Stürmer: „Je größer der Druck von Gesellschaft und Gesetzgeber auf konventionelle Antriebe wird, desto eher wird in neue Technologien investiert. Das Marktrisiko bleibt aber.“

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