Im Umkehrschluss heißt das: Wenn auch bis zu 4.000 Euro Förderung der Nachfrage nicht auf die Sprünge helfen, sind die Produkte derzeit einfach nicht attraktiv genug.
Einen Ausblick auf die kommenden Modelle gab es in den vergangenen Wochen auf dem Pariser Autosalon: Opel zeigte den Ampera-e, Mercedes mit dem „Generation EQ“ und VW mit dem „I.D.“ jeweils Studien ihrer Elektroautos, die 2018 auf den Markt kommen sollen. Die Reichweiten liegen jeweils bei mindestens 500 Kilometern, so zumindest die Ankündigungen. BMW, VW und Renault wollen zudem bei den bestehenden Elektroautos verbesserte Akkus verbauen, damit sie künftig 300 Kilometer (i3 und e-Golf) oder gar 400 Kilometer (Renault Zoë) weit kommen.
Mit dem Wettrennen um die größten Reichweiten wollen die Autobauer einem großen Hemmnis der Elektromobilität entgegentreten: der Angst der Kunden, mit einer leeren Batterie liegen zu bleiben. Experte Stürmer hält das für unnötig. „Das macht die Autos nur schwerer und teurer“, sagt der Auto-Analyst. „Eine reale Reichweite von 100 Kilometern unter allen klimatischen Bedingungen reicht aus. Niemand zahlt in der Golf-Klasse den Preis für eine 100-kWh-Batterie.“ 100 Kilowattstunden ist die derzeit größte verfügbare Option bei dem kalifornischen Elektroautobauer Tesla – allerdings kosten die Autos dann über 150.000 Euro.
Batterie-Kosten sind ein entscheidender Faktor
Auch BMW verbaut nicht die größtmögliche Batterie – aber nicht mangels Nachfrage. „Wer die CO2-Bilanz eines Elektroautos gegenüber einem Diesel verbessern möchte, darf nicht die größtmögliche Batterie in das Fahrzeug einbauen“, sagt Heinrich Schwackhöfer, zuständiger Produktmanager für die BMWi-Elektroautos. „BMW bringt auch nicht alles auf die Straße, was technologisch heute schon möglich ist, aber noch nicht nachhaltig ist.“
Nachhaltigkeit und Kosten sind in der energieintensiven Batterie-Herstellung wichtige Faktoren. Bei einem Verbrenner steigen die Produktionskosten kaum, wenn man anstelle eines 200-PS-Motors einen mit 300 PS einbaut – oder einen 90-Liter-Tank anstelle eines mit 60 Litern. Soll aber eine Batterie 50 Prozent größer werden, steigen auch die Kosten um 50 Prozent – mindestens. So musste Tesla-Gründer Elon Musk eingestehen, dass man den technologischen Aufwand unterschätzt hatte, um bei gleichbleibender Batteriegröße von 90 auf 100 Kilowattsunden bei der Kapazität zu kommen. Die im Vergleich zu dem 90-kWh-Modell 100 Kilometer zusätzliche Reichweite kosten über 32.000 Euro.
Nicht nur angesichts solcher Zahlen hält Stürmer an seinem Szenario fest: Die Nachfrage nach Elektroautos wird zunächst vor allem im urbanen Raum steigen, denn da sind nur geringe Reichweiten notwendig. „Im Stadt- und Pendelverkehr wird es mit potenziellen Einfahrverboten oder Vorteilen wie freiem Parken bald gute Gründe für Elektroautos geben“, so Stürmer. „Wegen der sinkenden Batteriekosten werden gerade in kleinen Fahrzeugen die Elektroantriebe auch günstiger als Verbrenner werden.“
Auch Opel bewirbt sein kommendes Elektroauto mit Eigenschaften, die in der Großstadt praktisch sind. „Da in einem Elektroauto wesentliche Teile wie die Abgasanlage oder der Tank fehlen, gewinnen wir Platz im Innenraum des Fahrzeuges“, sagt Ralf Hannappel, Leiter der europäischen Elektroautoentwicklung bei Opel. „Von den Außenmassen ist es ein Kleinwagen, aber von innen eher ein familientauglicher Kompaktwagen.“
Auch das Thema Reichweite sieht Hannapel gelöst: Zu dem Autosalon ist er in einem Vorserienmodell des Ampera-e von London nach Paris gefahren. Ohne Nachladen, versteht sich.
Mit solchen Demonstrationsfahrten versuchen die Autobauer regelmäßig, öffentlichkeitswirksam den Bedenken der Kunden entgegenzutreten – sei es nun ein autonomes Auto oder eines mit Elektro- oder Brennstoffzellenantrieb. Ein rein deutsches Problem, wie PwC-Experte Stürmer findet: „Das Mobilitätsverhalten in Deutschland ist von unserem Habitus als Autoland geprägt. Das kommt den Diesel- und Premiumfahrzeugen stark entgegen und widerspricht der Nutzung von Elektroautos, wie wir sie in anderen Ländern sehen.“
Auf Langstrecken, bei denen der Deutsche noch in sein Auto steigt, nimmt ein Franzose fast selbstverständlich den TGV, um nur ein Beispiel zu nennen. Hierzulande wird noch auf Reichweiten und fehlender Schnelllade-Infrastruktur herumgeritten, wo sich in Kalifornien längst zeigt, dass die überwiegende Mehrheit ihren Tesla zu Hause über die Steckdose lädt – was zwar länger dauert, aber auch schonender für den Akku ist.
Stürmer schätzt, dass es bei dem Ladenetz bald einige neue Angebote geben wird, da das Thema bei vielen Energieversorgern und zunehmend auch Mineralölunternehmen ganz oben auf der Agenda stehe. Ob der Kunde die Elektroautos dann besser annimmt, bleibt offen. Für die Autobauer gilt laut Stürmer: „Je größer der Druck von Gesellschaft und Gesetzgeber auf konventionelle Antriebe wird, desto eher wird in neue Technologien investiert. Das Marktrisiko bleibt aber.“