Autoteile So krank ist die Zuliefererbranche

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Hersteller zögern Bezahlung hinaus

Noch nicht eingerechnet sind die so genannten "Quicksavings". Diese Sonderzahlung verlangen die Hersteller schon vor der Auftragsvergabe. Manche sprechen auch von "pay to play"-Zahlungen. Mit anderen Worten: Die Autokonzeren kassieren bis zu zweistellige Millionenbeträge dafür, dass der Zulieferer überhaupt in die engere Auswahl für einen Auftrag oder Folgeauftrag kommt.

Diese Praxis ist gängig und legal. Für die vielen mittelständischen Hersteller ist das finanziell kaum zu stemmen. "Das Kartellamt setzt den Hebel an der falschen Stelle an", kritisiert Schatz, "die Hersteller nutzen ihre Marktmacht gegenüber mittelständischen Betrieben ganz klar aus."

Womit die Zulieferer zu kämpfen haben

27 Jahre war er bei Zulieferern als Führungskraft im Vertrieb tätig, "mehrfach habe ich Kunden mit Lieferstopp drohen müssen, um mein Geld zu bekommen." So hätten die Hersteller mit allen Mitteln versucht, Zahlungen für Spezialwerkzeuge hinauszuzögern - weil die Qualität angeblich nicht gepasst habe. Dabei seien die Teile zigtausendfach verbaut gewesen und es zu keinerlei Beanstandungen gekommen. Ebenfalls üblich sei es, die Einkäufer alle anderthalb bis zwei Jahre auszutauschen, damit erst gar keine persönliche Bindung zum Lieferanten zustande komme.

Ohne Innovation kein Premium

Die Beziehungen zwischen Hersteller und Zulieferer erinnern oft mehr an Landsherr und Knecht als an eine faire Vertragspartnerschaft. Dabei sind Autobauer in hohem Maß von den Zulieferern abhängig. Rund 80 Prozent eines Autos entstehen bei den Lieferanten. Die Wertschöpfungstiefe der Autokonzerne hat in den vergangenen Jahren immer weiter abgenommen.

Doch je angespannter die Beziehungen zwischen Hersteller und Zulieferer, desto höher die Gefahr, dass Innovationen auf der Strecke bleiben. Dabei sind diese gerade für die deutschen Premiumhersteller wichtig – nur für Hightech-Produkte lassen sich auch Premiumpreise verlangen.

Guido Hauptmann vom Beratungshaus Goetzpartners sieht bereits erste Konsequenzen: "Neuheiten kommen häufig nicht mehr in deutschen Premiumfahrzeugen zuerst vor, sondern bei der Konkurrenz."

Die Berater von Goetzpartners befragten Lieferanten zu ihrem Verhältnis zu ihren Auftraggebern. Dabei wollten sie wissen, wie die Zulieferer die Zusammenarbeit mit den Autokonzernen entlang des gesamten Wertschöpfungsprozesses bewerteten und wo sie Verbesserungspotenziale sahen; ob sie als Partner wahrgenommen wurden oder ob es den Herstellern nur darum ging, Leistungen aus finanziellen Gründen auszulagern und Zulieferer entsprechend im Preis zu drücken.

BMW und Mercedes erreichen bei den Zulieferern hohe Zufriedenheitswerte, Mazda, Renault-Nissan und Volvo schneiden deutlich schlechter ab. Quelle:

Das Ergebnis: Als besonders vorbildlich erlebten die Befragten die Zusammenarbeit mit Jaguar Land Rover, auch die deutschen Hersteller Audi, BMW, Mercedes-Benz, Porsche und VW schnitten insgesamt gut ab. Bei anderen europäischen Hersteller und den asiatischen Marken gestalte sich die Zusammenarbeit weniger partnerschaftlich. Hier stand vor allem der Preis im Vordergrund.

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