Autovermietung Mietwagen im Streik: Fast ausverkauft und trotzdem billiger

Die Autotarife sind trotz Bahn-Streik nicht höher. Quelle: dpa

Die aktuelle Streikwelle beschert den Autovermietern eine Rekordnachfrage. Doch anders als bei früheren Ausständen sind die Preise trotzdem teilweise deutlich günstiger. Das sind die Gründe.

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Gegen die aktuelle Streikwelle in Deutschland setzt der Münchner Autovermieter Sixt auf seinen gewohnten Humor. „Endlich wieder Lok Down“, kalauerte der größte heimische Mietwagenanbieter jüngst in einem Social-Media-Post in Anspielung auf die stillstehenden Lokomotiven der Deutschen Bahn. Wer derzeit an Bahnhöfen und Flughäfen strandet, so Sixt, könne sich freuen über die Tarifstreits. „Denn unsere Mietwagen-Tarife sind so gut, da muss keiner verhandeln“, so die Werbung. 

Hinter der Werbung steht offenbar nicht nur der Wunsch für die eigene Marke zu trommeln, sondern auch die Notwendigkeit, das Geschäft zu fördern. Denn der Mehrumsatz durch den Ausstand bleibt entgegen allen Erwartungen offenbar in Grenzen. „Wir bemerken eine erhöhte Nachfrage, vor allem an Innenstadt-Stationen“, so ein Sixt-Sprecher.

Doch die Autotarife sind trotzdem nicht höher. „Die Preise liegen aktuell etwas unter den Vorjahrespreisen“, sagt Frieder Bechtel, der beim Portal billiger-mietwagen.de aus Köln das Management der Vertriebspartner leitet. 

von Rüdiger Kiani-Kreß, Martin Seiwert

Das zeigt ein Blick auf die Sixt-Internetseite. Zwar hatten heute Mittag einige Niederlassungen für morgen keine Autos mehr, etwa München Hauptbahnhof, alle im Berliner Stadtgebiet, Köln Altstadt oder beide Stationen in Essen. Und Wettbewerber wie Avis haben dort nur noch Tesla-Modelle mit 250 Kilometer Reichweite. Doch an vielen Orten gibt es nicht nur reichlich Autos. Dort sind die Tarife mitunter sogar günstiger als an anderen Tagen. So kostet am Streikfreitag ein Auto bei Sixt für 24 Stunden im Vergleich zu Montag in Duisburg zehn Euro weniger und am Flughafen Köln mit 100 Euro sogar nur zwei Drittel. 

Das war bei den letzten Streiks im Nahverkehr Ende März noch anders, berichteten Vergleichsportale wie billiger-mietwagen.de und Check24. Damals lag das Nachfrageplus in den größten deutschen Städten um 120 Prozent über der Woche davor. In Berlin betrug das Plus sogar 220, in Frankfurt 180 und in München 164 Prozent. Teilweise waren dreimal mehr Autos vermietet. Das schlug auf die Preise. Darum kostete in Berlin ein Kompaktwagen kurzfristig im Schnitt mit 83 Euro rund 90 Prozent mehr und in Frankfurt waren Autos mit 92 Euro rund 73 Prozent teurer. 

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„Diesmal gehen wir davon aus, dass sich die Preis- und Verfügbarkeitseffekte in Grenzen halten werden“, sagt Bechtel. Das hat aus Sicht der Branche zwei Gründe. 

Zum einen ist die Nachfrage geringer. Freitags machen mehr Manager ohnehin statt Terminen eher Homeoffice oder arbeiten von unterwegs als im Rest der Woche. „Dazu ist der Streik mit ausreichend Zeit im Vorfeld kommuniziert worden, sodass die davon betroffenen Kundinnen und Kunden von Airline-Seite entsprechend informiert und umgebucht wurden“, sagt Thorsten Lehmann, geschäftsführender Gesellschafter beim Vermittler Sunny Cars. Und zu guter Letzt sind Viele angesichts der zahlreichen Verspätungen der Bahn bereits zuvor auf das Auto umgestiegen und haben sich Mietwagen bereits vor Wochen gesichert. 

Ebenso wichtig ist das höhere Angebot an Mietautos. Mit Blick auf die erste Hauptreisezeit zu Ostern haben alle Anbieter ihre Flotten ausgebaut. Und anders als im Vorjahr haben sie die Autos auch bekommen. Noch vor einem Jahr konnten die Hersteller wegen fehlender Bauteile weniger Autos als geplant herstellen und belieferten bevorzugt Endverbraucher, die höhere Preise zahlten.

Nun melden alle Hersteller wie VW eine „verbesserte Lieferfähigkeit“ und bei Sixt ist die Flotte um 13 Prozent größer als Anfang 2022. Also sinken die Preise – wenn auch noch lange nicht unter das Niveau vor der Pandemie, sagt Christoph Carnier, Präsident der Geschäftsreisevereinigung VDR und Mobilitätsmanager des Technologiekonzerns Merck. 

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Darum verordnen sich die Vermieter für die Zukunft auch grundlegende Umbauprogramme. Dazu gehören neue Geschäftsmodelle, Digitalisierung – und eine neue Art Manager: weniger Typ bulliger Rennfahrer wie Avis-Chef Ferraro, mehr kühler Rechner wie Hertz-CEO Scherr: „Ich sehe uns als Assetmanager, die das meiste aus Gütern rausholen“, sagt der frühere Finanzchef der Investmentbank Goldman Sachs.

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