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Audis Stromausfall

Jürgen Rees
Jürgen Rees Ehem. Redakteur Technik & Wissen

Die Ingolstädter zeigen Elektroautos, die nicht gebaut werden und wecken Zweifel an einer nachhaltigen Strategie zur Elektromobilität.

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Der Audi R8 e-tron
Der R8 e-tron auf Testfahrt: Der Flitzer von Audi geht leider nicht in Serie. Auf der Teststrecke fährt er bis zu 200 km/h Spitze. Quelle: Presse
Angedacht war eine Kleinserie von 100 Autos, die für 150.000 bis 200.000 Euro zu haben sein sollten. Daraus wird nun nichts. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen beendet Audi-Chef Rupert Stadler das Projekt. Quelle: Audi-Pressebild von Bernhard Huber
Am sportlichen Design gibt es nichts auszusetzen. Was den Serienstart verhinderte, waren in erster Linie die zu hohen Kosten für den Akkublock - weit über 20.000 Euro. Quelle: Audi-Pressebild von Bernhard Huber
Zwei Elektromotoren mit 280 kW (381 PS) hat der e-tron unter der Haube. Quelle: Audi-Pressebild von Bernhard Huber
Die Lithium-Ionen-Batterie hat eine Kapazität von 48,6 kWh. Eine Ladung soll für 215 Kilometer reichen - deutlich weniger als beim Tesla Model S. Hier verspricht der Hersteller 483 Kilometer. Quelle: Presse
Von null auf hundert km/h in 4,2 Sekunden. Der R 8 hat noch mehr Power als der Tesla Model S. Der Amerikaner braucht 4,6 Sekunden. Quelle: Audi-Pressebild von Bernhard Huber

Viel zu schnell fliegt der rote Audi R8 e-tron auf die scharfe Rechtskurve auf dem Gelände des ehemaligen Berliner Flughafens Tempelhof zu.  Im Fahrmodus dynamic reguliert der Schleuderverhinderer ESP nur sehr sanft den Fahrfehler durch Abbremsen, dafür treiben die beiden Elektromotoren an den Hinterrädern per Torque-vectoring-System den Elektrosportwagen sehr bestimmt und gezielt durch die Kurve. Keine Frage: Das 280 Kilowatt/381 PS starke Elektrowagen, das ist Spaß pur. Wer einmal drin saß, will nicht mehr aussteigen. Die Beschleunigung ist aus dem Stand heraus enorm, satte 820 Newtonmeter Drehmoment stecken dahinter.   

Technische Details R 8 e-tron

Der Wagen hat einen entscheidenden Haken: Er wird nicht gebaut. Genau zehn Fahrzeuge gibt es derzeit, dabei wird es jedoch bleiben. Genauso wie den A1 e-tron, auch den Elektro-Kleinwagen mit einem Reichweitenverlängerer baut Audi nicht. Er kurvt in Form von zwanzig Prototypen im Rahmen des Regierungsprogramms "Schaufenster Elektromobilität" herum. Es sind Autos, die von einem Elektromotor angetrieben werden und darüber hinaus einen Wankelmotor als Reichweitenverlängerer haben. Beschlossen hat das der Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer im Winter, weil er kein finanziell erfolgreiches Geschäftsmodell erkennen konnte.

Vor allem die hohen Batteriepreise sind dem von Porsche kommenden Audi-Manager ein Dorn im Auge. Trotzdem werden die Autos in Berlin gezeigt, was wie schon gesagt Lust auf mehr Elektro macht. Aber die können die Ingolstädter nicht wirklich befriedigen. Es fragt sich, welche Strategie Audi bei der Elektromobilität verfolgt.  

Stromausfall bei Audi?

Ja, denn im Moment hat Audi im Bereich Elektromobilität nur wenig zu bieten. Serienreife Elektroautos? Fehlanzeige. Zur Zeit haben die Ingolstädter zwar drei Fahrzeugtypen mit Hybridantrieb im Angebot, den Allradler Q5 sowie die beiden frontgetriebenen Limousinen A8 und A6. Doch bereits das billigste Modell des Trios, der A6 Hybrid, kostet stolze 53.300 Euro. Es sind alles Autos die mit ziemlicher Sicherheit Raritäten bleiben werden.

Während Toyota und Lexus mit einem eher pragmatischen Ansatz den Hybridvorsprung stetig ausbauen, suchen Audi wie auch die anderen deutschen Hersteller nach der aus Ingenieursperspektive vermeintlich perfekten Lösung – zum am Ende unbezahlbaren Preis.

Die Konkurrenz wird Marktreif

Supersportwagen mit grünem Anstrich
Es herrscht eine gespenstische Ruhe in der Boxengasse an der Nürburgring-Nordschleife. Eben noch hat der Zwölfzylinder eines Pagani Zonda alles niedergebrüllt, und schon läuft sich der nächste Supersportwagen warm. Doch dieser schießt nahezu geräuschlos auf die Strecke. Der Bolide ist ein früher Vertreter einer neuen Ära: ein Auto, das keine Abgase ausstößt und trotzdem in 4,6 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigt. Was da mit maximal 200 Sachen über den Eifel-Kurs huscht, ist der Audi R8 e-Tron. Gut betuchten Schnellfahrern verspricht er Rasen ohne Reue, statt Sprit benötigt er Strom. Wenn der 318 PS starke Wagen jemals in den Handel kommt. Quelle: PR
Im nächsten Jahr bringt Mercedes-Ableger AMG den SLS Electric Drive. Ihn treiben vier Elektromotoren an, die auf 751 PS und ein maximales Drehmoment von brachialen 1000 Newtonmetern kommen. Obwohl allein der Akku mehr als eine halbe Tonne wiegt, erreicht der SLS in 3,9 Sekunden Tempo 100. Das Spitzentempo ist auf 250 km/h begrenzt. Wer solchen Stromflitzern die möglichen Fahrleistungen abverlangt, saugt den Akku allerdings schnell leer. Quelle: PR
Nur bei moderater Fahrt kommt die maximale Reichweite, die Audi mit 215 und Mercedes mit 250 Kilometern angibt, in greifbare Nähe. Bei Vollgas werden die 21 Kilometer einer anspruchsvollen Runde auf der Nordschleife zur Herausforderung. Quelle: PR
Porsche geht dieses Problem beim 918 Spyder durch die Plug-in-Technik an. Noch läuft die Entwicklung des Hybridmodells mit Ladebuchse, doch in rund einem Jahr soll es im Handel sein. Zwar kommt der Porsche mit seinen beiden zusammen 245 PS starken E-Motoren nur 30 Kilometer weit und ist im E-Modus nicht schneller als 150 km/h. Quelle: PR
Doch er hat noch einen 4,6 Liter großen und 580 PS starken V8-Benzinmotor, mit dem 325 km/h möglich sind, berichtet Projektleiter Michael Hölscher. Der Normverbrauch liegt wegen der für Plug-in-Hybride günstigen Berechnungsformel auf dem Niveau eines Kleinwagens: Drei Liter (CO2-Ausstoß: 70 g/km) reichen dem Carbon-Rennwagen für die ersten 100 Kilometer. Quelle: PR
Ähnlich wie der Porsche ist der über 300 km/h schnelle Jaguar C-X75 konstruiert. Das Coupé fährt ebenfalls mit zwei Elektromotoren und einem Akku, der für 60 Kilometer im E-Betrieb reichen soll. Gibt der Fahrer Vollgas oder geht der Strom zur Neige, schaltet sich automatisch ein hoch aufgeladener Vierzylinderbenziner mit 1,6-Liter Hubraum zu. Er soll so viel Leistung haben wie ein V8-Motor. Konkrete Angaben macht Jaguar aber noch nicht - bis auf den CO2-Ausstoß: Er soll bei 99 g/km pro Kilometer liegen. Das entspräche einem Verbrauch von gut vier Litern. Quelle: PR
Plug-in ist auch die Formel, auf die BMW beim i8 setzt, der in gut einem Jahr in den Handel kommen soll. Ihm montierten die Ingenieure einen E-Motor an der Vorder- und einen Dreizylinderbenziner an der Hinterachse. Zusammen leisten sie 224 PS und beschleunigen den 2+2-Sitzer in weniger als fünf Sekunden auf 100 km/h, so BMW. Bei 35 Kilometern elektrischer Reichweite liege der Gesamtverbrauch für 100 Kilometer bei 2,7 Litern (CO2-Ausstoß: 64 g/km). Quelle: PR

Für Audi und den technischen Anspruch der Marke unangenehm: Im Vergleich zu Audi bringt die bayrische Konkurrenz BMW noch in diesem Jahr das mutige Elektroauto i3 und wenig später den Elektrosportler i8 auf den Markt. Und Mercedes hat den SLS AMG electric drive zur Marktreife entwickelt: Der SLS hat 751 PS, und irrwitzige 1000 Newtonmeter Drehmoment. Ob es einen Markt gibt für einen E-Sportwagen, der 416.000 Euro kostet und wie sinnvoll solche Autos sind sei dahin gestellt. Immerhin sind es Beweise, dass die Unternehmen die Technik beherrschen und dass die jede Menge Spaß machen kann.

Lösung Plug-In-Hybrid

Der "Vorsprung durch Technik", den Audi in der Vergangenheit so gerne beschworen hat, ist jedenfalls nicht zu sehen. Selbstverständlich sollen die Erfahrungen, die die Entwickler des R1 e-tron und des A1 e-tron gesammelt haben, jetzt in die Serienentwicklung einfließen, sagen die Audi-Leute. Was das letztlich heißt, bleibt jedoch im Unklaren. Aber was sollen die Verantwortlichen auch sagen – angesichts vollmundiger Ankündigungen in der Vergangenheit und Millionen Euro Entwicklungskosten für den R8 e-tron?

Jetzt setzt Audi, nicht zuletzt auf dringlichen Wunsch der Mutter VW, auf die Lösung Plug-in-Hybrid. Da können die Batterien kleiner und billiger ausfallen. Und da verweisen die Audi-Verantwortlichen auf den Audi A3 e-tron, der Anfang 2014 auf den Markt kommen soll – mit der gleichen Technik wie der kommende Elektro-Golf. Der Audi kombiniert einen 1,4 Liter Benzinmotor und einen Elektroantrieb. Beide zusammen leisten 204 PS. Die vor der Hinterachse platzierte Lithium-Ionen-Batterie speichert so viel Energie, dass der Wagen rund 50 Kilometer rein elektrisch fahren kann. Noch steht der Preis nicht fest, aber rund 38.000 Euro soll der Kompaktwagen kosten.  

Vorsprung durch Technik? Kaum. Die Konkurrenz ist damit auf dem Markt, beispielsweise der Toyota Prius Plug-in-Hybrid oder der Opel Ampera.

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