
Die Karosserie eines Autos macht gut ein Fünftel bis ein Viertel des Gesamtgewichts aus. Da ist es nur logisch, dass die Autoindustrie ihr Augenmerk neben der Optimierung des Antriebsstrangs auf den Leichtbau richten, um ihre CO2-Ziele zu erreichen. Bis 2020 - so der Wunsch der EU - sollen die Flotten im Durchschnitt nicht mehr als 95 g CO2 pro Kilometer in die Luft blasen. In der Vergangenheit legten die Autos aber an Gewicht zu, statt zu verlieren. Die Karosserien - Stichwort SUV - wuchsen statt zu schrumpfen, außerdem musste immer mehr Elektronik, die mehr Sicherheit und Komfort, aber eben auch Kilos mit sich brachte, an Bord.
Jetzt verschaffen zwei Entwicklungen dem Leichtbau immer mehr Auftrieb: Die strengen Abgasrichtwerte und die zunehmende Elektrifizierung der Fahrzeuge. Denn die Batterien der Elektroflitzers wiegen schwer. Das Mehr an Kilos im Antriebsstrang muss ein Weniger an der Karosserie wettmachen. Und je größer die Batterie, desto höher die Reichweite - sprich: je leichter die Karosserie wird, desto schwerer und leistungsstärker dürfen die Akkus sein. Damit hängt der Erfolg der Elektromobilität zu einem großen Teil vom Fortschritt im Leichtbau ab.
Leichtbau ist wird auch im Volumensegment zunehmen
Dieser wird, so eine Studie der auf die Automobilindustrie spezialisierten Managementberatung Berylls Strategy Advisors, dabei nicht auf das Premiumsegment beschränkt bleiben, ganz im Gegenteil. "Moderne Leichtbaulösungen finden sich zukünftig auch breit im Volumensegment; insbesondere der Material- und Konzeptwettbewerb nimmt hier rasant zu, um „bezahlbaren“ Leichtbau bei hohen Stückzahlen zu realisieren", heißt es dort. Leichtbaumaterialien böten darüberhinaus auch neue Freiheitsgrade für Design, Fahrzeugkonzept und -architektur, wie der BMW i3 aktuell zeigt.





Leichtbaumaterialien wie hochfester Stahl, Aluminium, Magnesium, Kunststoff bis hin zu CFK (Carbonfaser-verstärkter Kunststoff) spielen heute mit einem Anteil von zusammen 10 Prozent am weltweiten Karosseriemarkt eine untergeordnete Rolle. Je nach Region oder Fahrzeugsegment liegen die Marktanteile allerdings höher, im Premiumsegment liegt der Anteil durchschnittlich schon bei 51 Prozent. Bis 2025, davon geht Berylls aus, wird sich der Markt für Karosserieleichtbau auf fast 99 Milliarden Euro verfünffachen.
Hochfester Stahl wird bis dahin konventionellen weitestgehend verdrängen, Aluminium wird kein Nischenprodukt mehr sein, sondern bei mittleren bis großen Fahrzeugen einen Marktanteil von 20 bis 50 Prozent erreichen, so die Prognose der Berater. "In Summe wächst der Aluminiummarkt in der Karosserie von heute rund 1,2 Milliarden Euro (2012) auf 16,8 Milliarden Euro (2025) – das entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate von knapp 23 Prozent pro Jahr." Auch CFK wird den Durchbruch im Premiumsegment erleben. Für 2025 wird allein für Carbonfaser-verstärkten Kunststoff ein weltweiter Markt an Karosserielösungen in der Größe von fast zwei Milliarden Euro erwartet.
Was heißt das für die Hersteller und Zulieferer? Sie müssen nicht nur strategisch die Weichenstellungen in Richtung Leichtbaumarkt stellen, sondern sich auch um Wachstumsfinanzierung kümmern. Christian Kleinhans, Geschäftsführender Partner der Berylls Strategy Advisors und Autor der Studie: „Das Management bei OEMs und Karosseriezulieferern steht vor der Aufgabe, Wertschöpfungsstrukturen in Entwicklung und Fertigung konsequent auf Leichtbau auszurichten.“ Nur wer jetzt die notwendigen Veränderungen einleite, werde mittel- und langfristig überleben. Die Weiterentwicklung bestehender Geschäftsmodelle ist demnach Pflichtaufgabe für das Management. Als eine der zukünftigen Kerndisziplinen im Automobilbau biete aber gerade Leichtbau enormes Potenzial für „Ingenieurskunst Made in Germany“.