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Autozoom

Die Zukunft gehört dem Leichtbau

Rebecca Eisert
Rebecca Eisert Ehem. Redakteurin Unternehmen & Märkte

Wollen die Autohersteller die Abgasvorgaben der EU erfüllen, müssen die Antriebe noch effizienter werden und die Karosserien abspecken. Im Leichtbau entsteht deshalb in den nächsten Jahren ein 100-Milliarden-Euro-Markt.

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BMW setzt bei seinem Elektroauto i3 auf eine leichte Carbon-Karosserie. Nicht nur für die Premiumautobauer wird das Thema Leichtbau in Zukunft eine entscheidende Auto Rolle spielen. Quelle: AP

Die Karosserie eines Autos macht gut ein Fünftel bis ein Viertel des Gesamtgewichts aus. Da ist es nur logisch, dass die Autoindustrie ihr Augenmerk neben der Optimierung des Antriebsstrangs auf den Leichtbau richten, um ihre CO2-Ziele zu erreichen. Bis 2020 - so der Wunsch der EU - sollen die Flotten im Durchschnitt nicht mehr als 95 g CO2 pro Kilometer in die Luft blasen. In der Vergangenheit legten die Autos aber an Gewicht zu, statt zu verlieren. Die Karosserien - Stichwort SUV - wuchsen statt zu schrumpfen, außerdem musste immer mehr Elektronik, die mehr Sicherheit und Komfort, aber eben auch Kilos mit sich brachte, an Bord.

Jetzt verschaffen zwei Entwicklungen dem Leichtbau immer mehr Auftrieb: Die strengen Abgasrichtwerte und die zunehmende Elektrifizierung der Fahrzeuge. Denn die Batterien der Elektroflitzers wiegen schwer. Das Mehr an Kilos im Antriebsstrang muss ein Weniger an der Karosserie wettmachen. Und je größer die Batterie, desto höher die Reichweite - sprich: je leichter die Karosserie wird, desto schwerer und leistungsstärker dürfen die Akkus sein. Damit hängt der Erfolg der Elektromobilität zu einem großen Teil vom Fortschritt im Leichtbau ab.

Leichtbau ist wird auch im Volumensegment zunehmen

Dieser wird, so eine Studie der auf die Automobilindustrie spezialisierten Managementberatung Berylls Strategy Advisors, dabei nicht auf das Premiumsegment beschränkt bleiben, ganz im Gegenteil. "Moderne Leichtbaulösungen finden sich zukünftig auch breit im Volumensegment; insbesondere der Material- und Konzeptwettbewerb nimmt hier rasant zu, um „bezahlbaren“ Leichtbau bei hohen Stückzahlen zu realisieren", heißt es dort. Leichtbaumaterialien böten darüberhinaus auch neue Freiheitsgrade für Design, Fahrzeugkonzept und -architektur, wie der BMW i3 aktuell zeigt.

So wird der BMW i3 produziert
BMW i3 startet in die Serienproduktion: Ab heute rollen am Standort Leipzig die Produktionsbänder für den Elektro-Kleinwagen i3 an. Das Produktionsnetz für BMWs i-Modelle umfasst außerdem Standorte in Moses Lake (Washington, USA), Wackersdorf, Landshut und Dingolfing, an denen die wesentlichen Komponenten für den BMW i3 hergestellt werden. Für die i3-Fertigung wurde allein das Leipziger Werk für rund 400 Millionen Euro erweitert und 800 neue Arbeitsplätze geschaffen. Quelle: Presse
Erfolgsrezept des i3 soll ein "ganzheitlicher" Entwicklungsansatz, etwa zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs sein. So besteht beispielsweise die gesamte Außenhaut des i3 aus einem carbonfaserverstärkten Kunststoff (CFK), der erstmalig in der Automobilindustrie in Großserie verwendet wird und den Elektroflitzer zum absoluten Leichtgewicht macht. Durch Verwendung der ultraleichten Kohlefaser kann das Mehrgewicht der Batterie für den elektrischen Antrieb kompensiert werden. Quelle: Presse
Der Elektroantrieb und der Energiespeicher des i3 werden ebenfalls im Produktionsnetzwerk der BMW Group entwickelt und im Werk Landshut bzw. Dingolfing produziert. Quelle: Presse
Der Motor des BMW i3 verfügt über eine Leistung von 125 kW/170 PS, der Lithium-Ionen-Hochvoltspeicher über eine Reichweite von 130 bis 160 Kilometern. Maximal rennt der i3 elektronisch begrenzte 150 km/h - in erster Linie aus Stromspargründen. Gegen Aufpreis übernimmt ein kleiner Verbrennungsmotor die Funktion eines Range Extenders. Mit dem Benziner kann die Reichweite auf bis zu 300 Kilometer ausgedehnt werden. Quelle: Presse
Die "Hochzeit": In der Montagehalle erhält der i3 alle kundenspezifischen Ausstattungswünsche, bevor die ultraleichte CFK-Fahrgastzelle mit dem Elektromotor des i3 eine Verbindung fürs Leben eingehen. Die Außenhülle aus Kohlefaser wird dazu mit der Aluminium-Chassis des Motors verklebt und verschraubt statt verschweißt. Quelle: Presse
Bislang galt Karbon eher als ungeeignet für Großserien, da es teuer und schwer zu verarbeiten ist. BMW wagt nun erstmals die Serienproduktion mit dem Wunderstoff. Nach ersten Erfahrungen liegt die Produktionszeit des i3 deutlich unter der bisheriger Serienmodelle, da sich Karbon deutlich leichter lackieren lässt und nur geklebt statt geschweißt werden muss. Diese Zeitersparnis im Fertigungsprozess macht den Einsatz von Karbon im Automobilbau letztlich wirtschaftlich. Quelle: Presse
Das Finish: Neben der Fertigung des Elektrofahrzeuges laufen in Leipzig auch Modelle mit Verbrennungsmotor vom Band. Quelle: Presse

Leichtbaumaterialien wie hochfester Stahl, Aluminium, Magnesium, Kunststoff bis hin zu CFK (Carbonfaser-verstärkter Kunststoff) spielen heute mit einem Anteil von zusammen 10 Prozent am weltweiten Karosseriemarkt eine untergeordnete Rolle. Je nach Region oder Fahrzeugsegment liegen die Marktanteile allerdings höher, im Premiumsegment liegt der Anteil durchschnittlich schon bei 51 Prozent. Bis 2025, davon geht Berylls aus, wird sich der Markt für Karosserieleichtbau auf fast 99 Milliarden Euro verfünffachen.

Hochfester Stahl wird bis dahin konventionellen weitestgehend verdrängen, Aluminium wird kein Nischenprodukt mehr sein, sondern bei mittleren bis großen Fahrzeugen einen Marktanteil von 20 bis 50 Prozent erreichen, so die Prognose der Berater. "In Summe wächst der Aluminiummarkt in der Karosserie von heute rund 1,2 Milliarden Euro (2012) auf 16,8 Milliarden Euro (2025) – das entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate von knapp 23 Prozent pro Jahr." Auch CFK wird den Durchbruch im Premiumsegment erleben. Für 2025 wird allein für Carbonfaser-verstärkten Kunststoff ein weltweiter Markt an Karosserielösungen in der Größe von fast zwei Milliarden Euro erwartet.

Was heißt das für die Hersteller und Zulieferer? Sie müssen nicht nur strategisch die Weichenstellungen in Richtung Leichtbaumarkt stellen, sondern sich auch um Wachstumsfinanzierung kümmern. Christian Kleinhans, Geschäftsführender Partner der Berylls Strategy Advisors und Autor der Studie: „Das Management bei OEMs und Karosseriezulieferern steht vor der Aufgabe, Wertschöpfungsstrukturen in Entwicklung und Fertigung konsequent auf Leichtbau auszurichten.“ Nur wer jetzt die notwendigen Veränderungen einleite, werde mittel- und langfristig überleben. Die Weiterentwicklung bestehender Geschäftsmodelle ist demnach Pflichtaufgabe für das Management. Als eine der zukünftigen Kerndisziplinen im Automobilbau biete aber gerade Leichtbau enormes Potenzial für „Ingenieurskunst Made in Germany“.

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