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Prioritäten der deutschen Autoindustrie

Die prominentesten "Dinosaurier des Jahres"
2012: Ilse AignerDie äußerst zweifelshafte Ehre, zum "Dinosaurier des Jahres 2012" ernannt zu werden, wurde Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zuteil. Die Ministerin widerspreche mit ihrer rückwärtsgewandten Klientelpolitik einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Politikgestaltung. "Dies betrifft insbesondere ihr Festhalten an einer umweltschädlichen Agrarpolitik und ihr enttäuschendes Engagement für ein besseres Tierschutzgesetz", sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Auch in puncto Jagdrecht und Fischerei habe Aigner versagt. Tschimpke kritisierte, dass jedes Jahr rund 57 Milliarden Euro gießkannenartig in die europäische Landwirtschaft fließen und damit immer noch Betriebe gefördert werden, die durch großflächigen Maisanbau, Pestizideinsatz und Massentierhaltung der Umwelt schaden. "Frau Aigner muss sich endlich für einen Kurswechsel in der Agrarpolitik einsetzen. Es reicht nicht aus, dass die Landwirte nur Nahrungsmittel erzeugen, sie müssen dabei auf die Wasserqualität und den Klimaschutz achten und die Artenvielfalt erhalten. Steuergelder müssen an konkrete Leistungen im Natur- und Umweltschutz geknüpft werden", so der NABU-Präsident. Quelle: Presse
NABU-Präsident Olaf Tschimpke vergibt den Dinosaurier des Jahre 2011 an AIDA und TUI Quelle: dapd
RWE-Chef Jürgen Großmann Quelle: dpa
Ifo-Chef Prof. Hans-Werner Sinn Quelle: AP
Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Michael Glos Quelle: dpa
Der ehemaliger Air Berlin-Chef Joachim Hunold Quelle: dpa
Harry Roels Quelle: AP

Ihr Argument Nummer 2:

Die Autohersteller bauen zu schwere Kisten. Ein Auto wiegt heute anderthalb Tonnen. Da ist es egal, ob er mit Elektro- oder Benzinmotor angetrieben wird.

Die Autohersteller haben das Thema Spritverbrauch sträflich vernachlässigt. Sie haben jahrelang immer mehr Technik in die Autos gestopft, um sie leistungsstärker, sicherer und komfortabler zu machen. Das war der Trend, und die Kunden haben fröhlich mitgemacht.

Neuerdings ist Spritsparen aber das Top-Thema der Branche, da rennen Sie also offene Türen ein. Allein VW investiert bis 2018 rund 40 Milliarden (!) Euro in effiziente, umweltverträglichere Antriebe. Dabei ist die Priorität in der deutschen Autoindustrie übrigens die ihrige: Erst wird der Benzin- und Dieselantrieb flächendeckend sparsamer gemacht, das Elektroauto soll dann peu à peu in den Markt sickern. Für diese Dramaturgie gibt es einen einfachen Grund: Die Hersteller wollen die mit den herkömmlichen Antrieben verbundenen Sachwerte – Produktionsanlagen etwa oder Patente – noch so lange nutzen, wie es geht. Von einem schnellen Wechsel zum E-Auto würden Umwelt und Gesellschaft profitieren, nicht aber die Autobauer und ihre Aktionäre.

Und wie ist die Position von Greenpeace? Der "Verbrennungsmotor wird in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Nase eindeutig vorn" haben, sagen Sie. Es gehe darum, noch erheblich sparsamere Benzinmotoren zu bauen. „Die Zukunft besteht im Downsizing und Supercharging. Das hat sich als Königsweg herausgestellt. Der Weg zu weniger Ölverbrauch führt zu allererst über den sparsameren Benzinmotor.“

Man hat das Gefühlt, man hörte einen Manager von einem jener Autobauer sprechen, die bei den Hybrid- und Elektroantrieben den Anschluss verpasst haben. Dass Greenpeace Seit an Seit mit den Autokonzernen marschiert, erst mal sparsamere Benziner fordert und beim E-Auto auf die Bremse tritt, mag manchen Autohersteller freuen. Aber merkwürdig ist es schon. Denkt Greenpeace vielleicht darüber nach, künftig – wie etwa der WWF – auch Großspenden von Unternehmen anzunehmen? Oder wie darf man sich das erklären?

Ich komme vom Thema ab. Wir waren beim Gewicht. Was treibt die Autohersteller vor allem an, in Leichtbau zu investieren? Genau, die Elektromobilität. Denn das E-Auto hat ein ernstes Gewichtsproblem: Je schwerer das Auto ist, umso mehr der teuren Akkus muss man einbauen, um den Wagen vom Fleck zu bekommen. Jedes Kilo, das nicht auf die Waage kommt, spart also Batteriekosten. Ob sich Leichtbau mit teuren Materialien wie Aluminium, Spezialstahl, Kunststoffen oder Karbon rechnet, liegt deshalb immer am Antrieb. 100 eingesparte Kilogramm können beim E-Auto die Gesamtkosten spürbar senken. Bei einem herkömmlichen Auto lohnt sich dagegen der Aufwand oft nicht, denn die Spritersparnis steht in keinem Verhältnis zum Aufwand.

Und wieder lautet das Fazit: Das Elektroauto macht den Herstellern grüne Beine. Es zwingt sie in den von Ihnen so geschätzten Leichtbau. E-Mobilität ist nicht idiotisch, weil die Autos so schwer sind. Sie ist die Lösung, weil sie die Hersteller zum Leichtbau zwingt. Von der so beflügelten Leichtbautechnik werden dann auch ihre Lieblingsautos, die mit dem guten, alten Verbrenner, profitieren.

Ihr Argument Nummer 3:

Es gibt keinen Durchbruch bei den hohen Batteriepreisen. Elektroautos schließen aufgrund ihres hohen Preises weite Teile der Bevölkerung von der Mobilität aus. Das ist Mobilität für Reiche.

Das sind eigentlich zwei Argumente, was die Sache aber nicht besser macht, denn beide sind falsch. Es gibt sehr wohl einen Durchbruch bei den Batteriepreisen. Schon in drei Jahren könnte Volkswagen E-Fahrzeuge bauen, die günstiger sind als herkömmliche Autos. Möglich wird das durch einen drastischen Preissturz bei den Batterien, dem teuersten Bauteil von E-Autos. „Wir rechnen damit, dass die Kosten pro Kilowattstunde Kapazität beim Lithium-Ionen-Akku schnell auf eine Größenordnung von etwa 100 Euro sinken und dass diese Grenze 2015 oder spätestens kurz danach erreicht wird“, sagte Rudolf Krebs, Elektroauto-Chef des Volkswagen-Konzerns, der WirtschaftsWoche.

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