
Schlechter hätten die Zahlen kaum ausfallen können, die der europäische Automobilverband ACEA heute zum Nutzfahrzeugmarkt vorlegte: Den 14. Monat in Folge brach in allen wichtigen EU-Ländern die Nachfrage bei leichten und schweren Transportern und Lastkraftwagen ein. Der Markt schrumpfte EU-weit um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Hoffnungen auf eine Erholung der Nutzfahrzeugmärkte zum Jahresbeginn haben sich damit zerschlagen. Besondere Brisanz bekommen die Zahlen, weil der Nutzfahrzeugmarkt ein wichtiger Seismograph für den gesamten Automobilmarkt ist.
Am schärfsten war die Krise während der ersten beiden Monate 2013 in Italien und Spanien (minus 27 Prozent und minus 18 Prozent) zu spüren. Doch selbst in Deutschland, wo die Kauflaune gut ist und die Krise weit weg scheint, gingen die Nutzfahrzeugverkäufe um 15 Prozent zurück. Die Verkäufe schwerer Lkw schrumpften im Februar in der EU um über 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Für die ersten beiden Monate 2013 ergab sich bei den Über-16-Tonnen-Lastern ein Minus von knapp 16 Prozent für die EU, mit Einbrüchen von 16 Prozent in Deutschland und in Italien sowie fast 17 Prozent in Frankreich.
Droht der Autoindustrie die nächste Krise?
Die Zahlen wecken Erinnerungen an die Finanzkrise von 2008 und 2009, die die deutsche Autoindustrie über Monate in die Knie zwang. Auch damals war die Krise bei Transportern und Lkw der Vorbote des großen Knalls. Er führte in der Branche flächendeckend zu Kurzarbeit sowie zu Zulieferer-Insolvenzen wie am Fließband. Davon erholte sich die deutsche Autoindustrie im Rekordtempo, obwohl die Abwrackprämie vor allem die Verkäufe südeuropäischer und asiatischer Kleinwagenhersteller ankurbelte.





Die Premium-orientierte heimische Autoindustrie entpuppte sich als besonders robust. Autos mit BMW-, Audi-, Mercedes- und Volkswagen-Emblem, so die Erkenntnis der vergangenen Jahre, können sich den Preiskämpfen besser entziehen, als andere. Und so kommt es, dass in dem Land mit dem weltweit höchsten Anteil von Premiumautos die Auto-Krise noch nicht sichtbar ist, während sich die Autohändler in den Nachbarländern im Däumchendrehen üben.
Aber die See rund um die Premium-Insel Deutschland wird immer rauer. Beteuerten Branchenexperten und Automobilverband VDA zu Beginn des Jahres noch, 2013 werde ein schweres aber kein katastrophales Jahr, sind sich die Branchenbeobachter nun nicht mehr so sicher. Drängender denn je ist die Frage, die VDA-Präsident Matthias Wissmann schon Ende 2012 stellte: Warum bloß verharren die deutschen Verbraucher in „Attentismus“ (abwartende Haltung), obwohl die Beschäftigungs- und Einkommenslage hierzulande gut ist? Und was bedeutet das für die europäische Länder, in denen die Arbeitslosenzahlen immer neue Rekordhöhen erklimmen?
Noch gleichen die deutschen Autokonzerne die Krise in Europa mit guten Geschäften in Wachstumsmärkten wie Russland, USA und China aus. Doch wenn sich die Auto-Krise in Europa weiter zuspitzt, helfen die Geschäfte auf anderen Kontinenten wenig. Denn Autos werden ganz überwiegend dort gebaut, wo sie verkauft werden sollen.
Schon ruhen von Zeit zu Zeit die Bänder bei beim LKW-Hersteller MAN - womöglich ein Vorbote für einen viel zu frostigen Auto-Frühling.