
Frisch gewaschen stand der silberne Wagen in der Hotelauffahrt: Der neue Lincoln LS, Modelljahr 2001. Wolfgang Reitzle aber hatte an diesem Morgen partout keine rechte Lust zu einer Probefahrt. Weil ihm die Vorbereitung auf eine Vorstandsitzung in der Ford-Zentrale wichtiger war, drückte er mir nach dem Frühstück den Fahrzeugschlüssel in die Hand – verbunden mit der Bitte, nach der Tour durch Detroit ausführlich Bericht zu erstatten. Was folgte, war eine kleine Horrortour durch die Motor City.
Zum einen, weil das Auto noch über kein Navigationssystem verfügte und der Testfahrer über so gut wie keine Ortskenntnisse. Zudem wies der Testwagen, wie sich schnell herausstellte, zahlreiche Mängel auf: Schon beim Zuziehen der Tür löste sich der Griff aus der Halterung. Ups. Unterwegs sorgte die nicht sauber verklebte Frontscheibe für ein Pfeifkonzert, wollte der Achtzylinder-Motor aus unerfindlichen Gründen kein Gas annehmen und überraschte das Fahrwerk – das der Lincoln mit Modellen von Jaguar und Ford teilte - mit der Neigung, jeder Spurrille in der Fahrbahn mit einem gewissen Starrsinn zu folgen. Mein Erfahrungsbericht könnte dazu beigetragen haben, dass Ford den Plan wieder fallen ließ, den Lincoln LS nach Europa zu exportieren. Er blieb zum Glück Autokäufern in USA vorbehalten.
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![Neuer Look für die 90erDie letzte der insgesamt drei Modell-Generationen ging 1990 in die Produktion. Mit einem Facelift wurde der Sierra für das neue Jahrzehnt fit gemacht, beim Motor änderte sich wenig. Fortschrittlich waren die hydraulischen Motorlager, die Brummgeräusche und Vibrationen aus dem Innenraum weitgehend verbannten. Geringer Verbrauch rückte in den 80er Jahren immer stärker ins Bewusstsein der Autokäufer. „Für besonders ,Sparwillige‘ ist eine 1,6-Liter-Economy-Version im Programm, die noch einige zusätzliche technische Merkmale besitzt: so etwa die ,Black-Box‘, einen Kleincomputer, der aus 576 vorgemerkten Positionen stets den optimalen Zündzeitpunkt ermittelt. […] Der Elektronikspeicher verfügt über ein dreidimensionales Digital-Kennfeld des optimalen Zündzeitpunktes für jede mögliche Kombination von Motorlast und Drehzahl“, hieß es damals im Pressetext.](/images/147_ford_sierra_turnier/6628814/3-format10620.jpg)


"One Ford"
Die Zeit von Reitzle an der Spitze der Premier Automotive Group (PAG), unter dessen Dach die Ford Motor Company zur Jahrhundertwende seine Premiummarke Jaguar und Landrover, Aston Martin, Volvo und Lincoln versammelt hatte, ist längst Historie. Und von der PAG redet am Konzernsitz in Dearborn aus gutem Grund schon lange keiner mehr – die meisten Marken sind längst in anderen Händen. Jaguar und Landrover wurden nach Indien verkauft, Volvo griffen sich die Chinesen und Aston Martin internationale Investoren. Unter dem Motto „One Ford“ hat sich der US-Autoriese in den vergangenen fünf Jahren im Wesentlichen auf die Kernmarke konzentriert. Nur an der nach Abraham Lincoln benannten Premiummarke, die Henry Ford 1922 vor der Insolvenz gerettet hatte, hielten die Konzernstrategen unerschütterlich fest – um im Heimatland General Motors und Cadillac Paroli bieten zu können.
Und nun nimmt Ford neuen Anlauf, um mit einer neuen Designsprache Lincoln auch Autokäufern außerhalb der USA schmackhaft zu machen: Der neue Lincoln MKZ, der kommende Woche auf der Autoshow in Los Angeles (28. November bis 9. Dezember) als Enkel jenes Lincoln LS präsentiert wird, soll dem Vernehmen nach ab 2014 auch nach China exportiert werden. Weitere Modelle, weitere Märkte sollen folgen. So sieht es der Plan „Way forward“ vor, den der neue Ford COO Mark Fields entwickelt hat – als Nachfolger von Reitzle übernahm der frühere Mazda-Chef 2002 die Leitung der Premier Automotive Group.