Die Lage war heikel: „Wenn wir unser Konzept nicht umsetzen können, dann müssen wir vielleicht schon in den nächsten Wochen Insolvenz anmelden“, warnte Guido Grandi, Vorstandschef der Wuppertaler WKW-Gruppe im November. Weltweit beschäftigt der Autozulieferer etwa 4500 Mitarbeiter, erzielte zuletzt rund 473 Millionen Euro Umsatz. Fahrzeuge von Mercedes, Volkswagen und BMW rollen meist mit Zierleisten von WKW vom Band.
Trotzdem kämpfte die Gruppe mit reichlich Gegenwind: Nach hohen Investitionen in den Vorjahren waren die Reserven aufgebraucht. Als wegen des Chipmangels Automobilhersteller vielfach ihre Bestellungen nicht abriefen und zugleich die Kosten stiegen, weil Frachtraten, Energie- und Rohstoffpreise anzogen, geriet das Unternehmen unter Druck.
Nach dem Hilferuf aus Wuppertal entspannte sich die Situation zwar etwas und die Eigentümerfamilie zeigte sich bereit, das klamme Unternehmen zunächst weiter zu stützen. Doch das war nur ein Zwischenschritt, um Zeit zu gewinnen für Verhandlungen mit den finanzierenden Banken, fünf internationalen Kreditversicherern und wichtigen Kunden aus der Automobilindustrie.
Begleitet von zahlreichen Juristen und Beratern wurde nun eine Einigung erzielt. Demnach werden Kredite von Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank, Stadtsparkasse Wuppertal, KfW, UniCredit Bank Ungarn und EXIM Ungarn im Volumen von zusammen 266 Millionen Euro umstrukturiert und in einem Konsortialkreditvertrag gebündelt. Für einen Teil der Kredite bürgt das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Die Eigentümerfamilie verzichtet auf Forderungen und stellt frisches Geld zur Verfügung. Zudem übernimmt der Rechtsanwalt und Wellensiek-Partner Alfred Hagebusch als Treuhänder für die Zeit der Sanierung die WKW-Anteile. Auch wichtige WKW-Kunden haben sich zu Cashbeiträgen, Anpassungen der Zahlungsziele und weiteren besonderen Konditionen bereit erklärt, wie den Verzicht auf bereits vereinbarte Preisnachlässe. Der Betriebsrat hatte bereits 2021 einem „Transformations-Tarifvertrag“ zugestimmt. Für den Automobilzulieferer scheint die Finanzierung der nächsten Jahre damit vorerst gesichert zu sein.
„Kräftezehrende Verhandlungen“
Unterstützt wurde der Vorstand seit Mitte 2021 von Jörg Schumacher von Haselhorst Associates, der als Chief Restructuring Officer den Restrukturierungsprozess koordinierte. Für die komplexen Verhandlungen mit den Banken war ein Großaufgebot der Wirtschaftskanzlei Freshfields-Bruckhaus-Deringer im Einsatz – unter Federführung von Freshfields-Partner Lars Westpfahl. Auf Bankenseite hat unter anderem Jörn Kowalewski, Partner der Wirtschaftskanzlei Latham & Watkins, am Verhandlungstisch gesessen.
WKW blickt auf eine lange Unternehmensgeschichte zurück. Gegründet von der Familie Erbslöh im Jahr 1842 in Wuppertal befasst sich das Unternehmen seit Beginn der Industrialisierung mit der Verarbeitung des Werkstoffs Aluminium. Von der Legierung über den Guss bis hin zur Verarbeitung zu komplexen Bauteilen fertigt das Unternehmen alles aus einer Hand. Im Jahr 2000 wurde das Unternehmen mehrheitlich von der Walter Klein GmbH übernommen. Inzwischen verfügt die Unternehmensgruppe über Standorte in Deutschland, Frankreich, Monaco, Ungarn, Tunesien und Nordamerika.
„Nach den letzten Monaten, die von für die gesamte Organisation kräftezehrenden Verhandlungen geprägt waren, geht es nun darum, das Restrukturierungsprogramm umzusetzen und mit vereinten Kräften den Turnaround zu schaffen“, wurde WKW-Finanzchef Carsten Ringelmann in einer Mitteilung des Unternehmens zitiert. Gleichzeitig soll es auch personelle Veränderungen in den Aufsichtsgremien geben. Treuhänder Hagebusch zieht demnach in den Beirat der Walter Klein GmbH & Co. KG ein sowie in den Aufsichtsrat der WKW Aktiengesellschaft. Für die Finanzierer zieht Marco Freiherr von Maltzan in die Kontrollgremien ein und soll dort den Vorsitz übernehmen.
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