Autozulieferer Schaeffler wagt wegen Ukraine-Krieg keine Prognose

Ukraine-Krieg: Autozulieferer Schaeffler wagt keine Prognose Quelle: dpa

Der Auftragseingang ist stark, der Gewinn und Umsatz sind 2021 deutlich gestiegen. Dennoch gibt der Autozulieferer Schaeffler keine Prognose für 2022. Der Ukraine-Krieg mache die Lage unvorhersehbar.

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Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler wagt angesichts des Kriegs in der Ukraine keine Prognose für das Geschäftsjahr 2022. Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld sagte am Dienstag, im Moment sei völlig unvorhersehbar, welche Auswirkungen der Krieg habe. „Wir müssen auf Sicht fliegen und vorsichtig und agil reagieren.“ Das Unternehmen kündigte an, einen Ausblick zu geben, sobald es möglich sei.

Dabei sei Schaeffler mit einem starken Auftragseingang in das laufende Jahr gestartet, sagte Rosenfeld. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen den Umsatz währungsbereinigt um 9,7 Prozent auf 13,9 Milliarden Euro gesteigert. Der Betriebsgewinn verbesserte sich auf 1,3 Milliarden Euro von 798 Millionen Euro vor Jahresfrist, die Ebit-Marge lag bei 9,1 Prozent nach 6,3 Prozent 2020. Wesentliche Treiber hierfür seien die weitere Verbesserung des Ergebnisses im Industriegeschäft sowie in der Autosparte gewesen. Zudem zeigten Sparmaßnahmen ihre Wirkung. Die Dividende solle nach Vorschlag des Unternehmens mit 50 Cent doppelt so hoch ausfallen wie im Vorjahr.

An der Börse kamen die Zahlen gut an: Die Aktie legte bis zu 10,7 Prozent zu. Die Firma habe starke Gesamtjahreszahlen geliefert und die Erwartungen im vierten Quartal übertroffen, schrieben die Experten von JP Morgan.

Stahl aus Russland muss anderweitig gekauft werden

Wie stark der Krieg die Gewinne belaste, könne man derzeit noch nicht beziffern, sagte Rosenfeld. Schaeffler ordne derzeit alles der Risikolage unter. Der Konflikt hat Auswirkungen auf die Lieferketten, weil wichtige Rohstoffe aus Russland fehlen. So bezog Schaeffler einen Teil des Stahls aus Russland. Dabei gehe es um einen kleineren einstelligen Prozentsatz des gesamten Beschaffungsvolumens, der nun auf andere Lieferanten verteilt worden sei, sagte Rosenfeld. Dazu komme das Thema Logistik. „Es gibt nicht das eine Problem, das heraussticht“, sagte Rosenfeld. „Das Risikomanagement ist scharf gestellt, wir werden Wege finden, wie wir als Schaeffler durchkommen.“

Weil Kabelbäume aus der Ukraine fehlen, haben zahlreiche Autobauer in Deutschland die Produktion gedrosselt. Bei Schaeffler liefen derzeit die Werke noch. Ob Schaeffler ebenfalls bei der Fertigung bremsen muss, sei derzeit unklar. „Wir werden uns in absehbarer Zeit mit allen möglichen Gegenmaßnahmen beschäftigen müssen“, sagte Rosenfeld. Zugleich lobte er die Zusammenarbeit in der Autobranche. „Wenn es etwas positives aus der Corona-Zeit gibt, ist es, dass der Schulterschluss zwischen Herstellern und Zulieferern sehr gut funktioniert.“

Zugleich betonte Rosenfeld, dass sein Unternehmen an einem Ausbau des Industriegeschäfts festhalte. Ob es zu größeren Zukäufen komme, müsse derzeit aber mit Fragezeichen versehen werden. Anfang des Jahres hatten die Herzogenauracher einen kleineren Roboterspezialisten gekauft, bei dem Milliardenverkauf der ABB-Kupplungssparte Dodge waren sie 2021 jedoch nicht zum Zuge gekommen.

Diese Unternehmen wenden sich von Russland ab
LindeAngesichts der Sanktionen gegen Russland stehen beim Gasekonzern Linde Anlagenbau-Projekte im Volumen von bis zu zwei Milliarden Dollar zur Disposition. Per Ende März habe Linde Verträge in dieser Höhe, etwa für Anlagen zur Gasverflüssigung, in Russland in den Büchern gehabt, teilte der amerikanisch-deutsche Konzern am 28. April bei Vorlage der Quartalszahlen mit. Von Sanktionen nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine seien im ersten Quartal bereits Projekte im Volumen von rund 350 Millionen Dollar betroffen gewesen oder seien voraussichtlich betroffen. Linde hatte das Neugeschäft in Russland gestoppt und ist dabei, die Aktivitäten dort nach und nach zurückzufahren: Bestimmte Kunden würden nicht mehr beliefert, zumindest von einem Teil der Anlagen wolle man sich trennen. Für das zweite Halbjahr hat Linde keine Umsätze aus Russland mehr in seinen Planungen berücksichtigt. Quelle: dpa
BASFDer Chemiekonzern BASF stoppt wegen des Krieges in der Ukraine seine Aktivitäten in Russland und Belarus. Eine Ausnahme sei das Geschäft zur Unterstützung der Nahrungsmittelproduktion, teilte der Ludwigshafener Konzern am 27. April mit. Seit März schließt BASF bereits keine neuen Geschäfte mehr in den Ländern ab. Wegen der jüngsten Entwicklungen in dem Krieg und den von der EU verhängten Sanktionen gegen Russland habe der Konzern nun entschieden, auch die bestehenden Aktivitäten in Russland und Belarus bis Anfang Juli einzustellen. Derzeit hat BASF 684 Beschäftigte in den beiden Ländern, diese sollen bis zum Jahresende weiter unterstützt werden. Die Geschäfte in Russland und Belarus machten im vergangenen Jahr rund ein Prozent des Konzernumsatzes aus, in der Ukraine waren es 0,2 Prozent.Mehr dazu lesen Sie hier: BASF stoppt Neugeschäft in Russland. Quelle: dpa
SAPDer Softwarekonzern gab am 19. April bekannt, den russischen Markt endgültig zu verlassen. Das Unternehmen kündigte zwei weitere Schritte „für den geordneten Ausstieg aus unserem Geschäft in Russland“ an. Hinsichtlich seiner Cloud-Dienste hatte SAP nicht von Sanktionen betroffene Unternehmen bereits vor die Wahl gestellt, Daten löschen zu lassen, diese in Eigenregie zu übernehmen oder sie in ein Rechenzentrum außerhalb von Russland zu überführen. SAP kündigte nun an, die Verträge russischer Firmen, die sich für eine Migration der Daten ins Ausland entschieden hätten, nach Ablauf der Abonnementlaufzeit nicht zu verlängern. Zudem beabsichtige SAP, den Support und die Wartung für Produkte, die auf lokalen Servern in Russland installiert sind (On-Premise), einzustellen. „Wir prüfen derzeit verschiedene Optionen, wie sich diese Entscheidung umsetzen lässt“, teilte das Unternehmen mit. Das Hauptaugenmerk liege darauf, den rechtlichen Verpflichtungen gegenüber nicht-sanktionierten Kunden weiter nachzukommen. Bereits Anfang März hatte SAP erklärt, sich den Sanktionen anzuschließen und das Neugeschäft in Russland wie auch Belarus einzustellen. Das beinhaltete allerdings nicht Dienstleistungen gegenüber Bestandskunden wie Wartungen oder Cloud-Dienste, die zunächst weiter angeboten wurden. Medienberichten zufolge soll diese Entscheidung intern von Mitarbeitern kritisiert worden sein. Mehr dazu lesen Sie hier. SAP macht nicht öffentlich, wie groß das Geschäft in Russland ist. Aus dem Integrierten Bericht 2019 – den letzten verfügbaren Daten – geht hervor, dass die russische Tochtergesellschaft unkonsolidiert im Jahr knapp 483 Millionen Euro umsetzte. Quelle: imago images/photothek
HenkelDer Konsumgüterkonzern gibt sein Russland-Geschäft nun doch auf. Das Unternehmen hinter Marken wie Persil, Schwarzkopf und Fa kündigte am 19. April an, es habe angesichts der aktuellen Entwicklung des Ukraine-Krieges beschlossen, seine Aktivitäten in dem Land einzustellen. „Der Umsetzungsprozess wird nun vorbereitet.“ Henkel werde mit seinen Teams in Russland an den Details arbeiten, um einen geordneten Ablauf zu gewährleisten, hieß es. Währenddessen würden die 2500 Beschäftigten von Henkel in Russland weiterbeschäftigt und -bezahlt. Die mit der Entscheidung verbundenen finanziellen Auswirkungen des geplanten Ausstiegs für Henkel könnten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht näher quantifiziert werden. Henkel hatte mit dem Schritt lange gezögert. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine Ende Februar hatte der Konzern zwar entschieden, alle geplanten Investitionen in Russland zu stoppen sowie Werbung und Sponsoring einzustellen. Die dortige Produktion sollte jedoch weiterlaufen. Dafür gab es auf der Hauptversammlung Anfang April Kritik von Aktionären, die etwa einen Reputationsschaden für Henkel fürchteten. Quelle: REUTERS
Dr. OetkerAuch der Nahrungsmittelhersteller Dr. Oetker zieht sich wegen des Ukraine-Krieges komplett aus Russland zurück. Das Familienunternehmen teilte am 8. April mit, dass es alle Anteile an seiner Russlandtochter an die bisherigen russischen Geschäftsführer verkaufe und damit sämtliche Aktivitäten in dem Land beende. Das Unternehmen hatte bereits direkt nach dem russischen Überfall auf die Ukraine alle Exporte nach Russland, alle Investitionen in die russische Schwestergesellschaft sowie sämtliche nationalen Marketingaktivitäten gestoppt. Das von Dr. Oetker in der Stadt Belgorod betriebene Nährmittelwerk produzierte seitdem nach Unternehmensangaben nur noch Grundnahrungsmittel wie Hefe und Backpulver für die russische Bevölkerung. Quelle: imago images
IntelDer Chip-Hersteller Intel stellt ab dem 6.April alle Geschäfte in Russland ein. Es seien Vorkehrungen getroffen worden, dass das weltweite Geschäft dadurch so gering wie möglich beeinträchtigt werde, teilt der Chip-Hersteller mit. Quelle: dpa
DecathlonDer französische Sportausrüster Decathlon stellt sein Geschäft in Russland ein. Das teilte das Unternehmen am 29. März mit. Die Lieferbedingungen unter strikter Beachtung der internationalen Sanktionen ließen eine Fortsetzung der Aktivitäten nicht mehr zu, teilt der Konzern mit. Decathlon ist im Besitz der französischen Unternehmerfamilie Mulliez, der unter anderem auch die Supermarktkette Auchan gehört. Zuletzt war der Druck auf die Familie gewachsen, ihre Geschäfte in Russland einzustellen. Auchan erklärte jedoch kürzlich, dort präsent zu bleiben. Andernfalls würden ein Verlust von Vermögenswerten und juristische Probleme für Auchan-Manager befürchtet. Auchan hat rund 30.000 Angestellte in Russland, Decathlon etwa 2500. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte heimische Konzerne vor Reputationsschäden gewarnt, wenn sie in Russland bleiben. Quelle: imago images

Das Industriegeschäft erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von 3,6 Milliarden Euro, 13,6 Prozent mehr als vor Jahresfrist, der bereinigte Betriebsgewinn verbesserte sich um mehr als 50 Prozent auf 426 Millionen Euro.

Mehr zum Thema: Angesichts des Kriegs und der Sanktionen sind die in Russland tätigen deutschen Unternehmen zutiefst verunsichert, viele denken ans Aufgeben. Die russische Wirtschaft bricht stark ein, die Sanktionen zeigen Wirkung.

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