Autozulieferer Warum Continental Schaeffler technologisch abgehängt hat

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Was Conti richtig gemacht hat

„Conti hat viel früher als seine Wettbewerber relativ mutig auf Autonomes Fahren und vor allem die Elektrifizierung des Auto-Antriebsstranges gesetzt“, sagt Christian Ludwig, Analyst für die Autobranche beim Bankhaus Lampe. Das sei auch, aber nicht nur unternehmerischer Weitblick gewesen, meint der Analyst. Conti habe auch den Vorteil, dass seine Geschäftsbereiche nicht so stark am Verbrennungsmotor hängen wie bei anderen Zulieferern.

Das Reifengeschäft zum Beispiel ist nicht nur stabil und liefert jedes Jahr rund zehn Milliarden Euro zum Konzernumsatz, es ist auch ziemlich margenstark: mit einem Viertel des Konzernumsatzes generiert es 54 Prozent des Gewinns (Ebit). So kann Conti mit einem freien Cash-flow von voraussichtlich 2,5 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2017 finanziell aus dem Vollen schöpfen. Vor allem, wenn es darum geht, neue, teure Projekte für Elektroautos oder Autonomes Fahren aufzusetzen und hochbezahlte Softwarespezialisten nach Regensburg oder Frankfurt zu lotsen – während viele Wettbewerber jeden Euro drei Mal umdrehen mussten. Bei Großanteilseigner Schaeffler blieben 2017 gerade mal 500 Millionen Euro Cashflow in der Kasse hängen.

Dadurch hat der Dax-Konzern inzwischen einen nicht zu unterschätzenden zeitlichen Vorsprung, meint Frank Welge, Geschäftsführer der Beratungsfirma Inverto, der seit mehr als 20 Jahren die Auto-Zulieferindustrie berät. „Den Auto-Zulieferermarkt in seiner heutigen Form, mit seinen derzeitigen Kundenbeziehungen, Kräfteverhältnissen und Abhängigkeiten, wird es schon in vier oder fünf Jahren nicht mehr geben“, sagt Welge. Neue, finanzkräftige Wettbewerber drängen in den Markt, allen voran die großen IT-Konzerne wie Intel, Nvidia oder Qualcomm.

„Die traditionellen Zulieferer müssen sich eine profitable Nische in den neu entstehenden Zulieferketten und Partnerschaften suchen“, sagt Welge. „Wer mit Verbrennertechnik wie Kolben oder Dichtungen nur ein, zwei Milliarden Euro Umsatz macht, hat dabei sehr schlechte Karten.“ Conti dagegen hat sich einen der Logenplätze in den Zulieferketten der Zukunft gesichert: In der ziemlich exklusiven Entwicklungspartnerschaft des Chipgiganten Intel/Mobileye mit BMW, Fiat-Chrysler und neuerdings Nissan hat sich der Dax-Konzern die wichtige Rolle des Systemintegrators gesichert.

„Die Aufspaltungspläne sind wirklich wahr“

In anderen Worten: Conti wird dafür sorgen, dass die Technologie von Intel und Mobileye in den Modellen von BMW, Chrysler oder Nissan auch funktioniert und modular – das heißt: kostengünstig und weitgehend standardisiert – in ganze Baugruppen wie Head-Up-Displays oder Achssysteme kommt. Bei den Verhandlungen mit Intel und BMW dürfte geholfen haben, dass Conti bereits 1,2 Milliarden Umsatz mit Dingen macht, die man vermehrt im autonom Fahrenden Zukunftsauto braucht, etwa Multifunktionskameras, Nah- und Fernbereichssensoren, 3D-LiDAR oder Steuergeräte.

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