
Beim Gipfel zur Elektromobilität mit Kanzlerin Angela Merkel sitzen sie einträchtig beieinander: Vorstände der Autokonzerne, Firmenchefs und Verbandsrepräsentanten aller möglichen Branchen. Das staatstragende Bild heuchelt hinweg über die wüsten Rangeleien der vergangenen Wochen.
Diesmal ging es nicht um Eitel- und Nickeligkeiten zwischen den großen Wirtschaftsorganisationen. Bei der Elektromobilität geht es um nichts weniger als die Vormachtstellung einer Schlüsselbranche im 21. Jahrhundert (lesen Sie dazu hier mehr). Und um die Frage, wer die größten Rosinen aus dem vom Staat finanzierten Kuchen picken darf.
Kaum hatte Merkel das Steckdosen-Vehikel zur Chefinnensache gemacht, wollte jede Branche mitmischen. Selbst die Textilindustrie meldete sich – zu Recht. Denn ihre Kohlefasertechnik ermöglicht den Leichtbau der Karosserie, ohne den die Reichweite der Batteriewagen begrenzt bliebe.
Fließt das Geld – beispielsweise als Kaufprämie – an die Autoindustrie, freut sich der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA). Oder profitieren die Elektrotechnische (ZVEI) und die Chemische Industrie (VCI) von Millionen oder gar Milliarden für die Entwicklung leistungsfähiger Batterien? Geht es um die Produktionstechnik, profitiert der Maschinenbau (VDMA).
Entsprechend heftig verlief der Kampf im Kastenwesen der Verbände, wer die Arbeitsgruppen leiten darf. Denn nur die Führungsleute reden im obersten Gremium mit, dem Lenkungsausschuss.
Wer beim Gerangel zu kurz kam, schimpft über die Sieger. Über den VDA, der die Verhandlungen dominierte; wahlweise über ZVEI, VCI oder VDMA, die – je nach Quelle – im Gegensatz zur eigenen Branche noch gar nix vorzuweisen hätten. Und über den Bundesverband der Deutschen Industrie. Letzterer hat zwar in seinem Industriekreis alle interessierten Branchen erst mal gebündelt, war aber beim Feilschen machtlos. Denn er hätte sich zum Schiedsrichter über seine (zahlenden) Mitglieder aufschwingen müssen.
Neben dem Krieg der Verbände ist auch im VDA selbst die Hölle los. Opel und Ford sehen sich ausgegrenzt, weil sie als Töchter von US-Konzernen den übrigen Firmen nicht als „deutsche“ Hersteller gelten. Andere maulen, VDA-Präsident Matthias Wissmann dürfe nicht vergessen, dass er nicht selbst die Automobilindustrie sei, sondern nur Dienstleister. Der Gipfel bei Merkel werde zu „Wissmann-Festspielen“, Fotos inklusive. Dabei schauen sie auf denen doch alle so einträchtig.