BMW-Entwickler Elmar Frickenstein „Das automatisierte Fahren ist kein Urknall“

Nach und nach wird die Elektronik das Steuer im Auto übernehmen. Im Interview spricht Elmar Frickenstein, Leiter BMW Entwicklung, über die Zukunft des automatisierten Fahrens.

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Was die neuen Cockpits können
Tesla Der Elektroautobauer Tesla hat schon bei seinen ersten Fahrzeugen großen Wert auf das Infotainment gelegt - also die gute Bedienbarkeit von Musik-Diensten, Navigationsgerät, Kommunikation und Serviceinformationen zum Fahrzeug. Nun ist dem Unternehmen in den USA ein neuer Coup gelungen. In Kooperation mit dem Mobilfunkanbieter AT&T sollen die Elektroautos mit einem Zugang zum Highspeed-Internet ausgestattet werden. Damit wäre nicht nur ruckelfreies Webradio und Surfen im Internet möglich. Auch Verkehrsinformationen für das Navigationssystem ließen sich in Echtzeit abrufen. Und bliebe der Wagen stehen, könnte eine Service-Hotline per Netz eine Ferndiagnose des Motors durchführen. Quelle: REUTERS
Kia UvoDas Infotainmentsystem von Kia lässt sich per Sprachsteuerung und Touch steuern. Die erste Variante des Systems entwickelten die Koreaner gemeinsam mit Microsoft. Die aktuelle Version setzt auch auf mobile Dienste und baut auf Googles Betriebssystem Android auf. Dadurch kann das System zum Beispiel auf die Karten und Informationen der Plattformen Google-Maps und Google-Places zugreifen. Steuern lässt es sich sich zusätzlich über Android- und Apple-Smartphones. Quelle: Presse
Audi TabletWie sehr die Welt der mobilen Rechner in die der Automobilbranche übergreift, zeigt ein neues Produkt aus dem Hause Audi. Erst kürzlich stellte der Autobauer auf der Elektronik-Messe CES in Las Vegas ein eigenes Tablet vor. Unter dem Titel "Audi Smart Display" soll das Gerät die Bedienung der Infotainment-Angebote im Auto erleichtern. Denn während Nutzer Tablets intuitiv bedienen können, tun sich viele mit den umfassenden Möglichkeiten von Infotainmentprogrammen im Auto noch schwer. Das Tablet hat einen 10 Zoll großen Display, der sich ganz einfach mit dem Infotainment in neuen Audi-Modellen verbinden lässt. Außerdem bietet es einen direkten Zugriff auf Googles Playstore und damit auf alle Android-Apps für Tablets. Quelle: Presse
Audi und GoogleGleichzeitig haben Google und Audi erst kürzlich auf der CES in Las Vegas bekannt gegeben, künftig miteinander kooperieren zu wollen. Damit sollen alle Audi-Bordsysteme auf dem Betriebssystem Google Android basieren. Auch in den neuen Modellen von General Motors, Honda und Hyundai wird künftig Android als Infotainmentplattform verbaut.  Quelle: AP
Infiniti InTouch Das neue Infotainment-System der Luxusmarke wurde auf der Elektronik-Messe CES vorgestellt. Das System macht es möglich das Smartphone mit dem Bordcomputer zu verbinden. Somit kann der Fahrer über das Programm auch im Fahrzeug direkt auf seine Kontakte, E-Mails und einige Apps zugreifen. Nachrichten liest einem das Programm auf Wunsch laut vor. Musik kann auch per Sprachsteuerung ausgewählt werden. Besonders praktisch: Auf der Infiniti-Plattform lassen sich sogar die Sitz- und Spiegeleinstellungen von bis zu vier Fahrern speichern. Quelle: REUTERS
Nokias KartendienstAuch Nokia versucht sich einen Platz im Auto zu sichern. Seit Jahren bieten die Finnen Kartendienste für den Verkehr an. Im Sommer hat der einstige Handy-Riese hunderte Millionen Euro in die Hand genommen, um die Dienste zu erweitern. Bisher ist die Plattform "Here" so ausgelegt, dass sie neben der Kartendienste auch eine Integration von Musik und Internetangeboten vorsieht, wie zum Beispiel der ortsbezogene Dienst Foursquare. Eingebunden ist außerdem eine "Auto-Cloud", über die der Fahrer aktuelle Informationen zu Spritpreisen oder freien Parkplätzen abrufen kann. Die Autobauer können für ihre Produkte selbst entscheiden, welche Serviceangebote von Nokia sie einbinden wollen. Quelle: dpa
BMW i3Das Infotainmentsystem des deutschen Elektroautos lässt sich sogar per Smartwatch Samsung Galaxy Gear steuern. Damit hat der Autofahrer Informationen wie den Kilometerstand, den Batteriestand oder den Parkstandort auf der Uhr gespeichert und so immer dabei. Auch ob Fenster geöffnet oder geschlossen sind, lässt sich mit einem Blick aufs Handgelenk überprüfen. Besonders praktisch: Per Spracherkennung lassen sich Klimaanlage und Heizung auch aus der Entfernung steuern. Somit ist der Wagen im Winter schon vorgeheizt und die gefrorene Scheibe getaut, noch ehe der Fahrer das Auto überhaupt aufgeschlossen hat. Quelle: dpa

Die Vernetzung des Autos schreitet voran, Apps und Smartphone-Anbindung werden immer wichtiger. Aber wie viel Informationen kann und darf ich dem Fahrer wie anbieten?
Bei unserem HMI (Human-Machine-Interface) achten wir darauf, dass die Ablenkung des Fahrers so gering wie möglich ist. Alle Informationen die BMW auf Bildschirmen im Fahrzeug anzeigt, sind für eine Bedienung während der Fahrt optimiert, etwa diehohe Position der Displays, geeignete Schriftgrößen, gute Bildqualität, optimale Bedienelemente. Darüber hinaus bieten wir in vielen Fahrzeugen ein Head-Up-Display an, das ausschließlich die wesentlichen Informationen im direkten Sichtfeld des Fahrers anzeigt, ohne dabei den Straßenverkehr zu verdecken.

Elmar Frickenstein, BMW Entwicklung Leiter Elektrik/Elektronik und Fahrerlebnisplatz Quelle: BMW

Das sind alles Anzeigen, wie sieht es bei der Eingabe von Daten aus?
Bei unseren bisherigen Bedienkonzepten haben wir die Sprachbedienung weiter verbessert. Es reicht etwa ein Satz wie „Navigiere mich nach München zum Petuelring 130“ und das Navi übernimmt die Zieleingabe. Und wir gehen noch einen Schritt weiter: Unsere Autos lernen die Natürlichsprachlichkeit.

Was wird in Zukunft bei der Kaufentscheidung des Kunden wichtiger sein: Car Connectivity oder „klassische“ Eigenschaften wie Fahrleistungen, Design und Verbrauch?
Es gibt Menschen, die auch zukünftig weiter einen starken Motor, gutes Design und eine ansprechende Quer- und Längsdynamik haben wollen. Wir stehen hier allerdings auch vor einem Paradigmenwechsel. Das kennzeichnet sich heute durch Elektromobilität, die Connectivity im Bereich Infotainment, die Connectivity für die Fahrerassistenz und später das hochautomatisierte Fahren. Das wird die Automobilindustrie nachhaltig verändern.

Wie groß sind die Bedenken der Autofahrer, das Internet im Auto zu nutzen?
Wir stellen sicher, dass diese Internetdienste auf einem BMW-Server liegen, und so vor unberechtigten Zugriffen geschützt sind. Wenn der Kunde ein Fahrzeug mit ConnectedDrive kauft, muss er im Zuge dessen auch einen GetConnected-Vertrag unterschreiben. Damit stimmt er der Nutzung der Daten gemäß gesetzlicher Vorgaben zu. Damit stehen alle Funktionen und Services von ConnectedDrive zur Verfügung. Wir benutzen diese Daten dann zum Beispiel  für Staumeldungen in Echtzeit (Real Time Traffic Info), um so noch effizientere Routen vorzuschlagen. Wünscht er die ConnectedDrive Funktionen nicht, unterschreibt der Kunde einen sogenannten „GetDisconnected“ Vertrag und verzichtet somit auf diese Dienste. Dann findet auch kein Datenfluss mehr statt.

Laut einer aktuellen Studie ist mehr als die Hälfte der Neuwagenkäufer nicht bereit, für Connectivity-Funktionen einen Aufpreis zu zahlen. Wie wollen Sie dann an diesen Services verdienen?
Man kennt es aus der Smartphone-Industrie, dass der Kunde nur wenig Geld dafür ausgeben will. Wir reichern diese Funktionen mit fahrzeugrelevanten Diensten an, damit der Kunde besser durch den Stau oder einfach von A nach B kommt. Das bietet einen echten Mehrwert, weil der Kunde schneller und effizienter ans Ziel kommt.

Eine mögliche Liste mit Daten aus dem Auto

Die Vernetzung findet nur zum Teil im Auto selbst statt. Auch der Zugriff per Smartphone oder Smartwatch aus der Ferne gehört dazu. Liegt in in den Funktechnologien auch eine Einfallsmöglichkeit für Hacker?
Wir haben vor Jahren entschieden, dass die Kommunikation mit dem Fahrzeug von außen nur über ein BMW-Backend laufen darf. Wir lassen nicht zu, dass das Smartphone mit dem Auto spricht. Zudem verfolgen wir die neuesten Entwicklungen der Consumer Electronics- und IT-Industrie genau und führen vor der Serieneinführung eines Fahrzeugs auch immer sogennante Pen-Tests durch, um größtmögliche Sicherheit zu gewähren. Denn die hat für uns höchste Priorität.

Im Juli wurde eine Sicherheitslücke bei Ihrem ConnectedDrive-System aufgespürt. Ist das inzwischen behoben? Was war die Ursache?
Diese potenzielle Schwachstelle wurde bereits im Rahmen unserer Neuausrichtungen von Connected Drive geschlossen: durch eine Passwortlänge von mindestens acht Zeichen, durch den frei wählbaren Nutzernamen oder durch hinterlegtes Wissen.

„Wir brauchen politische Unterstützung“

Die Infotainment-Systeme, die zahlreichen Assistenzsysteme und auch teil- oder vollelektrifizierte Antriebe machen das Auto zu einem sehr komplexen Software-Konstrukt. Werden wir in einigen Jahren vermehrt Rückrufe wegen IT-Problemen erleben?
Heute sind etwa 90 Prozent der Innovationen über Software realisiert. Wir holen seit Jahren Software- und IT-Spezialisten in unser Unternehmen, die das notwendige Know-How zu den neuesten Technologien mitbringen. Damit können wir sicher sein, dass wir bestmöglich vorbereitet sind und wir keine technischen Aktionen zu erwarten haben. Bei Tests und Absicherungen steht die Software auf einem Level mit der Elektronik und der Mechanik. In den drei Jahren Entwicklungszeit für ein neues Fahrzeug wird die Software auf denselben Standard wie alle BMW Premium Produkte gebracht.

Die Innovationszyklen in der Consumer Electronics, etwa bei Smartphones, ist aber deutlich kürzer als drei Jahre. Können durch die Verbindung mit neuen Geräten Probleme und Sicherheitslücken entstehen?
Die Smartphone-Industrie hat Entwicklungszyklen von neun bis 18 Monaten. Um möglichst viele von den neuen Funktionalitäten im Auto nutzen zu können, haben wir ein Update über einen USB-Stick eingeführt. Wenn an Weihnachten ein neues Smartphone unter dem Baum liegt, bekommen Sie auf unserer Homepage den neuesten Treiber und laden diesen auf einen USB-Stick, mit dem Sie das Fahrzeug updaten. Damit verkürzen wir die Entwicklungszeit in diesem Bereich auf drei Monate, so dass der Kunde sein neuestes Smartphone in seinem BMW auch sofort nutzen kann.

BMW bietet inzwischen teilautonome Stauassistenten an. Wann ist mit hochautomatisierten Systemen zu rechnen?
Das hochautomatisierte Fahren ist kein Urknall, den wir zu erwarten haben. Ich bin vor zwei Jahren mit einem unserer Forschungsfahrzeuge bereits von München zum Flughafen hochautomatisiert gefahren und musste während der ganzen Fahrt keine Hand am Lenkrad haben. Bis das an den Kunden geht, dauert es aber noch einige Jahre. Wir haben vergangenes Jahr unseren Stauassistenten vorgestellt. Zudem haben wir bereits das vollautomatisierte Parken in Serie. Der Schritt vom heutigen teilautomatisierten zum hochautomatisierten Fahren wird nicht aus einem großen Sprung, sondern zahlreichen kleinen Neuheiten bestehen.

Wie werden diese Schritte aussehen?
Wir werden irgendwann autonom ins Parkhaus fahren oder in die Privatgarage. Dann werden wir auch bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn hochautomatisiert unterwegs sein, bis es sich auf immer mehr Bereiche ausweitet. Die Freude am Fahren bleibt voll bestehen: in belastenden Situationen wie zum Beispiel einem Stau unterstützt das System und wenn Sie Fahrspass haben möchten, schalten Sie das System einfach ab und fahren selbst, so wie jetzt auch.

Wo Netzwerke es Hackern leicht machen
GoPro CamDie Action-Kamera Go Pro Hero 3 lässt sich am Helm, der Kleidung oder am Surfbrett befestigen. So entstehen spektakuläre Sport-Aufnahmen. Diese lassen sich mit ein paar wenige Knopfdrücken auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken teilen. Dafür ist die Kamera internettauglich. Und genau hier liegt die Schwäche der Kamera. Hacker haben herausgefunden, dass sich die Kamera knacken lässt. Danach kann man sie ganz einfach mit einer Fernbedienung steuern. Besonders gefährlich ist das, weil die Kamera auch vom Militär und Sicherheitskräften genutzt wird. Quelle: dapd
Empfindliche HerzschrittmacherÜber 75.000 Menschen in Deutschland haben einen elektronischen Herzschrittmacher implementiert. Diese Geräte lassen sich heutzutage drahtlos nachstellen sowie die darauf erfassten Daten herunterladen. Über die kabellose Schnittstelle wird das Gerät aber auch anfällig. Der Hacker Barnaby Jack hat gezeigt, dass sich der Herzschrittmacher aus bis zu neun Metern Entfernung manipulieren lässt. Quelle: AP
Hacker wissen, so Sie sindJe 60 Euro kosten die Sensoren, die der Hacker Brendan O'Conner zu Testzwecken in der Nachbarschaft verteilt hat. Diese sammeln Signale von Tablets oder Smartphones ein, die dann wiederum in einer Karte angezeigt werden können. Daraus lassen sich komplette Bewegungsprofile der jeweiligen Geräte erstellen. Dass das technisch möglich ist, zeigte auch schon eine Visualisierung von Handy-Daten des Grünen-Politikers Malte Spitz. Er stellte schon vor Jahren seine Smartphone-Daten zur Verfügung, die genau zeigen, wo er sich zu welchem Zeitpunkt aufgehalten hat. Quelle: REUTERS
Anfällige KraftwerkeEin Team von drei Hackern hat eine Sicherheitslücke in einem Funksystem gefunden, das oft auch in Kraftwerken eingesetzt wird. Dadurch könnten Angreifer in einem Umkreis von 65 Kilometern, Daten auslesen. Sogar die Abschaltung des Kraftwerks wäre auf diesem Weg möglich. Quelle: dpa
Mobilfunkverbindungen ausspionierenBesonders anfällig für Hackerangriffe sind die sogenannten Femtozellen. Damit lassen sich Mobilfunknetze verstärken, zum Beispiel um den Empfang in Häusern zu verbessern. Sobald sich Smartphone, Handy, Tablet und Co mit der Zelle verbinden, laufen alle Daten, Informationen und Gespräche darüber. Wurde eine GSM- oder CDMA-Femtozelle gehackt, lassen sich also zum Beispiel Telefonate abhören. Nutzer haben kaum eine Möglichkeit sich dagegen zu wehren. Vor allem, da sich viele mobile Endgeräte automatisch und ohne Rückfrage mit einer Zelle verbinden. Quelle: dpa
Smart-TV Die Geräte im Haushalt werden immer stärker mit einander vernetzt. Smart-TV, ferngesteuerte Heizungsanlagen oder Waschmaschinen bieten Hackern so ganz neue Angriffsflächen. Erst kürzlich ist es gelungen, die Funktionen eines Internet-Fernsehers auszunutzen und die Person vor dem Fernseher per Webcam und Mikrofon auszuspionieren. Auch die Heizung lässt sich ungefragt hochstellen oder Lampen anstellen und Türen öffnen. Im August ist es Hackern in Japan gelungen, hochautomatisierte Luxustoiletten zu manipulieren. Quelle: dpa
Auto-CockpitDie Armarturen in Autos werden immer mehr zu regelrechten Cockpits. Die elektronischen Hilfen im Fahrzeug werden von Jahr zu Jahr mehr. Doch auch zentrale Funktionen wie die Bremsen oder der Motor werden über einen regelrechten Bordcomputer gesteuert. Der Hacker Chris Valasek hat gezeigt, wie sich diese Technik austricksen lässt, um zum Beispiel das Lenkrad wild rotieren zu lassen oder einen vollen Tank vorzugaukeln. Quelle: dpa

Müssen für das autonome – und vermutlich unfallfreie – Fahren politische und juristische Grundlagen geschaffen werden, bevor die Technik in die Großserie gehen kann?
Die kürzlich erschienene Lockerung der Wiener Konvention ist ein erster richtiger Schritt hin zu einigen erforderlichen Anpassungen bei Zulassungsregeln und der Straßenverkehrsordnung. Es gibt auch in den USA erste Staaten, die erste Regelungen dazu getroffen haben. Wir brauchen aber auch in Deutschland und Europa die politische Unterstützung, dass wir irgendwann hochautomatisiert fahren können.

Ein nächster Schritt wäre es, wenn die Autos untereinander und mit der Infrastruktur kommunizieren könnten. Wie schätzen Sie die Chancen der Car-to-X-Kommunikation für Serienautos ein?
Wenn wir von einer Vernetzung der Fahrzeuge sprechen, brauchen wir ein Backend. Mit dieser Plattform muss das Fahrzeug kommunizieren können. Mit unserem ConnectedDrive-System haben wir das vor 15 Jahren begonnen. Alle BMWs haben eine integrierte SIM-Karte, über die wir Online-Dienste anbieten. Über diese Verbindung bieten wir aber beispielsweise auch Real-Time-Traffic-Informationen an. Wir haben heute über zwei Millionen Fahrzeuge vernetzt, deren Stau-Informationen auf einem BMW-Backend landen. Wir glauben, dass wir für die nächsten Jahre gut gerüstet sind, wenn ein Fahrzeug etwas dem BMW-Backend meldet und so der ganzen Flotte zur Verfügung stellt. Eine Konnektivität mit der Infrastruktur ist aber um Klassen schwieriger, weil irgendjemand die Kosten tragen muss.

Aber so kann nur ein BMW von BMW-Daten profitieren?
Heute wäre das noch so, ja.

„Nur die beste Entwicklung setzt sich durch“

Eine Car-to-X-Kommunikation kann nur funktionieren, wenn alle auf denselben Standard setzen. Wie schwierig ist es, mit anderen Herstellern solche Standards zu erarbeiten?
Es gibt gute, aber auch schwierige Beispiele. Wenn ich vier Jahre zurück denke, als wir über die Vereinheitlichung des Ladesystems für Elektroautos diskutiert haben, sind wir heute einen ganz entscheidenden Schritt weiter. Wir haben einen Schulterschluss in der deutschen und amerikanischen Automobilindustrie hergestellt und unser CCS-Ladesystem in der Welt etabliert.

Und die schwierigen Beispiele?
Wenn ich heute auf eine Standardisierung der Backends schaue, scheint das schwierig zu sein. Das ist eine sehr junge Disziplin. Wir müssen schauen, dass die Server und Plattformen sicher Daten untereinander austauschen können.

Kann sich die Autoindustrie weiter erlauben, ihre eigenen Standards zu setzen oder muss die IT-Branche früher in Entwicklungen mit einbezogen werden?
Wir haben 2011 mit Apple einen neuen Standard entwickelt, der Apps von iOS in unser Fahrzeug einbindet. Mittlerweile haben wir 75 Apps von unterschiedlichen Herstellern auf einem Standard. Darüber hinaus haben wir einen Browser-basierten Ansatz um über unser Backend mit unserem Fahrzeug zu kommunizieren und unseren Kunden neue Funktionen anbieten zu können.

Was dann?
Die Head Unit, eine Art Zentralcomputer für das Infotainmentsystem, bleibt der entscheidende Faktor. Für diese Head Units haben wir vor sechs Jahren das Genivi-Konsortium gegründet, dass Software auf einer gemeinsamen Basis ausgetauscht werden kann. Inzwischen sind 170 Firmen aus der Zulieferer- und Software-Industrie beteiligt. Jeder stellt seine Entwicklung der Community zur Verfügung. So sinken die Innovationszyklen und die Qualität wird besser, da sich nur die beste Entwicklung in der Community durchsetzt.

Für sämtliche IT-Entwicklungen, egal ob Antrieb, Assistenten oder Infotainment, braucht es auch das entsprechend ausgebildete Personal. Bei Maschinenbau- oder Mechatronik-Absolventen steht die Autobranche nach wie vor hoch im Kurs. Wissen aber auch Informatiker, dass sie von Firmen wie BMW gebraucht werden?
Vor Jahren schon haben wir die CarIT in München gegründet, um junge Absolventen ins Unternehmen zu holen. Zusätzlich haben wir unter anderem ein Technology Office in Mountain View im Silicon Valley, eines in Shanghai und auch einen weiteren CarIT Standort in Ulm. Wir haben in den letzten vier Jahren 500 neue Informatiker eingestellt. In der IT-Community ist also inzwischen bekannt, dass wir gut ausgebildete Leute brauchen.

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