Ins Rampenlicht stellte sich Johanna Quandt nur ungern. Zurückgezogen lebte die BMW-Erbin und Mäzenatin in einer Villa in Bad Homburg im Taunus. Bei ihren wenigen öffentlichen Auftritten beeindruckte sie jedoch mit ihrer Aura einer Grande Dame, mit Energie und Selbstbewusstsein. Am 3. August ist Johanna Quandt im Alter von 89 Jahren gestorben.
Von einer Sekretärin stieg sie zu einer der reichsten Frauen der Welt auf. Die Witwe des Großindustriellen Herbert Quandt, einem der erfolgreichsten deutschen Unternehmer, kontrollierte gemeinsam mit ihren Kindern Stefan Quandt und Susanne Klatten fast 47 Prozent am Autobauer BMW.
Die Großaktionärin habe dem Unternehmen „Begeisterung und Leidenschaft“ entgegengebracht sowie Rückhalt und Sicherheit gegeben“, sagte der neue BMW-Vorstandsvorsitzende Harald Krüger der „Süddeutschen Zeitung“. Gesamtbetriebsratschef Manfred Schoch lobte, Johanna Quandt habe „auch bei unterschiedlichen Interessenlagen nie die Bodenhaftung verloren - und in schwierigen Zeiten die Anliegen der einfachen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Auge behalten“.
Auch die früheren BMW-Vorstandsvorsitzenden Norber Reithofer und Joachim Milberg würdigten die Verstorbene. Dabei hob Reithofer ihre „Herzlichkeit und ihre warme, unkomplizierte Art“ hervor. Milberg sagte, es für ihn „eine Ehre, dass ich Johanna Quandt kennenlernen und mit ihr viele Jahre zusammenarbeiten durfte.“
Ihre Engagement machte Quandt zur Ehrensenatorin
Das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ führt sie mit einem geschätzten Vermögen von 11,8 Milliarden US-Dollar (10,85 Milliarden Euro) auf Rang 77 in der Liste der reichsten Menschen der Welt. Demnach war sie die reichste Frau Deutschlands - nach ihrer Tochter.
Bei der jährlichen Verleihung des mit 50.000 Euro dotierten Herbert-Quandt-Medien-Preises, einem 1985 von ihr gestifteten renommierten Wirtschaftspreis für herausragende publizistische Arbeit, äußerte sie sich häufig kritisch zu aktuellen Themen. „Johanna Quandt hat mit ihrer Herzlichkeit und ihrer warmen, unkomplizierten Art ihr Umfeld beeindruckt“, sagte BMW-Aufsichtsratschef Norbert Reithofer der „Süddeutschen Zeitung“.
Ihr Engagement für krebskranke Kinder brachte Johanna Quandt die Ehrensenatorwürde ein. So unterstützte sie Projekte des 1983 als Elterninitiative gegründeten Vereins Hilfe für krebskranke Kinder Frankfurt, dessen Beirat sie angehörte. Sie verband ihr Engagement für medizinischen Fortschritt und freie Wirtschaft mit großzügiger Unterstützung einer neuen Stiftung der Berliner Charité.
Johanna Quandt übernahm fünf der sechs Millionen Euro des Vermögens der Stiftung zur Förderung von Forschung und unternehmerischen Ideen. Das Ziel: Die Kluft zwischen wissenschaftlicher Forschung und wirtschaftlichem Nutzen zu überbrücken.
Geboren in Berlin am 21. Juni 1926 als Tochter des Kunsthistorikers Wolfgang Bruhn, teilte sie das Interesse ihres Vaters für Kunst und klassische Musik, vor allem für die Komponisten Bach und Schubert. Eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin konnte Quandt wegen der Kriegswirren nicht beenden, stattdessen arbeitete sie als Krankenpflegerin im Lazarettdienst. „Eine Zeit, die sie sehr prägte“, betonten ihre Kinder in einer Mitteilung.
Nach einem Jahr als Haushaltshilfe in den USA fing sie Mitte der 1950er Jahre bei Herbert Quandt in Frankfurt als Sekretärin an und wurde bald dessen persönliche Assistentin. Zu Quandts Unternehmensgruppe gehörten rund 200 Firmen, etwa der Batterienhersteller Varta, der Petrochemiekonzern Wintershall, der Textilproduzent Stöhr und Aktienpakete von Daimler-Benz und BMW.
1960 heiratete die damals 34-Jährige den 16 Jahre älteren Unternehmer, für den es die dritte Ehe war. 1963 kam Tochter Susanne, drei Jahre später Sohn Stefan zur Welt. Die Quandts mieden die Öffentlichkeit, vor allem nachdem 1978 eine Entführung von Mutter und Tochter erst im letzten Augenblick verhindert werden konnte.
Das Ehepaar machte gern lange Spaziergänge, ritt gemeinsam aus und beschäftigte sich mit Musik. Quandt las ihrem Mann, der unter einem schweren Augenleiden litt, auch viel vor. Als er mit 71 Jahren starb, ging ein großer Teil seines gewaltigen Vermögens an die damals 55 Jahre alte Witwe und ihre Kinder. Johanna Quandt wurde zudem Mitglied im BMW-Aufsichtsrat. Ende der 1990er Jahre zog sich die erfolgreiche Unternehmerin dann nach und nach aus dem Geschäftsleben zurück.