Die Technologie unterscheidet sich von Diesel-Filtern, da die Partikel bei Benzinern noch feiner sind. In den vergangenen Jahren hat ein Run auf die Benzin-Partikelfilter eingesetzt. Und wer zu spät dran ist, bekommt von den Zulieferern eine Absage. Oder eben nur geringere Stückzahlen, weshalb nicht alle Fahrzeuge auf einmal umgerüstet werden können.
Mercedes hat 2015 bei der S-Klasse als erster Autobauer einen Partikelfilter bei einem Benzinmotor eingesetzt und seitdem mehrere Modelle aufgerüstet. Aber eben noch nicht alle: Besonders der Vier-Liter-Biturbo-V8 von AMG, der etwa in dem M3-Konkurrent C63 oder dem Sportwagen AMG GT eingesetzt wird, muss in den beiden besagten Versionen (hausintern M177 und M178 genannt) ohne Partikelfilter auskommen.
Auf die Frage, ob die Fahrzeuge mit diesen Motoren auch nach WLTP-Messung die Vorschriften einhalten, antwortet AMG nur indirekt. „Wir befinden uns aktuell in der Umstellung unserer gesamten Modell-Flotte, die wir gesamtheitlich bis September 2018 auf den neuen WLTP-Zertifizierungsstandard umgestellt haben werden“, so eine Sprecherin. „Bereits jetzt werden alle Neutypen, das heißt alle neu anlaufenden Baureihen und Modelle von Mercedes-AMG, nach Euro 6d Temp/RDE Stufe 1 zertifiziert.“
Normzyklen in der Übersicht
Der Neue Europäische Fahrzyklus (New European Driving Cycle) stammt im Kern aus den 1970er Jahren. In einem knapp 20-minütigen Prüfstandslauf werden Verbrauch und Abgase gemessen. Das Fahrprofil gilt allerdings als überholt, zudem gibt es viel Spielraum für unrealistische Optimierungen, etwa Leichtlauföle, zu hoher Reifendruck, eine abgeklemmte Batterie (um das Nachladen zu verhindern) oder spezielle Sturz- und Spureinstellungen der Räder, die nicht mit dem Serienzustand übereinstimmen.
Die Worldwide harmonized Light Vehicles Test Procedure (WLTP) soll realitätsnähere Angaben als der NEFZ liefern. Zum einen werden Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeit auf dem Prüfstand erhöht, die Standzeiten verkürzt, der Prüfstandslauf an sich verlängert. Zum anderen werden Sonderausstattungen beim Fahrzeuggewicht und Strombedarf berücksichtigt. Die Klimaanlage bleibt jedoch abgeschaltet. Experten rechnen mit bis zu 25 Prozent höheren Werten als im NEFZ.
Bereits vor dem Abgasskandal hat die EU-Kommission beschlossen, Emissionen mit mobilen Messgeräten nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch auf der Straße zu messen. Die Real Driving Emissions (RDE) werden ab September 2017 erhoben – allerdings eher als Kontrolle der Prüfstandwerte. Diese gelten übrigens nicht für den RDE: Zur Einführung dürfen die Autos den Grenzwert um 110 Prozent überschreiten (Faktor 2,1), ab Januar 2020 noch um 50 Prozent.
Das erste Modell mit dieser Homologation werde der Mercedes-AMG CLS 53, der ab Sommer 2018 beim Händler stehen wird. „In diesem Fahrzeug ist ein OPF (Partikelfilter für Ottomotoren, Anm. d. Red.) serienmäßig eingebaut“, sagt die AMG-Sprecherin. Unklar ist jedoch die Lage bei dem 2,0-Liter-Vierzylinder aus den „45“-AMG-Varianten von A-, GLA- und CLA-Klasse sowie dem 3,0-Liter-Sechszylinder, der unter der Bezeichnung „43“ in mehreren Baureihen angeboten wird. Hierzu hat sich AMG nicht explizit geäußert, sondern verweist darauf, dass „die schrittweise, flächendeckende Umsetzung in den laufenden Baureihen“ erfolge.
Audi hat nur einen Benziner mit Partikelfilter
Audi verweist bei der Frage nach Partikelfiltern in den S- und RS-Modellen darauf, dass man bereits den Audi A5 2.0 TFSI mit 190 PS mit einem Otto-Partikelfilter ausrüste – allerdings nur mit der Automatik „S tronic“ und Frontantrieb. Es sei das Ziel, die WLTP-Vorgaben für alle Modelle zu erfüllen, so ein Sprecher. „Zusätzliche Varianten werden sukzessive im Verlauf der nächsten Monate folgen.“ „Mit Blick auf den Wettbewerb“ will sich Audi aber noch nicht zu den weiteren Markteinführungen äußern.
Welche Schadstoffe im Abgas stecken
Stickoxide (allgemein NOx) gelangen aus Verbrennungsprozessen zunächst meist in Form von Stickstoffmonoxid (NO) in die Atmosphäre. Dort reagieren sie mit dem Luftsauerstoff auch zum giftigeren Stickstoffdioxid (NO2). Die Verbindungen kommen in der Natur selbst nur in Kleinstmengen vor, sie stammen vor allem aus Autos und Kraftwerken. Die Stoffe können Schleimhäute angreifen, zu Atemproblemen oder Augenreizungen führen sowie Herz und Kreislauf beeinträchtigen. Pflanzen werden dreifach geschädigt: NOx sind giftig für Blätter und sie überdüngen und versauern die Böden. Außerdem tragen Stickoxide zur Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon bei.
Kohlendioxid (CO2) ist in nicht zu großen Mengen unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Klimagas und zu 76 Prozent für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Der Straßenverkehr verursacht laut Umweltbundesamt rund 17 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen in Deutschland – hier spielt CO2 die größte Rolle. Es gibt immer sparsamere Motoren, zugleich aber immer größere Autos und mehr Lkw-Transporte. Außerdem mehren sich Hinweise darauf, dass Autobauer nicht nur bei NOx-, sondern auch bei CO2-Angaben jahrelang getrickst haben könnten.
Bei der Treibstoff-Verbrennung in vielen Schiffsmotoren fällt auch giftiges Schwefeldioxid (SO2) an. In Autos und Lkws entsteht dieser Schadstoff aber nicht, was am Kraftstoff selbst liegt: Schiffsdiesel ist deutlich weniger raffiniert als etwa Pkw-Diesel oder Heizöl und enthält somit noch chemische Verbindungen, die bei der Verbrennung in Schadstoffe umgewandelt werden.
Winzige Feinstaub-Partikel entstehen entweder direkt in Automotoren, Kraftwerken und Industrieanlagen oder indirekt durch Stickoxide und andere Gase. Die Teilchen gelangen in die Lunge und dringen in den Blutkreislauf ein. Sie können Entzündungen der Atemwege hervorrufen, außerdem Thrombosen und Herzstörungen. Der Feinstaub-Ausstoß ist in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre deutlich gesunken. Städte haben Umweltzonen eingerichtet, um ihre Feinstaubwerte zu senken.
Feinstaub entsteht aber nicht nur in den Motoren. Auch der Abrieb von Reifen und Bremsen löst sich in feinsten Partikeln. Genauso entstehen im Schienenverkehr bei jedem Anfahren und Bremsen feiner Metallabrieb an den Schienen. All das landet ebenfalls als Feinstaub in der Luft.
Katalysatoren haben die Aufgabe, gefährliche Gase zu anderen Stoffen abzubauen. In Autos wandelt der Drei-Wege-Kat giftiges Kohlenmonoxid (CO) mit Hilfe von Sauerstoff zu CO2, längere Kohlenwasserstoffe zu CO2 und Wasser sowie NO und CO zu Stickstoff und CO2 um. Der sogenannte Oxidations-Kat bei Dieselwagen ermöglicht jedoch nur die ersten beiden Reaktionen, so dass Dieselabgase noch mehr Stickoxide enthalten als Benzinerabgase. Eingespritzter Harnstoff („AdBlue“) kann das Problem entschärfen: Im Abgasstrom bildet sich so zunächst Ammoniak, der anschließend in Stickstoff und Wasser überführt wird.
Bleibt also vorerst BMW. M3 und M4 sind bei BMW aber nicht die einzigen Modelle, die ein Opfer des WLTP wurden: Ab Juni wird auch die Produktion des zivilen Topmodells der 5er-Baureihe pausiert. Die Fertigung ruht so lange, bis ein Partikelfilter beim M550i xDrive nachgerüstet ist, bestätigte ein BMW-Sprecher gegenüber dem Fachmagazin „Auto, Motor und Sport“. „Derzeit ist der BMW M550i xDrive nach Euro 6c und NEFZ zugelassen“, heißt es seitens BMW. „Ab September 2018 muss der PN- auch unter RDE-Fahrbedingungen eingehalten werden.“ Sprich: Der 4,4 Liter große V8 schafft die Grenzwerte nach WLTP-Messung nicht.
Während beim M550i eine Rückkehr in einigen Monaten – neben der Entwicklung und Produktionsumstellung muss auch noch die offizielle Homologation durchlaufen werden – angepeilt ist, wird der M3 der Baureihe F80 in Europa nicht zurückkehren.
Einen M3 wird es frühestens wieder 2020 geben: 2019 debütiert der Nachfolger der Baureihe G20, die Power-Version kommt meist ein oder zwei Jahre später auf den Markt. In den USA wird der aktuelle M3 weiterhin verkauft. Denn dort gilt der WLTP nicht – auch wenn es das „Worldwide“ im Namen anders suggeriert.