BMW-Vertriebsvorstand Pieter Nota „Wir müssen Kundendaten besser nutzen“

BMW: So will Vertriebsvorstand Pieter Nota BMW digitaler machen Quelle: BMW

Pieter Nota ist seit Januar Vertriebsvorstand bei BMW – ohne Erfahrung in der Autobranche. Im Interview erklärt der Niederländer, warum er darin sogar einen Vorteil sieht und wie er BMW digitaler machen will.

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WirtschaftsWoche: Herr Nota, Sie waren bei Unilever, Beiersdorf und zuletzt Philips. Was kann der Autobauer BMW vom Konsumgüter-Manager Nota lernen?
Pieter Nota: In der Konsumgüter-Branche ist die Kundenfokussierung absolut zentral. In der Autobranche, auch bei BMW, lag der Fokus sehr lange auf den Fahrzeugen. Wenn wir mit BMW bis 2020 wieder die Spitzenposition im Premiumsegment übernehmen wollen, liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, unsere Produkte mit einer Kundenorientierung zu verbinden. Hierzu müssen wir Kundendaten aktiver nutzen. Das muss gar nicht so kompliziert sein. Im ersten Schritt können etwa die vorhandenen Daten zwischen Mobilitätsdienstleistungen und dem klassischen Autokauf besser ausgetauscht werden. Ein Beispiel: Sie fahren als DriveNow-Kunde häufig ein MINI Cabrio oder einen BMW i3. Dann kann es sein, dass wir Ihnen zum richtigen Zeitpunkt ein Kaufangebot unterbreiten. Eins ist aber klar – auch beim Datenschutz ist der Kunde König und die Nutzung der Daten erfolgt nur mit seinem Einverständnis.

Und abseits des Autokaufs?
Wir können digitale Plattformen auch nutzen, um das Leben der Kunden einfacher zu machen – bei ganz profanen Dingen wie einer Terminvereinbarung für einen Werkstattbesuch. Das geht heutzutage stellenweise schon online, aber nicht flächendeckend. Das muss einfacher werden, diesen Anspruch haben die Kunden. Wer ganz einfach auf dem Smartphone bei Amazon bestellen oder bei Booking.com den nächsten Urlaub planen kann, will so auch den Servicetermin für seinen BMW buchen können. Kurzum: Wir müssen da sein, wo der Kunde auch ist. Und das ist zunehmend online.

Wenn ein Kompakt-SUV zu spießig ist
BMW X2 Kaufberatung Quelle: BMW
BMW X2 Kaufberatung Quelle: BMW
BMW X2 Kaufberatung Quelle: BMW
BMW X2 Kaufberatung Quelle: BMW
BMW X2 Kaufberatung Quelle: BMW
BMW X2 Kaufberatung Quelle: BMW
BMW X2 Kaufberatung Quelle: BMW

Bei Kaufangeboten für DriveNow-Kunden oder dem Online-Werkstatttermin müssen auch die Händler mitspielen. Was haben Sie da vor?
Der Handel bleibt ein essenzieller Partner für unseren Erfolg. Auch in Zukunft werden viele Kunden sich persönliche Beratung wünschen, ein Auto probefahren wollen oder ihren alten Wagen in Zahlung geben. Dazu ist eine gute Handelsorganisation unerlässlich. Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung gemeinsam nutzen. Nur so können wir den Kunden dort erreichen, wo er in seinem Alltag unterwegs ist. Und das ist schon heute online. Die Kundendaten wollen wir für beide – den Händler, aber auch die BMW AG – nutzen. Es geht nicht um „Deins oder Meins“, sondern wie wir zusammen den Kuchen vergrößern.

Kommen wir zurück zu den Produkten: Die Umstellung auf den neuen Messzyklus WLTP erfordert, dass auch Benzinmotoren mit einem Partikelfilter ausgerüstet werden müssen. Sie mussten deshalb die Auslieferung mehrerer wichtiger Modelle aussetzen – beim Siebener ein ganzes Jahr lang. Stört Sie das als Vertriebsvorstand, wenn Ihnen aus technischen Gründen Verkäufe entgehen?
Der Siebener bleibt grundsätzlich verfügbar – es geht hier um die Otto-Motorisierung, was weniger als ein Drittel des 7er Absatzes in Europa ausmacht. Wir haben diese Umstellung von langer Hand geplant. Mit den Folgen können wir umgehen, das haben wir in unserer Vertriebsplanung für das ganze Jahr einkalkuliert und wir sehen uns hier gut aufgestellt.

Warum ist BMW der einzige Premiumhersteller, von dem solche Meldungen zu lesen sind?
Wir wollen mit dieser klaren Kommunikation für Transparenz sorgen, auch dem Kunden gegenüber. Wie gesagt: Wir dürfen den Kunden nicht aus dem Fokus verlieren. Das liegt mir sehr am Herzen.

„China wird ein Durchbruchsmarkt für E-Mobilität“

BMW-Kunden kommen zunehmend aus China. Das Land ist mit rund 600.000 Autos bereits heute der wichtigste Einzelmarkt für BMW. Für 2018 hat Vorstandschef Harald Krüger weitere sieben bis acht Prozent Wachstum ausgegeben. Wo soll das herkommen?
Wir wollen über alle angebotenen Modellreihen wachsen. Den größten Push erwarten wir vom neuen X3. Ab Juni wird der Wagen auch in China gebaut. Das bringt nicht nur dem chinesischen Markt etwas, sondern auch Europa: Mit der kommenden Fertigung in China und der kürzlich angelaufenen Produktion in Südafrika entlasten wir die X3-Produktion in South Carolina und können so die Nachfrage besser bedienen und Lieferzeiten verkürzen.

Auf der Automesse in China hat BMW den iX3 als elektrische Variante des X3 vorgestellt. Doch das Auto kommt erst in zwei Jahren auf den Markt. Würden Sie als Vertriebschef den Wagen nicht schon heute verkaufen wollen?
Die Frage stellt sich für mich nicht, da wir den Wagen erst für 2020 angekündigt haben. Das wird ein sehr attraktives Fahrzeug, deshalb mache ich mir um die Nachfrage in zwei Jahren keine Sorgen. Der iX3 ist Teil unserer großen Modelloffensive: Wir werden bis 2025 insgesamt 25 elektrifizierte Fahrzeuge, davon 12 reine Elektroautos, auf den Markt bringen – wir sind also mittendrin. Wichtig dabei ist: Wir zeigen nicht nur Konzeptfahrzeuge, sondern haben schon im vergangenen Jahr über 100.000 elektrifizierte Fahrzeuge verkauft – und dieses Jahr werden es mehr als 140.000 sein.

Ich nehme an, es war kein Zufall, dass Sie den iX3 zuerst in China gezeigt haben.
Der Markt hier geht bei der Elektromobilität voran, China wird ein Durchbruchsmarkt für E-Mobilität. Die Nachfrage ist hier am höchsten und entwickelt sich weiter. Unsere Strategie ist: „Produktion folgt dem Markt“ – deshalb bauen wir den iX3 in China.

Auch in China werden die Vorgaben für den Spritverbrauch strenger. Ab 2020 sind es maximal fünf Liter, ab 2025 dann höchstens vier Liter. Deckt sich das auch mit der Kundennachfrage in China? In Europa steigen PS-Zahlen und CO2-Ausstoß wieder, allen Umwelt-Vorgaben zum Trotz.
Die Tendenz der Regulatoren weltweit ist klar: Emissionen runter. Aber Fahrfreude und emissionsarmes Fahren sind kein Widerspruch – das zeigen wir seit Jahren mit EfficientDynamics und natürlich BMW i. Auch ein chinesischer Kunde denkt bei BMW an „Freude am Fahren“ und nimmt uns als sehr emotionale Marke wahr. Der große Unterschied zu Europa ist aber, dass der BMW-Kunde in China deutlich jünger ist – im Schnitt 36 Jahre, während es in Deutschland über 50 Jahre sind. Beide Kundengruppen haben Spaß an sportlichen Autos, und unser Elektroabsatz steigt weltweit um 40 Prozent, in China noch deutlich schneller.

Bis Ende des Jahres wollen Sie in China 80.000 BMW-eigene Ladesäulen betreiben. Müssen Sie das in einer ähnlichen Größenordnung auch in Deutschland machen, um hierzulande mehr Elektroautos zu verkaufen?
BMW macht schon einiges, wir haben viele öffentlich zugängliche Ladesäulen rund um unsere Händler. Teil unserer Mobilitätsdienstleistung ist „ChargeNow“, über den Dienst kann der Kunde die nächstgelegene Ladesäule finden und die Kosten abrechnen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Kommunen und Städte sich einbringen. Ein gutes Beispiel ist Hamburg, dort wird viel investiert und die Stadt treibt das aktiv voran. Davon würden wir gerne mehr sehen.

China hat mit dem GB/T-Standard seinen eigenen Ladeanschluss, in Japan gibt es den Chademo-Standard, in den USA und Europa setzt sich beim Schnellladen gerade CCS durch. Benötigen wir einen globalen Standard?
Grundsätzlich begrüßen wir einen offenen Weltmarkt. Dazu gehören auch international gültige Standards. Es ist aber auch vollkommen normal, dass es Abweichungen gibt. China ist bei der Elektromobilität ein ganz wichtiger Markt und selbstverständlich haben wir hierfür den passenden Stecker. Für uns ist wichtig, dass wir bei der Elektrifizierung weiter beschleunigen. Da lassen wir uns von einem anderen Ladestecker nicht bremsen.

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