
WirtschaftsWoche: Zu Jahresbeginn waren Sie auf der IT-Messe CES in Las Vegas, dann bei der Techkonferenz DLD in München. Die Automesse in Detroit dazwischen haben Sie ausgelassen. Sind künstliche Intelligenz und Datenanalyse für BMW schon wichtiger als Antriebs- und Motorentechnik?
Klaus Fröhlich: BMW wird sich auch in Zukunft durch klassische Tugenden wie Fahrfreude von der Konkurrenz abheben müssen. Aber seit ich meinen Posten als Entwicklungsvorstand 2014 angetreten habe, treibe ich das Thema autonomes Fahren voran. Und dafür brauchen wir Kooperationen mit Techunternehmen, denn gerade künstliche Intelligenz ist hier ein entscheidender Faktor. Die Kompetenz dafür liegt im Silicon Valley.
Sie haben sich mit dem Chipkonzern Intel und dem Softwarespezialisten Mobileye zusammengetan, um einen Industriestandard für autonomes Fahren zu schaffen. Warum sollten sich Ihre Automobilrivalen Ihnen anschließen?
Wir wollen eine offene Plattform schaffen. Denn so wie es heute bei Bremsen oder der Antriebssteuerung der Fall ist, wird sich auch für das autonome Fahren ein Sicherheitsstandard etablieren. Die Frage ist, ob bis dahin die Industrie 20 bis 30 Milliarden Euro für die Entwicklung unterschiedlicher Lösungen ausgeben will oder ob man von Anfang an gemeinsam das Thema treibt. Mit dem Kauf des Kartendienstes Here, bei dem sich Audi, Daimler und BMW schon zusammengetan haben und an dem sich jüngst auch Intel beteiligt hat, beweisen wir ja, dass sich Rationalität gegen Rivalität durchaus durchsetzen kann.
Einige Wettbewerber haben sich schon anderweitig vermählt. Ford etwa mit Google. Wie viele Standards verträgt die Branche?
Es wird sicher mehrere Antworten geben. So wie auch nicht nur Intel entsprechende Chips herstellen wird, sondern auch andere, etwa Nvidia. Entscheidend ist, dass wir die Kompatibilität zwischen den einzelnen Lösungen herstellen. Nehmen Sie beispielsweise Here. Die hochauflösenden Karten werden für autonomes Fahren zwingend benötigt. Hier hat sich recht bald auch der Kartendienst Navinfo aus China beteiligt. Die Zusammenarbeit hilft allen auf dem Weg zum autonomen Fahren.
Zur Person
Klaus Fröhlich, 56, ist ein BMW-Urgestein. Der Maschinenbauer startete dort 1987 nach dem Studium als Ingenieur in der Motorenentwicklung. Ende 2014 wurde er Mitglied des BMW-Vorstandes und ist seither für sämtliche Entwicklungsprojekte des Konzerns zuständig.
Ist Here die Blaupause für Ihre Strategie in der digitalen Welt?
Here ist sicher ein gutes Beispiel dafür, wie Zusammenarbeit funktionieren kann – bei allem Wettbewerb. Wir werden bei Unterschleißheim einen Campus für autonomes Fahren errichten und laden auch andere Hersteller dahin ein. Die dort gewonnenen Daten können wir teilen und uns austauschen. Nur so werden selbstlernende Netze und Software fürs autonome Fahren sicher, intelligent und robust. Der Schwarm schafft mehr als jeder Einzelne.
Die Geschichte des Digitalgeschäfts zeigt aber: The winner takes it all - mehr als eine Plattform überlebt meist nicht.
Dies gilt nur für jene, die den direkten Kontakt zu den Kunden verlieren. Der ist zum Beispiel nicht bereit, verschiedene Apps auf sein Handy zu laden, um Fahrtenvermittlungsdienste wie Uber oder MyTaxi zu nutzen. Wir geben den Kontakt zu den Kunden aber nicht auf und verkaufen weiterhin Autos an sie. Nur dann eben solche, die in der Lage sein werden, autonom zu fahren.