Bosch, Valeo, ZF und Co Gewinnmargen der Autozulieferer auf Rekordniveau

Der Umsatz wächst langsamer, die Gewinnmargen sind aber so hoch wie nie: Aktuell verdienen die Autozulieferer gut, doch am Horizont brauen sich dunkle Wolken zusammen.

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Valeo-Chef Jacques Aschenbroich neben einem Scheinwerfer für einen Volvo XC90. Quelle: REUTERS

Abgasskandal hin oder her: 2015 war für die Autobranche ein gutes Jahr. Die Hersteller konnten zahlreiche Absatzrekorde vermelden, auch die Zulieferer konnten offenbar von den guten Geschäften profitieren. Mit einer Ebit-Marge von 7,4 Prozent haben die weltweiten Autozulieferer einen Rekordwert eingefahren – das ist zumindest das Ergebnis der "Global Automotive Supplier Study 2016" von Roland Berger und Lazard. Im Rahmen der Studie wurden Kennzahlen von über 600 internationalen Zulieferern analysiert, um den aktuellen Zustand sowie Trends und Herausforderungen der Branche zu beurteilen.

Der aktuelle Zustand scheint gut, bei der künftigen Geschäftsentwicklung sind die Unternehmen aber skeptischer. Die Volatilität in der Branche habe erheblich zugenommen, das Umsatzwachstum auf den geringsten Wert seit sieben Jahren verlangsamt. Bosch als weltweit größter Autozulieferer hatte etwa bereits bekannt gegeben, für das laufende Jahr zwar an dem Ziel von drei bis fünf Prozent Wachstum festhalten zu wollen, aber eher das untere als das obere Ende des Korridors zu erreichen.

"Wenn man sich die Rekordgewinne 2015 ansieht, erscheint die Lage der internationalen Automobilzulieferer auf den ersten Blick sehr gut", sagt Felix Mogge, Partner bei Roland Berger. "Doch das Umsatzwachstum in einem zunehmend volatileren Marktumfeld ist tendenziell rückläufig, und bereits in naher Zukunft steht die Branche vor revolutionären Veränderungen bei Technologien und neuen Mobilitätskonzepten."



Das lässt sich auch an den Gewinnmargen der einzelnen Bereichen der Autobranche ablesen: Die Anbieter von Antriebsystemen sind wegen der zunehmenden Komplexität und den steigenden Kosten bei Benzinern und Dieselmotoren und dem gleichzeitig ausbleibenden Boom bei Elektroantrieben mit einer Marge von 6,9 Prozent unter den Branchenschnitt gefallen. Zulieferer, die sich auf Fahrassistenzsysteme und autonome Fahrfunktionen spezialisiert haben, können hingegen von der steigenden Nachfrage profitieren – mit einer Ebit-Marge von 7,7 Prozent schneiden sie deutlich besser ab als andere Produktsegmente. Nur die Reifenhersteller verzeichnen laut Roland Berger noch höhere Margen.

Chinesische Zulieferer kämpfen mit schwachem Heimatmarkt

Neben deutlichen Unterschieden zwischen den Produktsegmenten bestehen auch große regionale Differenzen. Während Zulieferer aus Europa in vielen Branchensegmenten weiterhin von ihrer Technologieführerschaft profitieren, kämpfen chinesische Firmen in den vergangenen Jahren mit sinkenden Margen, weil sich der Wettbewerb in ihrem Heimatmarkt zunehmend verschärft.

Die weltweit größten Autozulieferer

Laut der Studie von Roland Berger und Lazard wird die globale Fahrzeugproduktion 2016 und darüber hinaus mit rund zwei Prozent jährlich nur mäßig zulegen. "Um ihre Margen zu stabilisieren oder sogar weiter zu verbessern, müssen die Zulieferer auf andere Faktoren setzen", meint Christof Söndermann, Director bei Lazard. "Und sie müssen sich auf plötzliche makroökonomische Turbulenzen einstellen, die zu einem kurzfristigen Nachfragerückgang führen können." In dem stagnierenden chinesischen Markt gehören zweistellige Wachstumsraten wohl der Vergangenheit an. Außerdem ist eine kurzfristige Markterholung in Brasilien und Russland mehr als fraglich – zugleich schafft der Brexit neue Unsicherheiten in Europa.

Zu der Unsicherheit wegen den konjunkturellen Entwicklungen in zahlreichen Märkten kommen noch disruptive technologische Trends und neue Geschäftsmodelle, welche die Aussichten der Zulieferer trüben. "Die aktuellen Entwicklungen zeigen sehr deutlich, dass die globale Automobilindustrie vor dem größten Umbruch ihrer Geschichte steht", sagt Söndermann.

Die größten Auto-Zulieferer der Welt
Faurecia Quelle: Presse
Platz 9: Michelin (Frankreich)Umsatz 2016: 20,907 Milliarden EuroUmsatz 2015: 21,199 Milliarden EuroVeränderung: -1,4 ProzentHauptprodukte: Reifen Michelin ist der zweitgrößte Reifenhersteller Europas. In dem Ranking der Beratungsgesellschaft Berylls zählt nur der Umsatz aus dem Geschäft mit Autoteilen – im Falle von Michelin bleiben also die Umsätze mit Straßenkarten sowie den Hotel- und Restaurantführern außen vor. Quelle: REUTERS
Bridgestone-Firestone Quelle: AP
Platz 7: Aisin (Japan)Umsatz 2016: 27,977 Milliarden Euro Umsatz 2015: 24,133 Milliarden EuroVeränderung: +15,9 ProzentHauptprodukte: Getriebe, Bremssysteme, Karosserie- und Motorenteile Aisin gehört zum Teil zu Toyota, die restlichen Anteile liegen aber auch in den Händen japanischer Unternehmen und Banken. Neben manuellen und Automatikgetrieben stellt Aisin vor allem Bremsen und Navigationssysteme her. Quelle: PR
Platz 6: Hyundai Mobis (Südkorea)Umsatz 2016: 30,227 Milliarden Euro Umsatz 2015: 28,096 Milliarden EuroVeränderung: +7,6 ProzentHauptprodukte: Cockpit-, Frontend- und Chassismodule Mobis gehört zum koreanischen Autobauer Hyundai. Mobis beliefert aber nicht nur die Konzernmarken Hyundai und Kia, sondern arbeitet auch mit anderen Autobauern zusammen. Quelle: PR
ZF Friedrichshafen Quelle: dpa
Magna Quelle: dpa

Wegen der strenger werdenden Abgasvorschriften sehen die Experten den lange ersehnten Durchbruch bei der Elektromobilität. "Wir gehen davon aus, dass der Markt für Elektrofahrzeuge in den nächsten zehn Jahren um das Sieben- bis Zehnfache zulegen wird", sagt Mogge. "Den Zulieferern für Elektroantriebe bietet sich dadurch ein beträchtliches Wachstumspotenzial, wohingegen der herkömmliche Verbrennungsmotor mehr und mehr zu einer 'Commodity' wird."

Die Technologie und Geschäftsmodelle wie Carsharing und Ridehailing versprechen in den nächsten zehn Jahren sicherlich gute Chancen – doch es besteht auch enorme Unsicherheit, wann und wo genau sich diese Chancen ergeben werden. Das Marktvolumen für Fahrzeugkomponenten wird der Studie zufolge von rund 700 Milliarden Euro 2015 auf über 850 Milliarden Euro 2025 steigen. Die potenziellen Gewinne aus diesem Markt dürften jedoch die Verteilung zwischen den Teil-Branchen und Unternehmen neu ordnen – oder teilweise auch auf komplett neue Anbieter entfallen.

Eine Empfehlung der Studienautoren, um in dem volatileren und sich schnell wandelnden Geschäftsumfeld erfolgreich zu sein: Die Zulieferer müssen ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit steigern. "Es reicht nicht mehr, sich nur auf organisches Wachstum in traditionellen Feldern zu konzentrieren", sagt Söndermann. "Denn neue Geschäftsfelder öffnen sich vor allem im Bereich neuer Technologien. Hier müssen sich die Zulieferer auf stärkere Konkurrenz durch neue Anbieter von außerhalb der Branche gefasst machen."

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