Brandenburg soll Gigafactory erhalten Haben Musk „mit unserem Brandenburger Charme“ überzeugt

Tesla-CEO Elon Musk sorgt für eine Sensation: Die europäische Fabrik des Elektroauto-Pioniers wird in Brandenburg gebaut. Mehrere Bundesländer wollten das Werk haben. Ministerpräsident Woidke gibt sich hochzufrieden.

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Der Elektroauto-Hersteller Tesla wird seine europäische Fabrik im Umland von Berlin bauen. Tesla-Chef Elon Musk verkündete das überraschend am Dienstagabend bei der Verleihung des „Goldenen Lenkrads“ von „Auto Bild“ und „Bild am Sonntag“ in Berlin. Das Werk solle in der Nähe des geplanten Hauptstadtflughafens BER entstehen. Die „Gigafactory“ soll zunächst den künftigen Kompakt-SUV Model Y sowie auch Batterien und Antriebe bauen.

Tesla werde zudem ein Ingenieurs- und Designzentrum in Berlin ansiedeln, sagte Musk. „Deutschland baut großartige Autos.“ Das sei einer der Gründe für die Standort-Entscheidung gewesen.

Tesla hatte schon seit längerem nach einem Standort für eine „Gigafactory“ für die Herstellung von Batterien und Fahrzeugen in Europa gesucht. Obwohl auch andere Länder Interesse zeigten, hatte Musk zuvor bereits gesagt, dass Deutschland gute Chancen habe.

Im Gespräch waren aber eher andere Bundesländer - unter anderem das Saarland und Niedersachsen. Berlin und Brandenburg waren nicht auf dem Radar. Die geplante Fabrik des Elektroauto-Herstellers Tesla soll nach Angaben aus Brandenburger Regierungskreisen in die Brandenburger Gemeinde Grünheide kommen. Seit rund vier Monaten sei man über den geplanten Standort im Landkreis Oder-Spree im Gespräch, hieß es am Mittwoch. Über den Standort rund 35 Kilometer südöstlich vom Zentrum Berlins hatte der „Tagesspiegel“ berichtet.

„Wir haben den Rohstoff der Zukunft, wir haben erneuerbare Energien in Brandenburg“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Woidke (SPD) am Mittwoch in Potsdam. Das sei im Gespräch mit Tesla-Chef Elon Musk ein entscheidender Vorzug gewesen. „Wir verbinden hier Klimaschutz mit Wirtschaftsstärke und das muss das Signal sein in die ganze Welt.“ Bei elektrischer Leistung aus Öko-Energien pro Einwohner ist Brandenburg bundesweit vorn. Als weitere Vorzüge nannte Woidke die Metropolregion mit Berlin, eine hohe Dichte an Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen - und: „Wir haben Platz.“

Brandenburg hat nach Angaben des Regierungschefs seit fünf bis sechs Monaten mit Tesla verhandelt. „Wir haben verschiedene Standorte angeboten, und die Standortauswahl hat dann Tesla getroffen“, sagte Woidke. Die Ansiedlung „bedeutet eine der größten Investitionen in der Geschichte unseres Landes“. In der Fabrik seien Elektromobilität und die Speicherung von Energie geplant. „Wir haben aber auch, glaube ich, überzeugt mit unserem zurückhaltenden Brandenburger Charme“, sagte Woidke.

„Wir sind bei 95 Prozent der Fragen durch, aber es werden auch noch weitere Fragen geklärt werden müssen“, sagte der Regierungschef. Tesla seien Zusagen für übliche Subventionen im Rahmen des EU-Beihilferechts gemacht worden. Auf die Frage, ob noch ein Risiko bestehe, sagte er mit Blick auf Musk: „Ich habe ihn als sehr verlässlichen Menschen kennengelernt.“

Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hält die Tesla-Pläne für verlässlich. „Nach all den Gesprächen und Kontakten, die stattgefunden haben, gehe ich davon aus, dass dies sehr konkret unterlegt wird mit konkreten Investitionsentscheidungen“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Deutschland habe sich gegen mehrere Staaten durchgesetzt und jetzt Klarheit. „Es ist bisher nicht über Subventionen gesprochen worden“, ergänzte Altmaier. Alle Firmen würden gleich behandelt, und der US-Elektroautobauer wolle auch keine Sonderbehandlung.

Altmaier sagte, hier entstünden zukunftsträchtige Arbeitsplätze, was besonders gut für den Standort Deutschland sei. Für die Elektromobilität und Batteriezellfertigung sei dies ein Meilenstein. Wie viele Jobs genau geschaffen werden sollen, sagte Altmaier nicht.

von Martin Seiwert, Stefan Hajek, Matthias Hohensee, Angelika Ivanov

Tesla hatte schon seit längerem nach einem Standort für eine „Gigafactory“ für die Herstellung von Batterien und Fahrzeugen in Europa gesucht. Obwohl auch andere Länder Interesse zeigten, hatte Musk zuvor bereits gesagt, dass Deutschland gute Chancen habe. Die Fabrik in Deutschland soll nach bisherigen Angaben voraussichtlich Ende 2021 in Betrieb gehen.

Musk twitterte in der Nacht zum Mittwoch, das Model Y solle das erste Fahrzeug aus dem Werk sein. Das Kompakt-SUV auf Basis des jetzigen Tesla-Hoffnungsträgers Model 3 könne nach Einschätzung von Experten zum meistverkauften Fahrzeug der Firma werden. Mit dem Model 3, das in Deutschland aktuell ab einem Preis von gut 44.000 Euro zu haben ist, will Tesla sich einen breiteren Markt erschließen.

Die erste Gigafactory, die bisher nur Batterien produziert, baute Tesla in der Wüste im US-Bundesstaat Nevada. Erst vor Kurzem wurde in weniger als sechs Monaten eine Fabrik in China fertiggebaut. Dort sollen bis zu 150.000 Fahrzeuge pro Jahr gebaut werden, zunächst das Model 3, dann auch das Model Y.

Bilder aus Teslas Riesen-Fabrik
Die Gigafactory in Nevada hingegen umfasst heute bereits 500.000 Quadratmeter an Produktionsfläche auf drei Etagen Quelle: Tesla
Menschen und Roboter arbeiten Hand in Hand. Alles, was für die Akkus und Antriebe gebraucht wird, soll in der Gigafactory unter einem Dach produziert werden. Quelle: Tesla
„Jedes Teil eines Tesla ist so gebaut, dass wir es schnell und sicher verarbeiten können“, erklärt Chefingenieur Chris Lister. Quelle: Tesla
3000 Panasonic-Angestellte arbeiten in der Gigafactory zusammen mit 7000 Tesla-Leuten und gut 2000 Angestellten von Zulieferern und jeder Menge Robotern. Quelle: Tesla
Teslas Gigafactory bedient sich mit großflächigen Solarpaneelen auf dem Dach an der Kraft der Sonne. Quelle: Tesla
Ein Tesla-Mitarbeiter bedient einen Screen an der Produktionsstraße der Batteriefabrik. Quelle: Tesla
Schon jetzt produziert Teslas Gigafactory mehr als 60 Prozent aller Akkuzellen für E-Autos weltweit. Quelle: Tesla

Das Model 3 wird bisher im Tesla-Stammwerk in Fremont im Silicon Valley gebaut. Die Fabrik ist so überlastet, dass Musk eine Fertigungslinie in einem Zelt neben den Werkshallen aufbauen ließ. In Europa montierte Tesla bisher in den Niederlanden einige Fahrzeuge der teureren Modellreihen S und X. Musk stellte aber wiederholt klar, er sehe die Zukunft der Firma vor allem im Model 3 und im Model Y.

Tesla ist ein Vorreiter bei der Elektromobilität, kämpfte aber angesichts teurer und verzögerter Produktions-Anläufe bei neuen Modellen immer wieder mit hohen Verlusten. Zugleich wird praktisch nach jeden Quartalszahlen der Firma diskutiert, ob die Nachfrage nach Elektroautos generell stark genug ist, um Musks ambitionierte Wachstumspläne zu tragen. Auch zeichnet sich wachsende Konkurrenz aus China ab, wo Elektrofahrzeuge massiv vom Staat gefördert werden.

Die Ansiedlung der Fabrik in Deutschland hat auch symbolische Kraft. Tesla wagt sich ins Heimatland der deutschen Premium-Autobauer, die oft um die selben Käufer-Schichten kämpfen - so kommt das Model 3 als direkter Gegenspieler von BMWs 3er-Reihe daher. Die Deutschen sind gerade auch dabei, ein breiteres Angebot an Elektro-Fahrzeugen auf die Beine zu stellen. Tesla kaufte vor drei Jahren den deutschen Maschinenbauer Grohmann, der auf Fertigungslinien spezialisiert ist.

„Für den Autostandort Deutschland ist Musk Ankündigung eine gute Nachricht“, kommentierte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. „Mit der Entscheidung von Elon Musk für Deutschland werden wir gestärkt und die Elektromobilität nimmt mehr Fahrt auf als bei 100 Kanzlergipfeln in Berlin.“ Zugleich zweifelte Dudenhöffer an, ob die Produktion schon 2021 beginnt - Musk müsse mit den Finanzen haushalten und China habe für ihn Vorrang. Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) twitterte: „Wer Visionen hat, kommt nach Berlin! Willkommen in der Metropolregion, Tesla!“

Wie die „Welt“ berichtete, war Musk überraschend zur Verleihung des „Goldenen Lenkrads“ nach Berlin gekommen. Bei einem gemeinsamen Auftritt mit VW-Chef Herbert Diess auf der Preisverleihung zeigte er Verständnis für das ursprüngliche Zögern der deutschen Autobauer bei Elektroantrieben. Es sei schwierig, sich auf eine neue Technologie einzulassen, die sich erst noch bewähren müsse, wenn beträchtliche Ressourcen und Arbeitskraft in traditioneller Technik gebunden seien.

In einem auf Youtube gezeigten Videomitschnitt eines Gesprächs mit Musk während der Veranstaltung sagte Diess, Tesla sei wichtig, um der E-Mobilität zum Durchbruch zu verhelfen: „Elon zeigt, dass es funktioniert.“ Elektroautos seien sei nichts, vor dem man Angst haben müsse. „Ich bin froh, dass Elon uns antreibt.“ Der Tesla-Chef lobte im Gegenzug die deutsche Ingenieurskunst. Das sei auch ein Grund, warum Tesla ein Werk in Deutschland ansiedeln wolle. „Wir werden definitiv schneller sein müssen als der Flughafen“, sagte Musk in Anspielung auf die Verzögerungen beim Bau des Hauptstadtflughafens BER.

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