276.000 Vorbestellungen in nur drei Tagen, über 325.000 bislang – beeindruckende Zahlen, die danach klingt, als sei der kalifornische Elektroautobauer Tesla im Massenmarkt angekommen. Das neue Model 3, das frühestens 2017 ausgeliefert wird, soll rund 31.000 Euro kosten – ein durchaus konkurrenzfähiger Preis.
Die Nachricht des großen Interesses am neuen Elektroauto wurde schnell ergänzt mit Hinweisen darüber, dass Tesla die versprochenen Stückzahlen im versprochenen Lieferzeitraum zum versprochenen Preis nicht wird halten können. Die Süddeutsche Zeitung vermutet höhere Preise und schreibt: „Bislang ist das Unternehmen nicht nur ein innovativer Auto- und Batterienbauer, sondern auch eine gut funktionierende Geldverbrennungsanlage.“ Das Handelsblatt zitiert Brian Johnson, Autoexperte der britischen Bank Barclays, der vor einer „Atmosphäre wie am Schwarzen Freitag“ warnt und auf eine mögliche Blase hinweist.
Ausgerechnet Norwegen
So skeptisch mancher Experte ist – die Verbraucher nehmen die aktuellen Meldungen über Tesla positiv wahr. Betrachten wir im Buzz des YouGov-Markenmonitors BrandIndex die Daten der vergangenen Woche, führt Tesla derzeit mit großem Abstand vor allen anderen. Keine Automarke ist in Deutschland derzeit unter den jeweiligen Kennern der Marke so positiv im Gespräch wie der kalifornische Elektroautobauer.
Dass ein hochwertiges, elektrisch betriebenes Auto zu einem Preis eines gut ausgestatteten VW Passats verkauft werden soll, scheint die Verbraucher zu interessieren: 19 Prozent aller Deutschen haben aktuell etwas über Tesla wahrgenommen. Das sind mehr Nennungen als etwa BMW (die gerade mit viel Bohei Geburtstag feierten), Audi und Opel erreichen.
Im Heimatland USA ist das ähnlich: Verbraucher, die die Marke kennen, bewerten die Nachrichten als sehr positiv, keine andere Marke ist in der Wahrnehmung der Verbraucher noch stärker im öffentlichen Gespräch. Ausgerechnet in Norwegen aber, wo Tesla wegen der staatlichen Subventionen für Elektrofahrzeuge schon weit verbreitet ist, hat es Tesla derzeit schwer. Über mehrere Wochen war der Buzz sogar im negativen Bereich. Mitverantwortlich dafür könnten wohl Pläne der Regierung sein, Subventionen zu kürzen beziehungsweise Steuern für Elektroautos zu erhöhen. Und dann ist in Norwegen kürzlich auch noch ein Tesla S-Modell in die Schlagzeilen geraten, weil es beim Ladevorgang Feuer fing.
Die Tesla-Chronik
Zwei Teams um den US-Ingenieur Martin Eberhard und den Milliardär Elon Musk entwerfen die Vision eines Elektrofahrzeugs, das mit Akkus angetrieben wird. Auf der Basis des Prototyps T-Zero. Neben Musk stecken auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page und der eBay-Gründer Jeff Skoll Geld in das Projekt.
Drei Jahre arbeitet Tesla am ersten Modell, im Juli 2006 stellt das Unternehmen den Roadster vor. Der zweisitzige Sportwagen auf der Basis des britischen Leichtgewicht-Roadster Lotus Elise verfügt über einen 215 kW (292 PS) starken Elektromotor, der seine Energie aus 6.831 Lithium-Ionen-Notebook-Akkus bezieht.
Im August 2007 tritt der damalige CEO Martin Eberhard zurück, im Dezember 2007 verlässt er das Unternehmen komplett. Am Ende landet der Streit der Gründer fast vor Gericht – bis eine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann.
Musks finanzielle Mittel alleine reichen zum Wachstum nicht mehr aus. Mit Daimler und Toyota steigen zwei große Autokonzerne bei Tesla ein. Trotzdem schreibt das Unternehmen weiterhin Millionenverluste.
Lange war der Bau einer eigenen Limousine unter dem Codenamen „WhiteStar“ geplant. Auf der IAA in Frankfurt feiert das Model S, eine 5-sitzige Limousine die Premiere. Anfangs übernimmt Lotus die Fertigung. Ab 2011 wird das Modell in einer ehemaligen Toyota-Fabrik in Freemont gebaut. Pro Jahr werden zunächst 10.000 Modelle gefertigt.
Tesla erhält vom US-Energieministerium einen Kredit über 450 Millionen Dollar. Das Geld investiert das Unternehmen in den Aufbau einer eigenen Fertigung.
Musk wagt den Börsengang. Mit einem Ausgabepreis von 17 Dollar geht der Elektrohersteller in den Handel – und macht den Gründer wieder reich. Über Nacht erreicht erreichen die Anteile von Musk einen Wert von 650 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Gewinne gemacht hat.
Tesla veröffentlicht Pläne einen eigenen SUV an den Start zu bringen. Das Model X soll im Sommer 2015 erstmals ausgeliefert werden und die Modellpalette von Tesla erweitern. Am Ende verzögern sich die Pläne, die Produktion des Model X läuft erst im Herbst an – und das nur schleppend.
Endlich schreibt Tesla schwarze Zahlen. Auch den Millionenkredit des Staats zahlt das Unternehmen neun Jahre früher als es nötig gewesen wäre. Mit der Ausgabe neuer Aktien und Anleihen nimmt das Unternehmen rund eine Milliarde Dollar ein. Der Aktienkurs des Unternehmens beläuft sich mittlerweile auf 147 Dollar. Damit ist das Unternehmen an der Börse mehr wert als Fiat.
Im Mai haben die Bauarbeiten in Reno, Nevada, für die weltgrößte Batteriefabrik begonnen. Hier will Tesla nicht nur die Akkus für seine Elektroautos und auch sogenannte "Powerwalls" für den Hausgebrauch montieren, sondern auch die Batteriezellen selbst aus Rohstoffen herstellen. Das Investitionsvolumen beträgt fünf Milliarden Dollar, als Partner ist Panasonic mit im Boot.
Tesla gibt Pläne bekannt, mit dem Model 3 ein kompaktes Auto für den Massenmarkt auf den Markt bringen zu wollen. Der Wagen, der rudimentär erstmals im März 2016 gezeigt wurde, soll rund 35.000 Dollar kosten und soll über eine Reichweite von 320 Kilometern (200 Meilen) verfügen.
Nach der Vor-Premiere des Model 3 im März steht zur Jahresmitte ein weiterer Meilenstein an: In der Gigafactory werden die ersten Batteriezellen gefertigt. Diese sind zwar vorerst für die PowerWall-Heimakkus gedacht, bringen das Unternehmen aber einen Schritt näher an die Massenfertigung des Model 3.
Ende Juni 2017 übergibt Tesla die ersten 30 Model 3 an ihre Besitzer übergeben - allesamt sind Tesla-Beschäftigte. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestellungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.
Tesla erreicht am 1. Juli das Produktionsziel für seinen Hoffnungsträger Model 3. In den sieben letzten Tagen des zweiten Quartals seien 5031 Fahrzeuge hergestellt worden, teilt der Konzern. Vom Erfolg der Serienfertigung beim Model 3 hängt ab, ob sich Tesla mit seinen 40.000 Beschäftigten vom unrentablen Nischenplayer zum profitablen Hersteller wandeln kann.
Noch so jung – und schon eine Marke
Doch trotz punktueller Rückschläge und prognostizierter Produktionsschwierigkeiten: Tesla hat sich bereits als Marke etabliert. In den USA erreicht Tesla im Index unter den Kennern der Marke derzeit +14 Punkte. Der Index fasst mehrere Kategorien wie Qualitätswahrnehmung oder Arbeitgeberimage zusammen und ist daher die aussagekräftigste Beschreibung der Beliebtheit einer Marke. +14 Punkte sind noch nicht spitze – Toyota und Honda liegen bei +41 beziehungsweise +39. Doch beliebter als die traditionsreiche Automarke Dodge ist Tesla schon.
Auch in Deutschland hat Tesla eine gute Ausgangslage. Unter den Markenkennern werden im Index aktuell schon +14 Punkte erreicht.