Britische Nobelmarken Der fast unheimliche Erfolg von Jaguar Land Rover

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Der Untergang des Abendlands

An den derzeitigen Höhenflug von Jaguar und Land Rover hat zu Beginn des Jahrtausends wohl kaum jemand geglaubt. BMW schloss das Abenteuer bei Rover 1999 mit dem Rekordverlust von umgerechnet 2,5 Milliarden Euro ab, Vorstandschef Bernd Pischetsrieder musste in München wegen des Desasters auf der Insel seinen Posten verlassen.

Auch Ford scheiterte an dem Versuch, Jaguar, Aston Martin und Volvo zu sanieren. Alle drei Marken hat der Weltkonzern inzwischen verkauft – und allen geht es seitdem deutlich besser.

Als die beiden britischen Marken im Jahr 2008 unter ein Dach zusammengeführt wurden, sah das für viele Branchenbeobachter immer noch nicht nach der Erfolgsgeschichte aus. Dass sich das geändert hat, verdankt das Unternehmen vor allem zwei Männern: Der deutsche CEO Ralph Speth brachte die beiden Autobauer mit einer grundlegenden Neuausrichtung wieder auf Kurs. Und der indische Großindustrielle Ratan Tata finanzierte Speths Vorhaben.

Der Aufschrei war groß, als ausgerechnet ein Inder die britischen Auto-Ikonen übernahm. Ein Industriemagnat aus dem Auto-Entwicklungsland Indien soll das schaffen, woran BMW und Ford gescheitert waren? Das klang in den Ohren britischer Auto-Enthusiasten nach dem Untergang des Abendlands.

Doch sechs Jahre später sind die Kritiker still. Die Briten übertreffen andere Premiumgrößen wie Audi, Mercedes und BMW bei der Umsatzrendite. Jaguar Land Rover kommt bei der wichtigen Kenngröße auf rund 14 Prozent, die deutschen Hersteller kämpfen um die Zweistelligkeit. Nur Porsche liegt schier uneinholbar vorne. „Die derzeit hohe Marge wird mit kleineren Autos nicht zu halten sein, aber wegen des zu erwartenden großen Absatzwachstums wird der voraussichtlich absolute Gewinn steigen – und das zählt am Ende“, sagt NordLB-Mann Schwope.

Privatkredit stellte in der Krise die Banken still

Auf dem Weg zum heutigen Erfolg war eine Entscheidung des 76-jährigen Inders besonders wichtig. „Tata hat die Marken gekauft, um sie zu besitzen, nicht um sie zu führen“, sagt Deutschland-Chef Modelhart. Als es kurz nach der Übernahme brenzlig wurde, stellte Tata die Banken mit einem Privatkredit in Höhe von 1,5 Milliarden Euro still.

Doch anstatt sein Kapital möglichst schnell wiederzubekommen, begnügt er sich mit einer relativ bescheidenen Rendite. Im Rekord-Geschäftsjahr 2013/2014 zahlte Jaguar Land Rover bei einem operativen Ergebnis von rund 3,4 Milliarden Pfund eine Dividende von nur 150 Millionen Pfund an seinen Eigentümer aus.

So bleibt ein Großteil der Gewinne im Unternehmen. Dieses Geld kann Speth in Werke wie das neue Motorenwerk in South Staffordshire oder neue Modelle investieren – zum Beispiel das Kompakt-SUV Range Rover Evoque. Das Modell kam 2011 auf den Markt und sollte mit seinen großstadttauglichen Abmessungen das Angebot neben dem wuchtigen Range Rover samt immer noch stattlichen Sport-Ableger nach unten erweitern – und schlug am Markt ein.

Während der Absatz der Marken Land Rover und Jaguar relativ konstant auf inzwischen 118.000 und 79.000 Fahrzeuge gewachsen ist, hat sich der Range-Rover-Absatz seit 2010 auf inzwischen 233.000 Geländewagen mehr als vervierfacht. Der Evoque hat mit alleine 121.000 Einheiten mehr Verkäufe erzielt als die Land Rover-Modelle Defender, Discovery und Freelander zusammen. Jetzt sollen die Marken Land Rover mit dem Discovery Sport und Jaguar mit dem XE dem Vorbild Evoque nacheifern – zumindest bei den Verkaufszahlen.

Damit hat der Evoque auch ganz entscheidend dazu beigetragen, den Gesamtabsatz aller drei Marken in den vergangenen fünf Jahren mehr als zu verdoppeln, auf zuletzt 435.000 Autos. In der Branche mehren sich die Stimmen, die an einen weiteren Erfolg der Briten glauben. Selbst der sonst kritische Analyst Max Warburton von Bernstein Research geht davon aus, dass Jaguar Land Rover schon 2018 rund 800.000 Autos verkaufen wird – was nochmals einer Verdopplung entspricht.

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