Die Coronakrise bringt den chinesischen Elektroautobauer Byton in Bedrängnis. Die vor drei Jahren mit ehrgeizigen Expansionsplänen gegründete Firma kündigte am Dienstag an, die Produktion ab 1. Juli für sechs Monate auszusetzen, um sich neu aufzustellen. „Die neue Coronapandemie hat die Finanzierung und den Produktionsbetrieb von Byton vor große Herausforderungen gestellt“, erklärte das Unternehmen, zu dessen Investoren der staatliche Autohersteller FAW und der Batteriehersteller CATL gehören. Man habe sich nach Abstimmung mit den Aktionären daher entschlossen, einen Plan zur Senkung der Personalkosten und zur strategischen Neuorganisation auf den Weg zu bringen.
Erst im April hatte der Branchendienst Electrek berichtet, dass Byton Hunderte Mitarbeiter in Santa Clara im US-Bundesstaat Kalifornien in Zwangsurlaub geschickt habe.
Byton zeigte noch kurz vor der Coronakrise zu Jahresanfang, dass der E-Autobauer viele Pfeile im Köcher hat: Der Konzern, der sich selbst lieber als Start-up bezeichnet, erfreute sich bislang der Rückendeckung chinesischer Behörden. Byton hat den deutschen Autobauern – ebenso wie zuvor Tesla – nicht den Gefallen getan, einfach pleite zu gehen. Im Gegenteil: Die milliardenteure, 800.000 Quadratmeter große Fabrik im chinesischen Nanjing wurde zum Jahresanfang 2020 fertig. „Unser Werk in Nanjing wird, genau wie Teslas Gigafactory One in Nevada, neben Batterien für Autos auch solche Heimspeicher herstellen“, pries Byton-Chef Daniel Kirchert Anfang des Jahres gegenüber der WirtschaftsWoche das Projekt an.
Byton wurde im September 2017 von Future Mobility aus der Taufe gehoben, einem Unternehmen, das von ehemaligen BMW- und Nissan-Managern mitgegründet wurde. Byton gehört zu einer Reihe von neu gegründeten Tesla-Herausforderern, mit denen China eine eigene E-Autoindustrie aufbauen will. Dabei wurde dem Start-up aus Nanjing als einem der wenigen zugetraut, auch außerhalb Chinas Fuß zu fassen. Auf mehreren Automessen, zuletzt bei der IAA vergangenes Jahr in Frankfurt, trommelte das Management für den Elektro-SUV M-Byte.
Im Sommer 2019 hatte es dennoch erstmals Gerüchte um Finanzierungsengpässe gegeben; sogar über ein mögliches Ende des Unternehmens war spekuliert worden, nachdem der Co-Gründer Carsten Breitfeld, ein Ex-BMW-Manager, Byton in Richtung Faraday Future verlassen hatte. Dann konnte Byton neue Geldgeber finden. Erstmals kamen zum Jahreswechsel in der dritten Finanzierungsrunde nicht-chinesische Geldgeber mit an Bord, aus Japan und Südkorea.
Sie sollten mindestens eine halbe Milliarde Dollar, eingerechnet nicht-monetärer Hilfen von chinesischen Regionen, Städten und anderen staatlichen Stellen „wahrscheinlich deutlich mehr“ einbringen, sagte der Byton-Chef der WirtschaftsWoche Anfang des Jahres. Noch in diesem Jahr sollten die ersten Exemplare des ersten Modells der Marke, das SUV M-Byte, bei chinesischen Kunden stehen. Anfang 2021 sollte Kalifornien folgen. Europa war für Ende 2021 geplant.





Er sei „zu einhundert Prozent sicher“, dass Byton diese ehrgeizigen Ziele halten werde, sagte Kirchert noch im Januar. Diese Ziele sind nun überholt. Wie es nun genau weitergehen soll, dazu schwieg man sich bei Nanjing zunächst aus. Sam Abuelsamid, Principal Auto Analyst bei Navigant Research, sagte dem Branchenportal electrive.net, es sei möglich, dass ein großes chinesisches Unternehmen sich bei Byton einkaufe und die Produktion doch noch starte, da eine beinahe voll funktionsfähige Fabrik zur Verfügung stehe. Aber: „Ich würde kein Geld darauf setzen“, schränkte er dem Bericht nach ein.
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