Carsharing Wie der Preiskampf Carsharer ruiniert

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Finanziell erfolgreich sind nur wenige

Der Erfolg hängt nicht zuletzt auch von den angebotenen Fahrzeugen ab. Der neue Smart, den Car2Go in die Flotten eingeführt hat, überzeugt durch einen Wendekreis mit einem Durchmesser von sieben Metern. DriveNow hat zuletzt den attraktiven Elektrowagen i3 in ausgewählte Städte gebracht – und der Mini ist bei der jungen Zielgruppe ohnehin sehr beliebt. Dagegen wirken andere Anbieter mit Kleinwagen von Alfa Romeo, Toyota oder Kia eher überholt.

Das gilt auch für die Citroën von Multicity, der Carsharing-Tochter des französischen Autokonzern PSA. Zwar fahren die Autos in Berlin – ihrem einzigen Markt – rein elektrisch, doch gegenüber seinen Wettbewerbern fallen die Franzosen zurück. So kam eine Studie der WirtschaftsWoche schon 2014 zu dem Ergebnis, dass die Erlöse pro Auto bei Multicity nur ein Drittel so hoch sind wie bei DriveNow. In der Branche hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Carsharing-Tochter nicht mehr lange durchhalten wird.

Auch das Citroën-Carsharing wackelt

Das Problem: Der Preiskampf ist groß. Wer mehr Geld verlangen will, muss auch mehr bieten – eben BMW statt Kia. Auch sogenannte Freefloat-Anbieter wie Car2Go müssen sehr effizient kalkulieren, um annähernd kostendeckend zu arbeiten. So haben die Stuttgarter im vergangenen Jahr ihr Geschäftsgebiet in Berlin und Düsseldorf verkleinert. Da die Auslastung am Stadtrand zu niedrig war, wurden ganze Viertel einfach von der Karte genommen.

Weil die Autobauer ihre Carsharing-Töchter als Teil ihres strategischen Wandels hin zu einem ganzheitlichen Mobilitätskonzern sehen, wird der ein oder andere Verlust wohl oder übel mitgetragen – den Marketing-Effekt will auch kein Automanager mehr missen. Einem Finanzinvestor, der mehr auf Rendite als auf Marketing aus ist, geht die Geduld bedeutend früher aus.

Durchschnittlicher Erlös pro Carsharing-Fahrzeug

Einer der wenigen auch finanziell erfolgreichen Anbieter ist DriveNow. Inzwischen kommt das Unternehmen, das in fünf deutschen und vier europäischen Städten präsent ist, auf mehr als 580.000 registrierte Kunden. Im vergangenen Jahr startete die Tochter von BMW und Sixt in Kopenhagen und Stockholm. Das Deutschland-Geschäft ist inzwischen profitabel. „Vor allem Berlin läuft überdurchschnittlich gut“, sagt eine Sprecherin. In allen Städten steige die Zahl der Kunden.

Der Erfolg hat sich inzwischen herum gesprochen. Musste DriveNow bis vor Kurzem bei den Stadtverwaltungen noch in Bittstellung gehen, um das eigene Modell vorzustellen und um attraktive Parkkonditionen zu feilschen, kommen heute die Städte von sich aus auf die Münchener zu. „Es gibt ein reges Interesse an unserem Angebot“, heißt es bei DriveNow. „Immer mehr Städte aus Europa wünschen sich, dass wir auch in ihrer Region Carsharing anbieten.“ Studien hätten belegt, dass nicht nur stationäres Carsharing, sondern auch One-Way-Fahrten den Stadtverkehr dauerhaft reduzieren.

Wie sich Carsharing auf die Nutzung anderer Verkehrsmittel auswirkt

Interessiert sind die Kommunen auch deshalb, weil DriveNow inzwischen zu den Vorreitern der Elektromobilität gehört. Jedes fünfte Fahrzeug bei DriveNow wird bereits elektrisch betrieben. In Kopenhagen beispielsweise besteht die Flotte komplett aus Stromern. Das Unternehmen setzt dort ausschließlich den i3 ein. Allerdings erhöht dies die Kosten für das Unternehmen. Die Auslastung der Elektrofahrzeuge liegt einerseits leicht unter den Werten bei den Verbrennern. Andererseits steigt der Aufwand für die Techniker. „Die mangelnde Ladeinfrastruktur in den Städten ist immer noch ein Problem“, so die Sprecherin. „Wir stehen mit den Städten in Gesprächen, um die Situation zu verbessern.“

DriveNow will weiter kräftig wachsen. In diesem Jahr sollen weitere Städte in Europa hinzu kommen. Anders als Car2Go setzen die Münchener aber auf vorsichtiges Wachstum. So werde zwar bald schon der Start einer zehnten Stadt gefeiert, doch Car2Go ist weltweit bereits in 31 Städten präsent. Erkennbar ist auch, dass DriveNow die Geschäftsgebiete, in denen die Autos abgestellt werden dürfen, in der Vergangenheit meist kleiner gezogen hat als bei Car2Go. Die Stuttgarter setzen eher auf Trial and Error: Wenn nötig, werden Stadtviertel wieder aus dem System genommen.

Auch Citee Car hatte 2013 sein Angebot in Potsdam bereits nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Die Auslastung war zu niedrig, die Autos konnten im benachbarten Berlin besser gebraucht werden. Dieser zwischenzeitliche Dämpfer konnte den Optimismus von Citee-Car-Gründer Mariani nicht dämpfen: „Bis 2020 werden nach Schätzung des Carsharing-Branchenverbandes BCS zwei Millionen Menschen in Deutschland Carsharing nutzen. Vielleicht schaffen wir sogar noch mehr!“

Dieser Traum ist ausgeträumt. Für die 25 Angestellten, die jetzt ihren Job verlieren, wird das auch kein Trost sein.

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