




Audi will trotz der aktuellen Absatzkrise in China sein Modellangebot in der Volksrepublik stark ausweiten. Die Zeitung "China Daily" zitiert den scheidenden Audi-China-Chef Dietmar Voggenreiter, dass "nahezu das gesamte Audi-Produktportfolio von 60 Modellen bis etwa zum Jahr 2020" auch in China erhältlich sein soll. Im Moment verkaufen die Ingolstädter im Reich der Mitte 37 Modelle.
Alleine im Juli musste Audi in seinem größten Einzelmarkt einen Absatzrückgang von 12,5 Prozent auf 42.267 Einheiten verzeichnen und die Jahresprognose von 600.000 Fahrzeugen auf das Vorjahresniveau von 579.000 verkauften Autos senken. Das propagierte Ziel für das Jahr 2020 bleibt laut Voggenreiter aber unangetastet. "Wir sind gut vorbereitet für unseren 700.000-Einheiten-Plan", sagte der langjährige Chef von Audi China. "Wir haben einige gute Autos in der Pipeline. Wir sind für den chinesischen Markt mittel- und langfristig sehr zuversichtlich."
Einzig Konkurrent Daimler konnte in China zuletzt noch wachsen, allerdings ist das Geschäft der Stuttgarter in Fernost deutlich schwächer als bei Audi, Volkswagen oder BMW. Laut dem chinesischen Branchenverband CAAM wurden im ersten Halbjahr 11,85 Millionen Fahrzeuge verkauft, ein für chinesische Verhältnisse kleines Plus von 1,4 Prozent. Auch für das Gesamtjahr ist der Herstellerverband weniger optimistisch: Das Wachstum soll nur noch bei drei statt der bislang erwarteten sieben bis acht Prozent betragen.
Neue Volumenmodelle kommen erst 2016
Voggenreiter führt das geringere Wachstum größtenteils auf den sich verlangsamenden Gesamtmarkt zurück. Im Falle von Audi komme hinzu, dass derzeit keine neuen Volumenmodelle auf den Markt kommen würden – sondern nur Nischenfahrzeuge wie das Coupé TT, die Plug-in-Hybrid-Version des bereits erhältlichen A3, oder der A6 Allroad.
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Fahrzeugproduktion und -absatz in China seit 2008
Produktion: 6,74 Millionen Autos und 2,56 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 6,76 Millionen Autos und 2,63 Millionen Nutzfahrzeuge
Quelle: Statista.de
Produktion: 10,38 Millionen Autos und 3,41 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 10,33 Millionen Autos und 3,31 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 13,9 Millionen Autos und 4,37 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 13,76 Millionen Autos und 4,3 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 14,49 Millionen Autos und 3,93 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 14,47 Millionen Autos und 4,03 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 15,52 Millionen Autos und 3,75 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 15,5 Millionen Autos und 3,81 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 18,09 Millionen Autos und 4,03 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 17,93 Millionen Autos und 4,06 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion: 19,92 Millionen Autos und 3,8 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz: 19,7 Millionen Autos und 3,79 Millionen Nutzfahrzeuge
Produktion (Januar-März): 5,31 Millionen Autos und 0,89 Millionen Nutzfahrzeuge
Absatz (Januar-März): 5,31 Millionen Autos und 0,85 Millionen Nutzfahrzeuge
Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung im September stellt Audi die neue Generation des Mittelklasse-Modells A4 vor. Diese dürfte aber nicht vor Jahresbeginn 2016 in China auf den Markt kommen. Das wird Voggenreiter allerdings nicht mehr in China erleben – er wechselt zum Jahresende 2015 auf eine noch nicht genauer festgelegte Position zurück nach Ingolstadt. Sein Nachfolger wird Joachim Wedler, der bislang die Planung der Modellreihen verantwortet.
Ob Audi das Ziel von 700.000 Einheiten nur mit neuen Modellen erreichen kann, ist unklar. Mit den bereits erhältlichen 37 Modellen decken die Ingolstädter das Spektrum vom Kleinwagen A1 bis hin zur Luxuslimousine A8 schon heute ab – darunter speziell für China entwickelte Langversionen der Limousinen von A4 und A6, die im Rest der Welt nicht angeboten werden. Nicht erhältlich sind etwa die Kombi-Versionen von A4 und A6 oder die dreitürige Variante des A3, da diese Karosserieformen in China bislang kaum nachgefragt wurden.
Die Krisenszenarien der deutschen Autobauer
Eine globale Finanzkrise vergleichbar mit der Krise von 2008/2009 trifft die globalen Automobilhersteller. Innerhalb weniger Wochen brechen die Autoverkäufe auf den wichtigsten Automobilmärkten USA, Europa und China um etwa 20 Prozent ein. Dadurch verschärfen sich auch die Kreditbedingungen erheblich. Auch das folgende Jahr lässt zunächst keine Erholung erwarten.
Szenario: Globaler Absatzrückgang um 20 Prozent
- 2.000.000 verkaufte Fahrzeuge weniger weltweit
- 750.000 davon in Deutschland
- bis 50.000 betroffene Arbeitsplätze in Deutschland
Fazit: Sehr verletzlich
Quelle: Center of Automotive Management
Szenario: Globaler Absatzrückgang um 20 Prozent
- 400.000 verkaufte Fahrzeuge weniger weltweit
- 200.000 davon in Deutschland
- bis 15.000 betroffene Arbeitsplätze in Deutschland
Fazit: Verletzlich
Szenario: Globaler Absatzrückgang um 20 Prozent
- 430.000 verkaufte Fahrzeuge weniger weltweit
- 200.000 davon in Deutschland
- bis 12.000 betroffene Arbeitsplätze in Deutschland
Fazit: Weniger verletzlich
Der chinesische Pkw-Markt bricht in Folge von wirtschaftlichen Problemen – denkbare wäre das Platzen einer Immobilienblase – innerhalb eines Jahres um drastische 20 Prozent ein und bleibt ein volles Jahr 20 Prozent niedriger als im Vorjahr. Die Aussichten für das nächste Jahr lassen ebenfalls keine Erholung erwarten.
Szenario: Absatzrückgang um 20 Prozent in China
- 750.000 verkaufte Fahrzeuge weniger weltweit
- 650.000 weniger produzierte Autos in China
- bis 8.000 betroffene Arbeitsplätze in Deutschland
Fazit: Sehr verletzlich
Szenario: Absatzrückgang um 20 Prozent in China
- 60.000 verkaufte Fahrzeuge weniger weltweit
- 35.000 weniger produzierte Autos in China
- bis 1.500 betroffene Arbeitsplätze in Deutschland
Fazit: Weniger verletzlich
Szenario: Absatzrückgang um 20 Prozent in China
- 100.000 verkaufte Fahrzeuge weniger weltweit
- 60.000 weniger produzierte Autos in China
- bis 1.700 betroffene Arbeitsplätze in Deutschland
Fazit: Weinger verletzlich
Neue oder bisher branchefremde Unternehmen wie Tesla, Google oder Apple gewinnen im Zuge der schnellen Durchsetzung der Elektromobilität und des vernetzten sowie autonomen Fahrens an Bedeutung und bedrohen mit ihren Geschäftsmodellen die etablierten Hersteller.
- Mittel bis wenig innovativ mit Blick auf radikale Veränderungen
- Mittelgroße Kompetenz bei Elektro- und Hybridfahrzeugen
- Sehr hohe Kompetenz bei vernetztem Fahren
- Kaum Erfahrung mit Mobilitätskonzepten
Fazit: verletzlich
- Mittel innovativ mit Blick auf radikale Veränderungen
- Mittelgroße Kompetenz bei Elektro- und Hybridfahrzeugen
- Sehr hohe Kompetenz bei vernetztem Fahren
- Erste Erfahrung mit Mobilitätskonzepten (Car2Go, Moovel)
Fazit: Weniger verletzlich
- Mittel bis sehr innovativ mit Blick auf radikale Veränderungen
- Mittlere bis sehr große Kompetenz bei Elektro- und Hybridfahrzeugen
- Sehr hohe Kompetenz bei vernetztem Fahren
- Erste Erfahrung mit Mobilitätskonzepten (DriveNow)
Fazit: Kaum verletzlich
Das wird sich aber in der Erwartung von Audi bald ändern. "Wir werden eine weitere Segmentierung in China in mehr Nischen und Konzepte sehen", so Voggenreiter gegenüber der "China Daily". "Es wird nicht weiter ein reiner Limousinen-Markt bleiben. Es ist mir klar, dass der chinesische Markt in Zukunft immer ausgefeilter wird."
Zählte in Chinas Premium-Markt bislang vor allem Größe, bevorzugen Großstädter inzwischen kleinere Autos. Deshalb werde das Kompaktwagen-Segment stärker wachsen als das für Mittel- oder Oberklasse-Modelle, so Voggenreiter. Das Potenzial für Premium-Marken sei aber weiter groß: In China liegt ihr Marktanteil derzeit bei rund neun Prozent. In den westlichen Märkten sind es 15 bis 20 Prozent – ein Niveau, das Experten langfristig auch in China für realistisch halten.