Corsa-e vorgestellt Opel will den Corsa zum „E-Auto für viele“ machen

Opel stellt den Corsa-e vor Quelle: Opel

Die deutsche Autobranche hat den Kurs auf E-Mobilität umgestellt. Auch Opel zieht mit. Der Corsa-e soll den Markt durchwirbeln. Kein Auto „für wenige, sondern Elektromobilität für viele“ ist das Ziel.

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120 Jahre wird der Autobauer Opel dieses Jahr. Vier Jahre nach dem Tod des Firmengründers Adam Opel startete seine Witwe 1899 auf den Rat ihrer Söhne die Automobilproduktion. Das erste Auto, das damals in Rüsselsheim am Main aus der Werkstatt fuhr, war der handgefertigte Opel Patentmotorwagen „System Lutzmann“. Zehn Jahre später präsentiert Opel mit dem „Opel Doktorwagen“ seinen ersten hochmodernen Kleinwagen zum Kampfpreis und lässt damit ein neues Zeitalter anbrechen.

Wiederrum 110 Jahre später stellt der Autobauer, heute unter dem französischen Mutterkonzern PSA, seinen vollelektrischen Kleinwagen Corsa vor. Für Opel soll auch das der Anbruch eines neuen Zeitalters sein. Mit dem Opel Corsa-e werde die E-Mobilität ab 2019 weiteren Schub bekommen, verspricht Opel – „raus aus der Nische, rauf auf die Straße“. Opel ist nicht Vorreiter der Elektromobilität, aber immerhin Mitläufer. Die Rüsselsheimer sorgten zwar mit dem Ampera-e auf dem Pariser Salon 2016 für eine gewisse Aufmerksamkeit. Gänzlich überzeugen konnte der aber nicht.

Nun ist die Zeit für die Elektromobilität endgültig reif, ist man sich bei Opel sicher. „Wir wissen alle, dass Elektromobilität früher oder später die Norm sein wird“, sagt Opel-Chef Michael Lohscheller bei der Vorstellung des Corsa-e. Das sieht die Konkurrenz genauso. BMW hat mit seinem i3-Modell eins der beliebtesten Elektroautos Deutschlands auf dem Markt und will seine Elektro-Offensive bis 2020 massiv beschleunigen. Daimler startete mit dem EQC seine Jagd auf Tesla. Und spätestens seit VW seine große Elektro-Wende verkündete (schon 2025 sollen 15 bis 20 Prozent der VW-Flotte elektrifiziert sein), steht die E-Mobilität endgültig im Fokus der deutschen Branchenvertreter. Die Wolfsburger stellten kürzlich ihren vollelektrischen ID.3 vor und starteten damit ihre Mega-Kampagne für ihre Elektro-Modellreihe ID.

„Nun beginnt für die gesamte Autoindustrie eine Ära der Massen-Elektrifizierung“, beschreibt es Lohscheller. Und sein Autobauer soll dem in nichts nachstehen. Opel will bis 2024 sein Portfolio komplett elektrifiziert haben. Opel wird dann nicht ausschließlich Stromer verkaufen, aber jedes Opel-Modell soll in einer elektrischen Version bestellbar sein.

Die Vorstellung des Opel Corsa-e fällt an diesem Tag nicht zufällig mit der Vorstellung der neuen Elektro-Strategie der Rüsselsheimer zusammen. Den Elektro-Umbruch, den Opel forcieren will, mit dem der Autobauer den Markt verändern möchte, soll vor allem im Preis begründet sein. Opel will einen „Opel Doktorwagen“ des 21. Jahrhunderts: einen hochmodernen Kleinwagen zum Kampfpreis – nur diesmal mit Elektromotor. Der vollelektrische Corsa sei kein Elektroauto „für wenige, sondern erstmals Elektromobilität für viele, ganz im Sinne der Marke Opel. ‚Hightech für alle‘ ist unser Mantra“, beschrieb Opel-Chef Lohscheller im Februar im WiWo-Interview seine Vorstellung von der neuen Kleinwagenvariante. Preislich kratzt der Corsa-e an der 30.000-Euro-Marke: 29.900 Euro schreibt Opel als Basispreis auf das Modell „Selection“. „Und lassen Sie mich gleich eines hinzufügen“, bittet Lohscheller. „Für diesen Preis bekommen Sie kein nacktes Auto.“ Der Opel-Chef meint damit, dass der Corsa-e Selection etwa schon mit elektrischen Bremsen, intelligenter Geschwindigkeitsanpassung und einem automatischen Notfallbremssystem ausgerüstet sein wird. Die nächsthöhere Ausstattung heißt „Edition“ und die gibt es ab 30.650 Euro. Die Vollausstattung nennt Opel „First Edition“. Dieses Modell bieten die Rüsselsheimer für 32.900 Euro an.

Damit bewegt sich Opel rund um die magische 30.000-Euro-Marke. Die Preisstruktur der bisherigen Elektroautos der Branchenriesen liegt nahezu ausnahmslos jenseits dieser Grenze: BMW liegt bei seinem i3 bei einem Listenpreis von 38.000 Euro, Teslas Model 3, als günstigstes Modell, gibt es ab 44.500 Euro. Daimler, Audi und Co. preisen ihre E-Auto-Modelle noch höher ein. Lediglich VW will seinen ID.3 in der günstigsten Variante für eine Summe knapp unter 30.000 Euro anbieten – gemunkelt werden 29.990 Euro. Also ähnlich wie Opel.

So sieht der Corsa mit Elektroantrieb aus
Den neuen Opel Corsa stellt Opel zunächst in seiner rein elektrisch angetriebenen Version Corsa-e vor Quelle: Opel
Bei der wichtigsten Währung für E-Autos, der Batteriegröße, kann sich der auf 4,06 Meter Länge gewachsene Kleinwagen durchaus sehen lassen: Der 50-Kilowattstunden-Akku erlaubt eine Reichweite im WLTP-Zyklus von 330 Kilometer. Kurz kann hingegen die Ladezeit ausfallen, denn Highspeed-Charging soll eine 80-Prozent-Ladung in 30 Minuten erlauben. Zur Wahl stehen drei Fahrmodi. Für maximale Reichweite gibt es Eco, wer es flotter mag, kann alternativ zwischen Normal oder Sport wählen. Quelle: obs
Im Unterboden des Corsa-e steckt eine 50 kWh große Batterie Quelle: Opel
 Den Corsa kann man künftig auch mit digitalem Cockpit bekommen Quelle: Opel
Nur 8,1 Sekunden soll es dauern, bis der Corsa-e aus dem Stand die 100-km/h-Marke erreicht Quelle: Opel
Schließlich bietet die kommende Corsa-Generation ein paar neue Technik-Highlights. Quelle: Opel

Deutlich günstigere Varianten gibt er derzeit hierzulande nur bei Renault mit dem Kleinwagen Zoe zum Einstiegspreis von 21.900 Euro (zuzüglich Batteriemiete) oder Kleinanbietern fern der großen Autobauer. So begann kürzlich die Auslieferung des eGo Life 20 aus der Start-up-Schmiede eGo in Aachen, dessen günstigster Einstiegspreis bei 15.900 Euro liegt.

Opel liegt preislich also mit seinem Corsa-e am unteren Ende dessen, was die anderen etablierten Autobauer – abgesehen von Renault – bislang bieten. Der Grund dürfte in der aufwändigen und noch sehr teuren Produktion liegen. VW hatte bei der Präsentation seines VW ID.3 beispielsweise angekündigt, dass sie an ihrem E-Kleinwagen zunächst nicht verdienen werden. Bei Opel dürfte es wohl nicht groß anders aussehen.

Technisch bietet das Corsa-Paket solides Mittelmaß: Mit dem Corsa-e verspricht Opel eine Leistung von 100 Kilowatt (rund 136 PS) und eine Reichweite nach WLTP von 330 Kilometern. Dank des Schnellladeverfahrens soll der 50-kWh-Akku des E-Kleinwagens innerhalb von 30 Minuten zu 80 Prozent aufgeladen werden können. Zum Vergleich: Das preisähnliche Renault-Modell Zoe bietet in der besten Kategorie mit einem 41-kWh-Akku eine Reichweite von bis zu 316 Kilometern nach WLTP. Schnellladen ist mit dem Zoe nicht drin. Im besten Fall schafft das Renault-Modell bis zu 80 Prozent in einer Stunde und 40 Minuten.

Opel setzt mit dem Corsa-e durchaus ein Statement. Das Angebot kann sich sehen lassen und der Preis ist zwar kein Dealbreaker, aber ein faires Angebot. Beim reinen Blick auf die Fakten hält Opel damit zunächst das Versprechen vom E-Auto für Jedermann. Der Corsa-e hat durchaus die Chance, ein Opel „Doktorwagen“ des 21. Jahrhunderts zu werden und im allerbesten Fall – wie das Modell vor 110 Jahren – für stark steigende Verkaufszahlen zu sorgen.

Opel-Chef Michael Lohscheller über Sparmanöver, günstige E-Mobile, Englisch als Firmensprache – und das Tempolimit.
von Beat Balzli, Martin Seiwert

Bislang scheiterte Opel jedoch auch selten am Preis, sondern häufig am fehlenden Sexappeal. Ob Opels Strategie beim Corsa-e aufgeht, könnte sich recht schnell zeigen. Denn noch am offiziellen Vorstellungstag gibt Opel auch den Startschuss für Bestellungen. Ab dem Nachmittag schaltet Opel den Konfigurator frei. Wer will, kann den Corsa-e dann sofort bestellen.

Anfang 2020 sollen die ersten Corsa-e laut Lohscheller im spanischen Werk in Saragossa vom Band laufen. Die ersten Auslieferungen plant Opel für das Frühjahr 2020.

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