Daimler, BMW und VW Was ein Börsencrash in China für die Autobauer bedeutet

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BMW expandiert sachter in China

Bei BMW ist das anders. Hier stammen schätzungsweise nur noch 25 Prozent des Werts eines Autos aus eigenen Fabriken. Die weit überwiegende Leistung erbringen Zulieferer, auf die die Bayern im Falle einer Krise große Teile der Absatzeinbußen abwälzen können. Zudem hat BMW in der Betriebsvereinbarung „Strategische Flexibilität“ Instrumentarien entwickelt, die es den Bayern ermöglichen einen über vier Jahre dauernden Absatzrückgang von bis zu 30 Prozent ohne Entlassungen von Festangestellten zu überdauern.

Schließlich expandiert BMW deutlich sachter als VW in China. „Wir sind immer sehr vorsichtig, was den Aufbau neuer Kapazitäten angeht“, sagte BMW-Vertriebs- und Marketing-Vorstand Ian Robertson im April auf der Shanghaier Automesse im April, „die Produktion folgt den Verkaufszahlen und nicht andersherum“. So blieben die Bayern in China bisher unter ihren Möglichkeiten und stocken erst jetzt die Produktionskapazitäten um 100.000 auf 400.000 Fahrzeuge pro Jahr auf.

Daimlers schwache Präsenz wäre ein Vorteil

Für BMW würde sich eine Krise in China mit 100.000 weniger verkauften Autos würde sich mit einer Belastung von 500 bis 800 Millionen Euro jährlich niederschlagen. Rund 1700 Jobs in Deutschland wären von Maßnahmen wie Schichtkürzungen, Kurzarbeit oder Schlimmerem bedroht.

Für Daimler wäre die bisher sehr schwache Präsenz – sie setzten im vergangenen Jahr nur 14 Prozent aller Fahrzeuge in China ab – sogar ein Segen, bräche der Markt dort ein. Die Folgen eines schweren Rückschlags für den Daimler-Standort Deutschland hielten sich deshalb in Grenzen. Ein Krise mit 60.000 weniger verkauften Autos in China schlüge mit einer Belastung von 300 bis 500 Millionen Euro pro Jahr und 1000 bis 1500 betroffenen Jobs in Deutschland zu Buche.

Fahrzeugproduktion und -absatz in China seit 2008

Ein massiver Einbruch in China könnte die deutschen Hersteller also durchaus empfindlich, wenn aus nicht lebensbedrohlich treffen. Auswirkungen wären bei allen Herstellern auch und gerade in Deutschland zu spüren. „Wenn man die Automobilindustrie abzieht, bleibt in Deutschland nicht so wahnsinnig viel übrig“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche Ende April auf der Automesse Shanghai. Alle drei Hersteller würden „einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Stärke Deutschlands“ leisten.

Das ist Fakt: Rund 770.000 Menschen von der Nordsee bis zu den Alpen stellen in Deutschland derzeit Kraftwagen und Kraftwagenteile her. Die Zuliefererbetriebe der Chemie-, Gummi- und Kunststoffverarbeitung sowie der Elektro- und Maschinenbauindustrie hinzugerechnet, dürften gut zwei Millionen Erwerbstätige plus deren Angehörige hier zu Lande vom Blech auf vier Rädern leben.

Daher ist die Bewegung der Börsen in Shanghai nicht nur für Aktionäre relevant. Fast jeder zwanzigste Gehaltszettel in Deutschland hängt an der Autoindustrie. Das sollte beim Blick nach China auch hierzulande keiner vergessen.

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