Daimler-Chef unter Druck Die Show des Dr. Z.

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Private Lobbymails für den Staatssekretär

Aufgefallen waren bei Abgastests des KBA vor allem Daimler-Diesel mit Renault-Motoren. Renault aber habe „auf Anfrage bereits im vergangenen Jahr schriftlich versichert“, dass „die Motoren den notwendigen Anforderungen entsprechen“, sagt Daimler.

Doch auch Autos, bei denen die Motoren nicht von Renault stammen, gerieten in die Kritik: In einem Bericht des Bundesverkehrsministerium heißt es etwa zum Mercedes V 250 Bluetec, dass der den Stickoxid-Grenzwert im warmen Zustand um das 2,9-Fache überschreite. Das sei „nicht nachvollziehbar“. Messungen des Herstellers zeigten nämlich deutlich niedrigere Werte. Daimler hat nun freiwillig Tausende Fahrzeuge zurückgerufen, um Software-Updates aufzuspielen. Im Bericht stand damals, die Zweifel seien ausgeräumt, wenn Daimler diese Maßnahme ergreife. Der freiwillige Rückruf hat wohl das Ministerium, nicht aber die Staatsanwaltschaft beruhigt.

Ein Blick in die Mercedes-Elektrostudie
Mercedes EQ Concept Quelle: Daimler
Mercedes EQ Concept Quelle: Daimler
Mercedes EQ Concept Quelle: Daimler
Mercedes EQ Concept Quelle: Daimler
Mercedes EQ Concept Quelle: Daimler
Mercedes EQ Concept Quelle: Daimler
Mercedes EQ Concept Quelle: Daimler

Was klingt wie Mauschelei, ist auch erfolgreicher Lobbyismus: Zetsche hat im November 2013 mit Eckart von Klaeden einen ehemaligen Staatsminister verpflichtet, der bestens in der Regierung verdrahtet ist – auch mit Staatssekretär Michael Odenwald aus dem Verkehrsministerium. Dem schickt von Klaeden Daimler-Stellungnahmen auch auf den privaten Mailaccount, aber lediglich „aus technischen Gründen“, wie von Klaeden dem Abgasuntersuchungsausschuss des Bundestags erklärte. Dort kam auch ans Licht, dass von Klaeden Staatssekretär Odenwald um „taktische Empfehlungen“ bat. Der Bitte sei Odenwald aber „so weit ich mich erinnere“ nicht nachgekommen, sagte von Klaeden. Es sei ihm wichtig, dass Daimlers Argumente in den „Abstimmungsprozess einfließen“. Und so konnten diverse Mitarbeiter des Kanzleramts lesen, wie von Klaeden vor dem „Verlust der Dieseltechnologie-Führerschaft von deutschen Automobilherstellern im globalen Umfeld“ warnte und bat, die Regierung möge ihre „Haltung angesichts der vorgetragenen Argumente noch einmal überdenken“.

Lkw-Abgase sind häufig sauberer als die von Autos

Überdenken sollte Zetsche seinerseits Aussagen, dass Daimler nicht betrogen habe. Daimler selbst warnt im letzten Quartalsbericht, dass Behörden zu dem Schluss kommen könnten, in Dieselautos der Marke Mercedes seien „Funktionalitäten“ enthalten, die bei einem anderen Autobauer als möglicherweise unzulässig identifiziert worden seien.

Das sind die bestbezahlten Chefaufseher
Platz 10: Manfred Bischoff, DaimlerDer Manager ist seit 2006 Mitglied des Daimler-Aufsichtsrats. Ein Jahr später wurde er dann Aufsichtsratsvorsitzender und soll dies auch bis 2021 bleiben. Bischoff erhielt dafür im vergangenen Jahr 449.000 Euro. Zuvor war er ab 2000 Chairman von EADS (heute Airbus Group) – diesen Posten legte Bischoff aber mit dem Aufsichtsratsvorsitz bei der Daimler AG nieder. Quelle: dpa
Platz 9: Wolfgang Reitzle, LindeWolfgang Reitzle kehrte im Mai 2016 zum Gas- und Technikkonzern Linde zurück. Auf das Gesamtjahr 2016 hochgerechnet verdiente er dort 463.000 Euro. Zuvor war er Verwaltungsratspräsident des Baustoffherstellers Lafarge Holcim war. Bei Linde war Reitzle bereits von 2003 bis 2014 Vorstandsvorsitzender. Quelle: dpa
Platz 8: Jürgen Hambrecht, BASFDer Chemiker begann seine Berufslaufbahn bei dem weltgrößten Chemiekonzern BASF im Kunststofflaboratorium. Er war von 2003 bis 2011 Vorstandsvorsitzender des Unternehmens und ist seit 2014 Aufsichtsratschef. Seine Vergütung betrug im vergangenen Jahr 475.000 Euro. Quelle: dpa
Platz 6: Gerd Krick (Fresenius)Der promovierte Maschinenbauer ist seit 2003 Aufsichtsratsvorsitzender des Gesundheitskonzerns. Dafür erhielt er 2016 rund 530.000 Euro . Schon 28 Jahre ist er bei Fresenius – elf davon war er Vorstandsvorsitzender. Unter seiner Hand entwickelte sich das Gesundheitsunternehmen zu einem internationalen Konzern. Quelle: REUTERS
Platz 6: Wolfgang Reitzle, ContinentalNeben seinem Aufsichtsratsvorsitz bei Linde ist Wolfgang Reitzle auch in dieser Position bei Continental – und verdiente bei dem Reifenhersteller 533.000 Euro. Diesen Chef-Posten bekleidet er seit 2009 und hat in diesem Zuge seine Aufsichtsratsmandate bei der Deutschen Telekom und Kion Group niedergelegt. Quelle: dpa
Platz 5: Simone Bagel-Trah, HenkelDie gebürtige Düsseldorferin und promovierte Biologin ist seit 2009 Aufsichtsratsvorsitzende des Persil-Herstellers Henkel – und verdiente damit im vergangenen Jahr 584.000 Euro. Sie ist die erste Aufsichtsratschefin eines Dax-Konzerns und wohl einflussreichste Frau im Deutschen Aktienindex. Sie gehört der fünften Generation der Henkel-Familie an. Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 4: Hans Dieter Pötsch, VolkswagenDer studierte Wirtschaftsingenieur wurde 2015 mitten im Dieselskandal Nachfolger von Ferdinand Piëch als VW-Aufsichtsratsvorsitzender. Das brachte ihm eine Vergütung von 586.000 Euro ein. Von 1995 bis 2002 war er Vorsitzender des Vorstands von dem börsennotierten Maschinen- und Anlagenbauer Dürr AG. Quelle: dpa

Das könnte sich etwa auf AdBlue beziehen. Die Harnstofflösung AdBlue kann Stickoxide in Abgasen beseitigen – vorausgesetzt, die Autos haben genügend davon an Bord. Millionen VW-Autos hatten es nicht. Ähnliche Erkenntnisse zu Fahrzeugen von Daimler gibt es bislang nicht, dafür aber einige Auffälligkeiten: Lkws von Daimler verbrauchen nach offiziellen Angaben pro Liter Diesel fünf Mal so viel AdBlue wie viele Pkws von Daimler. Die Abgase der Lkws aber sind häufig sauberer als die von Pkws.

Eine von der niederländischen Regierung in Auftrag gegebene Studie kommt dann auch zu dem Schluss, dass eines der dort getesteten Mercedes-C-Klasse-Modelle einen um 84 Prozent größeren AdBlue-Tank haben müsste, sollten die Abgasgrenzwerte eingehalten werden. Daimler bestreitet unsaubere Praktiken: Bei Fahrzeugen sei die AdBlue-Dosierung so ausgelegt, dass sie die gesetzlichen Grenzwerte einhielten.

Wie viel Autobauer ihren Mitarbeitern zahlen
Audi-Chef Rupert Stadler Quelle: dpa
VW-Mitarbeiter Quelle: dpa
Volkswagen Quelle: dpa
Daimler Quelle: AP
Daimler-Chef Dieter Zetsche Quelle: dpa
BMW Quelle: dpa
BMW-Chef Harald Krüger Quelle: REUTERS

AdBlue ist nach Informationen der WirtschaftsWoche auch Teil von US-Ermittlungen gegen Daimler.

Zetsche lässt es derweil frohgemut weiter krachen. Bei einem Mercedes-Benz-Empfang in Detroit etwa schmettert US-Popsängerin Bebe Rexha, grell geschminkte Lippen, tiefes Dekolleté, ihr „Me, Myself and I“. Kaum ist sie fertig, stürmt Dieter auf die Bühne des historischen Westin Book Cadillac Hotels und umarmt die Sängerin.

An solchen Abenden kann einem Daimler vorkommen wie die Titanic: Die Kapelle spielt, bis niemand mehr ein Selfie will.

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