Daimler Dieter Zetsche hat gut Lachen

Gute Zeiten in Stuttgart: Beim Absatz fährt Mercedes Audi und BMW davon, beim Gewinn sieht man sich "auf einem guten Weg". Seiner größten Herausforderung muss sich Daimler-Chef Zetsche aber noch stellen.

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Mercedes fährt Audi und BMW davon

43 – diese Zahl sorgt in der Daimler-Zentrale in Stuttgart derzeit für gute Stimmung. Mit den Marken Mercedes-Benz und Smart hat die wichtige Auto-Sparte des Konzerns im September gemessen am Absatz den 43. Rekordmonat in Folge hingelegt. Gegenüber dem Vorjahresmonat – zu seiner Zeit auch ein Rekordmonat – war das ein Zuwachs von erneut 13,4 Prozent.

Nicht nur beim Absatz sieht sich Daimler voll auf Kurs – sondern auch beim Gewinn. Im zweiten Quartal hatten die Stuttgarter rund vier Milliarden Euro verdient. Mit dem erneut gewachsenen Absatz könnte Daimler im abgelaufenen Quartal, für das Daimler-Chef Dieter Zetsche am Freitag die Bilanz vorlegt, diese Marke sogar noch übertroffen haben.

Der Konzern hat sich vorgenommen, den um Sondereffekte bereinigten Betriebsgewinn (Ebit) in diesem Jahr „leicht“ zu steigern. Nach Lesart der Stuttgarter entspricht dies einem Anstieg in einer Spanne zwischen 2,5 und zehn Prozent. Und das peilt Zetsche weiterhin an. „Ich kann bestätigen, dass unsere Guidance gilt“, sagte der Daimler-Chef in der vergangenen Woche. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, fügte er mit Blick auf den kräftig gestiegenen Absatz hinzu. Daimler habe immer gesagt, dass man sich den Absatz nicht durch Preisnachlässe erkaufen wolle. „Deswegen ist es profitables Wachstum, über das wir sprechen.“

Die Schwaben haben sich im Pkw-Geschäft das Ziel gesetzt, bis 2020 sowohl beim Absatz als auch bei der Profitabilität die Nummer eins im Premiumsegment zu werden. „Jetzt ist die Pole-Position schon in diesem Jahr zum Greifen nahe“, sagte Zetsche.

SUV-Verkäufe steigen weiter

Zumindest per Ende September hat Mercedes bereits die Nase vorne: Trotz kräftiger Zuwächse blieb Hauptkonkurrent BMW mit 197.419 Fahrzeugen hinter den Stuttgartern, Audi lag mit 173.850 verkauften Autos deutlich dahinter. Auch über die ersten drei Quartale betrachtet führt Daimlers Oberklasse-Marke: Mercedes lieferte weltweit knapp 1,54 Millionen Fahrzeuge aus, BMW rund 1,48 Millionen, Audi fast 1,41 Millionen.

Beim Absatz mag die Kleinwagenmarke Smart zwar helfen, wegen des intensiven Preiskampfes in den unteren Segmenten sind die Margen allerdings gering. Die Profitabilität stammt also von den Premium-Autos mit dem Stern auf der Haube. Dort kommt das Wachstum nach wie vor von der im April auf den Markt gekommenen E-Klasse und den SUV. Gerade letztere werden zunehmend wichtiger: Von 211.000 im September weltweit verkauften Mercedes waren 68.200 SUV – ein Plus von 26,8 Prozent.

Business-Limousine ab 45.303 Euro
Mercedes E-Klasse Quelle: Daimler
Mercedes E-Klasse Quelle: Daimler
Mercedes E-Klasse Quelle: Daimler
Mercedes E-Klasse Quelle: Daimler
Mercedes E-Klasse Quelle: Daimler
Mercedes E-Klasse Quelle: Daimler
Mercedes E-Klasse Quelle: Daimler

Dazu kommt: In der Branche gilt es als offenes Geheimnis, dass die Hersteller an den sportlichen Geländewagen besonders gut verdienen. Zu dem im Vergleich zu einem ähnlich großen Kombi höheren Grundpreis geben SUV-Fahrer fast doppelt so viel Geld für Extras aus – bei den Sonderausstattungen ist die Gewinnspanne in der Regel besonders hoch.

Das sorgt zwar kurzfristig für gute Laune, langfristig erfordert dieser Trend aber große Anstrengungen seitens des Autobauers: Zwar betont Zetsche öffentlich, dass der Verbrauchsnachteil bei modernen SUV bei weitem nicht mehr so groß sei wie früher bei klassischen Geländewagen. Aber er ist eben immer noch da.

CO2-Ausstoß von Mercedes steigt sogar

Das macht sich in der CO2-Bilanz bemerkbar: Während bei allen Premium-Autobauern die durchschnittliche CO2-Emission je Neuwagen seit Jahren sinkt, ist sie bei der Daimler-Auto-Sparte im ersten Halbjahr 2016 wieder leicht (um 0,8 Gramm pro Kilometer) gestiegen – analog zu dem SUV-Boom. Das zeigt zumindest eine Auswertung des Center of Automotive Management der Hochschule Bergisch Gladbach aus diesem Juli.

Das reicht mit einem Wert von 131,7 Gramm zwar immer noch, um vor Audi (132,9 Gramm) zu bleiben, BMW ist allerdings mit 128,7 Gramm vorbeigezogen – im Gesamtjahr 2015 lagen die Münchner noch minimal hinter Mercedes und Smart.

Um das EU-Ziel von 95 Gramm CO2 pro Kilometer im Jahr 2021 zu erreichen, müssen alle Premium-Autobauer das Tempo bei der Schadstoff-Reduktion verstärken – und Daimler eben den Trend umkehren.
Zwar will Mercedes mit der auf der Pariser Automesse vorgestellten Elektromarke EQ angreifen. Bis 2025 sollen zehn vollelektrische Modelle im Handel sein. Dennoch: Elektroautos sollen dann erst 15 bis 25 Prozent der Mercedes-Verkäufe ausmachen. Folglich werden noch rund 75 Prozent einen Benzin- oder Dieselmotor mit an Bord haben. Deshalb könne Daimler die Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren nicht einstellen, so Zetsche. „Wir werden sicherlich eine lange Zeitstrecke noch die größten Reduzierungen im CO2-Ausstoß über noch effizientere Verbrennungsmotoren erreichen.“

Mercedes-Benz EQ muss ein Erfolg werden

Zumindest im Hintergrund hat Daimler die Weichen für die Elektroautos gestellt. „Die norddeutschen Werke spielen dabei eine Schlüsselrolle“, so Zetsche. Das erste EQ-Fahrzeug wird wohl in Bremen produziert, im Werk Hamburg-Harburg werden Komponenten für E-Autos gefertigt. Auch für das Fahrzeugwerk in Sindelfingen gibt es eine Absichtserklärung mit dem Betriebsrat, wonach dort künftig auch Elektroautos gebaut werden sollen.

Der Mercedes Generation EQ

Aber: Gleichzeitig wird auch die Produktion von Verbrennungsmotoren ausgebaut. Ab 2019 sollen im polnischen Jawor, westlich von Breslau, Vierzylinder-Benzin- und Dieselmotoren gebaut werden. Für die erste Ausbaustufe sind Investitionen von 500 Millionen geplant, zunächst sollen 500 Mitarbeiter eingestellt werden.

Die Elektro-Pläne sehen in Wolfsburg, Ingolstadt und München kaum anders aus, die deutschen Automanager rechnen im Jahr 2025 mit einem ähnlichen Anteil der Elektroautos wie Daimler – also auch mit dem Umkehrschluss, dass die überwiegende Mehrheit der verkauften Autos weiter einen Verbrenner an Bord haben wird. Die Autobranche plant zweigleisig.

Auf dem ersten Gleis läuft es gut, wie die Absatzzahlen zeigen und die Geschäftszahlen am Freitag unterstreichen werden. Doch spätestens im Oktober 2019, wenn Zetsche zum letzten Mal Quartalszahlen vorlegt, wird sich zeigen, ob es dem Daimler-Boss gelungen ist, auch auf dem zweiten Gleis Fahrt aufzunehmen. Ankündigungen für eine emissionsfreie Zukunft gab es unter Zetsche einige – vom ersten Elektro-Smart über die vorübergehende Tesla-Beteiligung bis hin zu den unzähligen Brennstoffzellen-Prototypen.

Noch nie war es allerdings so konkret wie bei EQ. Es ist Zetsches Chance, Daimler mehr zu hinterlassen als eine Horde spritschluckender SUV.

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