Daimler-Jahreszahlen Jetzt klappt es sogar in China

Mercedes hat mehr Autos verkauft als Audi und BMW, selbst auf dem lange schwierigen Markt in China läuft es. Das Autogeschäft wird Dieter Zetsche bei der Jahresbilanz keine Sorge bereiten – eine andere Sparte aber schon.

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Daimler-Jahreszahlen unter chinesischem Einfluss. Quelle: Presse

Dass Mercedes-Benz gerade einen Lauf hat, das kann selbst der bescheidene Daimler-Chef Dieter Zetsche zurzeit nicht leugnen. Über 40 Rekordmonate in Folge konnten die Stuttgarter zuletzt verzeichnen. Und das Wachstum scheint immer noch kein Ende zu kennen: Allein im Jahr 2016 verkaufte Daimler 11,3 Prozent mehr Autos mit dem Stern auf der Haube als im Vorjahr. Zudem hat Mercedes zum ersten Mal mehr als zwei Millionen Autos ausgeliefert.

Ganz nebenbei hat Mercedes mit diesen Absatzzahlen auch BMW und Audi überholt und feiert sich selbst als „absatzstärkste Premiummarke“. „Wir haben unser Ziel vier Jahre früher erreicht“, freut sich auch Ola Källenius, der bis zum Jahreswechsel Vertriebschef war und seit dem Konzernvorstand für Forschung und Entwicklung ist.

Wenn am Donnerstag Vorstandschef Zetsche und Finanzvorstand Bodo Uebber die Bilanz für das vergangene Jahr vorlegen, ist der Etappensieg im Rennen um die Absatzkrone unter den deutschen Premiummarken nur nebensächlich. Denn es gilt nicht nur möglichst viel zu verkaufen, sondern damit auch Geld zu verdienen – und das möglichst nachhaltig.

Automotive Performance 2016

Das Problem für die Konkurrenz: Selbst das läuft bei Daimler derzeit extrem gut. Und selbst in China, wo Mercedes der Konkurrenz lange hinterher fuhr, steigt der Absatz immer weiter.

Daimler wird die Ziele erfüllen

Sechs von der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX befragte Branchenanalysten schätzen das Ebit (um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern) auf durchschnittlich 14,36 Milliarden Euro – ein Zuwachs von vier Prozent im Vergleich zu 2015. Angepeilt hatte Daimler einen leichten Anstieg, was nach der hausinternen Lesart ein Wachstum von 2,5 bis zehn Prozent bedeutet – Ziel erfüllt.

Der Konzernumsatz dürfte vor allem dank der Autosparte Mercedes-Benz Cars laut den Analysten im Schnitt auf 152,3 Milliarden Euro gestiegen sein. Das wäre nur ein Plus von zwei Prozent, das Ziel des „leichten Anstiegs“ hätte Daimler also knapp verfehlt. Stefan Burgstaller von Goldman Sachs liegt mit seiner Umsatzschätzung für das vierte Quartal über den Konsenserwartungen, womit Daimler wieder im Zielkorridor wäre.

Der Business-Benz wird zum Edel-Laster
Natürlich ist es immer nur eine Frage der Zeit, bis Mercedes nach einer neuen Limousine auch die dazugehörige Kombi-Version vorstellt. Im Falle der aktuellen Baureihe der E-Klasse hat das rund ein halbes Jahr gedauert: Mitte Januar zeigten die Stuttgarter auf der Automesse in Detroit zum ersten Mal die Limousine – in Märkten wie den USA sind neben SUV in sämtlichen Größen vor allem noch klassische Limousinen gefragt. Hierzulande ist das anders, hier stehen die praktischen Kombis mit sparsamen Dieselmotor im Fokus der Dienstwagen-Fahrer. Kein Wunder also, dass Mercedes das E-Klasse T-Modell, wie die Kombis bei Daimler heißen, in Deutschland vorgestellt hat. Und das nicht auf einer Messe, sondern am Rande eines Tennis-Turniers. Quelle: Daimler
Die passende Klientel war bei der Premiere des Luxus-Lasters also gleich anwesend. In der PR-Prosa von Mercedes klingt das dann so: "Dynamisch wie die Tennis-Profis und geräumig wie der Centre Court gibt die sechste Modellgeneration ihr Debüt." Solche gewollten Bezüge hat der Kombi eigentlich gar nicht nötig, denn zumindest auf dem Papier überzeugen die Fakten. Quelle: Daimler
Bei der Technik greift der Kombi auf die bekannten Technologien der Limousine zurück. Zum Marktstart stehen die Modelle E 200 mit Vierzylinder-Benzinmotor (184 PS) und E 220 d (194 PS) mit dem völlig neu entwickelten Vierzylinder-Dieselmotor sowie der E 250 mit (211 PS) zur Verfügung. Im vierten Quartal 2016 folgen der E 200 d mit (150 PS), der E 350 d mit Sechszylinder-Diesel sowie der E 400, dessen Sechszylinder-Benzinmotor 333 PS leistet. Alle Modelle sind bei der Markteinführung mit dem neuen Neungang-Automatikgetriebe ausgerüstet. Quelle: Daimler
Das T-Modell verfügt über alle Innovationen der neuen E-Klasse, die Mercedes im Januar als "intelligenteste Business-Limousine der Welt" gefeiert hatte. Mehr zur Limousine lesen Sie hier. Neben den beiden riesigen Displays verfügt die E-Klasse unter anderem über eine neuartige Bedienmöglichkeit mit Touchpads am Lenkrad und einen teilautonomen Fahrassistenten. Mehr über die Assistenzsysteme der E-Klasse lesen Sie hier. Quelle: Daimler
Auf der Rückbank gibt es für die Passagiere etwas mehr Kopffreiheit, da die Dachlinie nicht wie bei der Limousine abfällt. Neu ist die serienmäßige Cargo-Funktion der Rücksitzbank: Die Lehne kann um rund 10 Grad steiler gestellt werden. Das sorgt für ein zusätzliches Ladevolumen von 30 Litern bei weiterhin voller Nutzbarkeit als Fünfsitzer. Darüber hinaus lässt sich die Rücksitzlehne ebenfalls serienmäßig im Verhältnis 40:20:40 teilen, was viele Möglichkeiten der individuellen Aufteilung zwischen Transportkapazität und Sitzplätzen schafft. Mit Schaltern im Laderaum sowie rechts und links neben den Sitzlehnen lassen sich diese elektrisch entriegeln. Quelle: Daimler
Jetzt aber zum Herzstück des Kombis, dem Kofferraum. Mit einem Fassungsvermögen von 670 bis 1.820 Liter zählt der Laderaum des E-Klasse T-Modells zu den größten im Segment. Da der Kofferraum auch zwischen den Radkästen sehr breit ist (1,10 Meter) ist der Kombi eines der wenigen Autos, in das eine Europalette passt. Zum guten Ton gehört inzwischen, dass die Heckklappe auch durch eine Kickbewegung des Fußes unterhalb des hinteren Stoßfängers geöffnet werden kann, wenn man gerade keine Hand frei hat. Neu ist aber, dass die Gesten-Öffnung auch funktioniert, wenn die optionale Anhängerkupplung montiert ist. Quelle: Daimler
Bereits ab Werk hat der Kombi eine Luftfederung an der Hinterachse. Mit der automatischen Niveauregulierung wird der Kombi selbst dann in der Waagerechten gehalten, wenn die volle Zuladung – je nach Modell bis zu 745 Kilo – oder die Anhängelast – bis zu 2.100 Kilo – ausgenutzt wird. Wer beim Bestellen ein Kreuz bei der "Air Body Control" setzt, bekommt gegen Aufpreis auch an der Vorderachse eine Luftfederung. Quelle: Daimler

Dass Zetsche und Uebber die vor einem Jahr ausgegebenen Finanzziele voraussichtlich erreichen (auch die operative Rendite legt leicht zu), ist nicht zuletzt der eigenen Arbeit der vergangenen Jahre zu verdanken. Seit 2012 hat Mercedes seine Modellpalette in großem Tempo runderneuert und erweitert. Alleine von der für Mercedes so wichtigen E-Klasse wurden nach der Limousine im Januar 2016 bis heute vier weitere Ableger vorgestellt – der Kombi, das Coupé, das Cabriolet und erstmals auch ein Offroad-Kombi, „All-Terrain“ genannt.

Auch das Angebot bei den so gefragten SUV hat Mercedes in den vergangenen Jahren gezielt ausgebaut: GLA, GLC, GLE und GLS sind die SUV-Ableger zu den im letzten Buchstaben der Modellbezeichnung genannten Baureihe – im Falle des GLC und GLE kommt jeweils noch ein SUV-Coupé mit flachem Heck dazu. Und auch für weiteres Wachstum wird bereits gesorgt: Derzeit ist ein weiteres Kompakt-SUV, das möglicherweise als GLB verkauft wird – in der Endphase der Erprobung.

Der auf den Porsche pfeift
Mercedes-AMG GLC 43 Coupé Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLC 43 Coupé Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLC 43 Coupé Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLC 43 Coupé Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLC 43 Coupé Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLC 43 Coupé Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLC 43 Coupé Quelle: Daimler

Die SUV erfreuen sich auch auf dem weltgrößten Automarkt China wachsender Beliebtheit. Waren in Shanghai, Peking und den weiteren Millionen-Städten bislang eher klassische Limousinen gefragt, interessieren sich chinesische Kunden zunehmend auch für die Stadt-Geländewagen.

Von diesem Trend kann Mercedes unter den deutschen Premiummarken besonders profitieren. Über Jahre gab Audi in China den Ton an, doch inzwischen ist Mercedes die am schnellsten wachsende Marke in dem asiatischen Riesen-Reich. Die Stuttgarter haben den Anteil der lokal gefertigten Wagen gezielt erhöht, neben der C- und E-Klasse (teils mit längerem Radstand) laufen in China die SUV-Modelle GLA und GLC vom Band. Mit Erfolg: Der GLC ist 2016 in seinem ersten vollen Produktionsjahr mit 87.275 Einheiten gleich zum meistverkauften Mercedes aufgestiegen.

In China hat Mercedes seine Hausaufgaben gemacht

Die deutschen Hersteller selbst weisen offiziell keine Verkaufszahlen für einzelne Modelle in China aus. Laut den Zahlen des chinesischen Branchenverbands CAAM kommt Mercedes bei dem Spitzenmodell zwar noch nicht an Audi (129.453 verkaufte Q5) oder gar BMW (143.626 verkaufte 5er) heran, in der Summe aller Modelle setzen die Stuttgarter aber zum Überholmanöver an.

Mercedes hatte in China jede Menge Nachholbedarf, das steht außer Frage. Doch Zetsche und seine Mannen haben ihre Hausaufgaben gemacht, die Produktion und vor allem das Händlernetz gezielt ausgebaut. Während Audi längst im „New normal“ angekommen ist (nur noch 3,6 Prozent Wachstum und auch BMW 2016 nur noch um 11,3 Prozent zulegen konnte, hat Daimler das hohe Wachstum von 26,6 Prozent beibehalten.

Diese Dienstwagen feiern 2017 Premiere
Audi A5 Sportback Quelle: Audi
Audi Prologue Quelle: Audi
BMW 5er Quelle: BMW
Jaguar XF Sportbrake Quelle: Jaguar Land Rover
Lexus LC500 Quelle: Lexus
Mercedes-Benz E-Klasse All Terrain Quelle: Mercedes-Benz
Mercedes-Benz E-Klasse Coupé Quelle: Daimler

In der Summe liegt Mercedes Benz mit knapp 473.000 Autos in China zwar immer noch auf dem dritten Rang, aber BMW liegt mit 513.000 Autos inzwischen in Reichweite – Audi hat mit 592.000 Einheiten noch einen nennenswerten Vorsprung. Die Reihenfolge wackelt aber auf absehbare Zeit: Die Experten des Analysehauses IHS Automotive rechnen im Jahr 2020 mit 595.000 verkauften Mercedes in China, aber nur mit 560.000 BMW. Neben den Problemen in der noch lückenhaften SUV-Fertigung vor Ort bei BMW sehen die IHS-Experten Mercedes bei der Modellvielfalt vorne.

Der Ausblick könnte Überraschungen bergen

Die Grundlagen dafür hat Zetsche vor Jahren gelegt. Und sollte das IHS-Szenario eintreten, wird auch noch sein Nachfolger (Zetsches Vertrag läuft bis Ende 2019) davon profitieren. Das dank des China-Ergebnisses starke Auto-Geschäft darf aber auch nicht über die Baustellen im Konzern hinwegtäuschen. Denn Daimler ist nicht nur Mercedes-Benz Cars.

In der Truck-Sparte sieht es zum Beispiel weit weniger gut aus. Zwar ist Daimler immer noch der weltgrößte Lkw-Bauer, doch der Konzern leidet unter dem schwachen Markt in Südamerika und auch in den USA. Die Analysten rechnen damit, dass der Umsatz von Daimler Trucks um rund 13 Prozent gesunken ist.

Zudem hatte die EU-Kommission Daimler und andere Lkw-Hersteller wegen Kartellabsprachen mit einem Rekord-Bußgeld belegt. Allein auf die Stuttgarter entfallen dabei rund eine Milliarde Euro. Einige Analysten schätzen aber den Ausblick etwas positiver ein: Dank der Ausgabeprogramme von US-Präsident Donald Trump könnte sich der Markt dort erholen – wenn auch zunächst nur bei den Auftragseingängen. Daimler Trucks ist auf dem nordamerikanischen Markt stark vertreten, etwa mit den Marken Freightliner und Western Star.

Es bleibt also abzuwarten, wie viel vom guten Lauf der Auto- und Van-Sparten wegen des schwächeren Lkw-Ergebnisses in der Konzernbilanz übrig bleibt. In der Summe dürfte der Effekt jedoch überschaubar bleiben, wie die Analystenschätzungen nahe legen.

Viel interessanter als der eine oder andere Prozentpunkt beim Umsatz wird der Ausblick auf das Jahr 2017 werfen, den Dieter Zetsche umreißen wird. Die globale Unsicherheit hat zugenommen, das Geschäft in China wird auch für Daimler irgendwann schwieriger werden und nicht zuletzt beschäftigen nationalistische Tendenzen wie die Zoll-Drohungen von Donald Trump und der Brexit global agierende Unternehmen wie Daimler.

Die US-Werke der deutschen Autokonzerne

Deshalb gehen auch die Meinungen der Analysten auseinander. Die einen rechnen wegen des hohen US-Anteils bei lokal gefertigten Autos wie der C-Klasse und dem GLE in den USA weiter mit guten Ergebnissen, andere sehen BMW mit seinem US-Werk Spartanburg besser aufgestellt. Und beim Brexit hätte es Daimler auch schwerer als die Münchner: Die haben mit Mini und Rolls-Royce zumindest eigene Werke auf der Insel.

Im Schnitt rechnen die Experten aber damit, dass Daimler für 2017 anstelle eines leichten Wachstums ein operatives Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres anpeilen wird. Etwas mehr Bescheidenheit – gerade in erfolgreichen Zeiten – hat noch nie geschadet.

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