Dauerproblem Halbleitermangel Chipmangel: Opel schließt Werk in Eisenach bis Jahresende

Quelle: dapd

Fast im Tagesrhythmus gibt es neue Hiobsbotschaften aus der Autobranche: Das Fehlen wichtiger Mikrochips wandelt sich vom akuten Engpass zum Dauerproblem. Jetzt schließt Opel sein Eisenacher Werk bis Jahresende.

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1300 Opel-Mitarbeiter sind betroffen, wenn Opel ab kommender Woche vorerst bis zum Jahresende in seinem Thüringer Werk in Eisenach die Bänder anhält und vorerst schließt. „Für die Beschäftigten ist Kurzarbeit vorgesehen, um die Maßnahme sozialverträglich zu gestalten“, sagte ein Sprecher des Autobauers.

Opel schließt sein Werk in Eisenach wegen Lieferengpässen bei wichtigen Bauteilen. „Die globale Automobilindustrie befindet sich aufgrund der anhaltenden Pandemie und einem weltweiten Mangel an Halbleitern in einer Ausnahmesituation. In dieser anspruchsvollen und unsicheren Lage plant Stellantis, Anpassungen der Produktion vorzunehmen“, begründete ein Sprecher des zum europäischen Großkonzern Stellantis gehörenden Herstellers den Schritt. Zunächst hatte die „Automobilwoche“ berichtet.

Wie viele Fahrzeuge durch den monatelangen Stillstand nun nicht vom Band rollen werden, lasse sich schwer abschätzen, da die Produktion wegen Lieferengpässen und langen Lieferzeiten ohnehin bereits reduziert gewesen sei. Ein konkretes Datum für die Wiederaufnahme der Produktion in dem Werk wollte der Sprecher auf Nachfrage nicht nennen. Anfang 2022 solle die Produktion des SUV Grandland in Eisenach wieder anlaufen, sofern es die Lieferketten erlaubten.

Nach der Autoindustrie erfasst die Chipkrise nun Hersteller von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten. Spätestens an Weihnachten werden das die Konsumenten auch direkt zu spüren bekommen.
von Andreas Macho, Peter Steinkirchner, Lukas Zdrzalek, Christian Schlesiger

Die gesamte Automobilindustrie hat seit einiger Zeit mit Lieferschwierigkeiten durch den stellenweise leer gefegten Zuliefermarkt für Halbleiterteile – Grundlage aller in modernen Autos verbauten Elektronik. Im Neugeschäft sind auch Anbieter wie BMW und Mercedes-Benz oder die Nutzfahrzeugsparten von Volkswagen und Daimler betroffen. Nach vorschnell gekündigten Verträgen mit Chipproduzenten oder gekappten Volumina in der Corona-Verkaufsdelle Mitte 2020 fehlen ihnen jetzt vielerorts dringend benötigte Teile. Verschärfend hinzu kommen eigene Kapazitätsengpässe der Halbleiterindustrie in Asien und den USA.

Bei VW etwa kümmert sich rund um die Uhr eine „Taskforce“ um den Einkauf noch erhältlicher Chargen. Doch gleichzeitig fallen auch hier weiterhin Produktionsschichten über ganze Wochen aus. So teilte Europas größter Autokonzern am jüngst mit, bis Mitte Oktober am Stammsitz Wolfsburg überwiegend Kurzarbeit fahren zu müssen – nicht zum ersten Mal.

Die Dimension der Halbleiterknappheit ist inzwischen enorm. Wegen fehlender Halbleiter dürften der Branche in diesem Jahr insgesamt Einnahmen von gut 210 Milliarden US-Dollar (179 Milliarden Euro) entgehen, schätzte die Beratungsfirma Alix Partners in einer am Donnerstag in München vorgelegten Analyse. Im Mai war sie noch von deutlich geringeren globalen Einbußen (110 Milliarden Dollar) ausgegangen.

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Wie lange die Lieferprobleme bei Chips anhalten, ist unklar. Für die Autobranche gehört die stockende Versorgung zu den derzeit größten Risiken – bestellte Fahrzeuge können oft nicht fertiggestellt werden, auch viele Zulieferbetriebe bleiben unter Druck. Der Licht- und Elektronikspezialist Hella, der demnächst zum französischen Anbieter Faurecia gehören wird, strich seine Geschäftsprognose zusammen. Der Produktionsausfall in der gesamten Branche dürfte laut Alix mit 7,7 Millionen Fahrzeugen fast doppelt so groß werden wie bisher angenommen. Im Mai war noch ein Ausfall von 3,9 Millionen Wagen prognostiziert worden. Experten des britischen Forschungsinstituts IHS Markit hatten ihre jüngste Schätzung für die weltweite Jahresproduktion von Autos in der vergangenen Woche ebenso gesenkt.

Mehr zum Thema: Europas Sehnsucht nach technologischer Souveränität mündet in einem beispiellos teuren Subventionswettlauf. Vor allem Chiphersteller werden hofiert wie nie zuvor – und kassieren mitunter die Hälfte der Fabrikkosten vom Staat.

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