Der elektrische Reiter David Ferrufino – der Mann hinter dem BMW i4

David Alfredo Ferrufino Camacho hat heute eine der zentralen Entwicklungspositionen im Hause BMW inne. Quelle: BMW

Jedes Projekt braucht einen Einheizer, der es mit Enthusiasmus und Teamgeist nach vorne bringt. Bei BMW soll deshalb einer der engagiertesten Entwickler den i4 zum Tesla-Schreck machen: David Ferrufino.

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David Alfredo Ferrufino Camacho ist keiner, den man im mächtigen Forschungs- und Innovations-Zentrum FIZ, dem Entwicklungshirn von BMW im Norden Münchens, an jeder Ecke sieht. Der gebürtige Bolivianer verzichtet auf kurzärmelige Hemden, Krawattennadeln und eine Handytasche am Gürtel. Der begeisterte Sportler und Vater von drei Kindern hatte seit seiner Jugend nur einen Traum: Er wollte nach München, er wollte zu BMW – die besten Autos der Welt bauen. Ende der 70er Jahre hatte er im bolivianischen Fernsehen einen Bericht über die bayrische Metropole nach der Olympiade und den Münchner Autobauer gesehen. Wie andere an Sporthelden oder Filmstars ihr Herz verlieren, verguckte sich David Ferrufino in einen Ort weit weg von seiner Heimat im bolivianischen Cochabamba: „Ich war in der Dritten Welt in Bolivien schon als Kind BMW-Fan. Damals war es für uns ein unerreichbarer Traum einen BMW fahren zu dürfen, geschweige einen BMW zu besitzen.“

Die Stationen seines beruflichen Werdegangs auf dem Weg zum BMW i4 sind seither nahezu zahllos. Weil man ihn trotz seines prächtigen Abiturs im Heimatland belächelte, als er von seinem Traum, nach Deutschland zu gehen, erzählte und keinerlei Hoffnungen machte, wählte Ferrufino den Ausbildungsumweg über Argentinien. Auf der katholischen Universität Cordoba lief es Mitte der 80er Jahre beim Studium der Elektrotechnik prächtig. Als er aber plötzlich die Chance sah, über ein Austauschprogramm doch noch nach Deutschland zu kommen, setzte der damals 17-jährige David alles auf eine Karte. Er ließ in Argentinien alles zurück, was er hatte, setzte sich im harten Auswahlverfahren schließlich durch und kam über Etappen in Köln und Gießen schließlich in seine Traumstadt und zu seinem Arbeitgeber, der ihn seit dem Filmbeitrag nahezu Tag für Tag begleitete.

„Es ist nicht immer einfach das zu bekommen, was man will“, sagt Ferrufino und wirkt mit einem Mal ernst. „Man darf die eigenen Ziele nicht ein Leben lang träumen, sondern muss sie jeden Tag leben und umsetzen.“ So kam er nach Deutschland, nach München, zu BMW und machte seine spätere Frau auf sich aufmerksam, die nach eigenen Angaben von ihm zunächst nichts wissen wollte.

Ferrufinos Karriere-Stationen sind beachtlich: Studium der Fahrzeugtechnik, BMW-Fertigungsplaner bei den großen Modellen, Teilprozesskettenverantwortlicher beim Exterieur, Konzeptingenieur, Abteilungsleiter Mechatronik... Diese und noch einige weitere Tätigkeiten beackerte David Ferrufino mit einem Enthusiasmus, wie ihn selbst bei dem ingenieurs- und produktionsgetriebenen Autobauer BMW nur wenige in sich tragen.

Mittlerweile hat der ergraute Mann mit den listigen Augen und dem lustigen Lachen eine der zentralen Entwicklungspositionen im Hause BMW inne. Hinter der langweiligen Bezeichnung „Leiter Sublinie Cabrio, Gran Coupé, Coupé, 4er & 2er, BEV 4er & 3er und Projektleiter 4er Gran Coupé & BEV im BMW Forschungs- und Innovationszentrum / München / LK-C“ verbirgt sich ein Posten, um den Ferrufino viele beneiden – intern wie extern. Auf der einen Seite gehört der 3er BMW, das ursprüngliche Herz der Marke BMW, in seinen Verantwortungsbereich. Zum anderen hat Ferrufino auch beim 4er Gran Coupé den Hut auf und ist zudem dafür verantwortlich, dass bei dem so wichtigen Elektro-Schwestermodell BMW i4 nichts aus dem Ruder läuft.

Bereits auf der IAA 2017 stellte der damalige CEO Harald Krüger auf der Messebühne eine gleißend weiße Konzeptstudie namens BMW iVision Dynamics vor, von der außer der Hülle noch nicht allzu viel fertig war. Eigentlich hatte man die Studie eines elektrischen Mittelklassemodells in Coupé-Form erst später zeigen wollen, doch der Druck war größer denn je, dass einer der innovativsten Autobauer der Welt trotz der frühen Projekte i3 und i8 den Elektrotrend verschlafen hatte.

Der BMW i4 (hier ein Bild des Erlkönigs) soll ab 2021 den Elektromarkt erobern. Quelle: BMW

Fortan war der Fokus auf den elektrischen BMW i4 noch größer als ohnehin schon. Der elektrische Vierer sollte einer werden, der BMW nicht nur auf eine Stufe mit dem Tesla Model 3 stellen sollte. Man wollte mit Vollgas überholen – natürlich lokal emissionsfrei und zumindest auf der Straße weitgehend geräuschlos. Das Model 3 von Tesla tut BMW mittlerweile weh; Audi und Mercedes ebenso. Keiner hat ein bezahlbares Mittelklassemodell mit Stecker, das gerade in den USA so wichtig wäre, um Kunden zu halten. Hier ist das Model 3 längst in weite Ferne entschwunden und es gibt kaum einen Interessenten, der sich statt des elektrischen Teslas für den allemal sehr guten BMW 330e PHEV entscheidet. Mehr hat BMW derzeit nicht zu bieten.

Ferrufino und sein Team sollen es richten: Der i4 soll ab 2021 ein Volltreffer werden. Die Erwartungen sind dementsprechend hoch.

BMW hat dem i4 ebenso wie Ferrufino zumindest etwas Druck von den Schultern genommen, indem die Münchner zunächst dem iNext den Vortritt geben. Der elektrische SUV wird im kommenden Jahr einige Monate vor dem BMW i4 auf den Markt kommen. Er soll in Sachen Design, Technologie und Antrieb neue Bestmarken für die Bayern setzen. Kurz danach soll dann der BMW i4 neue Kunden anlocken. Wird er ein Erfolg, wird man Ferrufino auf die Schulter klopfen. Das elektrische 4er Gran Coupé könnte dann vielleicht das neue Herz von BMW werden – wenn sich der SUV-Trend doch einmal abschwächen sollte. Ferrufino ist optimistisch: Das 4er Gran Coupé der Verbrennerwelt stehe neben den Coupés und Cabrios an den Spitzenplätzen der Brandshaper-Skala mit hohem Markenbeitrag. „Der i4 als erster flacher BEV der BMW Group mit Gran-Coupé-Charakter, sportlichen Proportionen und Fahrdynamik wird genau diesen hohen Markenbeitrag in das Zeitalter der Elektromobilität transferieren.“

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