Wie reagiert die Bundesregierung auf die Affäre?
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat eine Untersuchungskommission eingesetzt. Die soll nach seinen Worten untersuchen, „ob die betreffenden Fahrzeuge konform der deutschen und der europäischen Regeln gebaut und auch geprüft worden sind“. Dazu wollen die Experten Gespräche führen und Einblick in Unterlagen erbitten. Dobrindt forderte hat Volkswagen auf, Kunden "vollumfänglich aufzuklären", um dadurch Vertrauen zurückzugewinnen. Er betonte, die Regierung wolle selbst aktiv dafür sorgen, dass derartige Manipulationen in Zukunft nicht wieder vorkämen.
Der Minister erklärte, mit der von ihm eingesetzten Kommission werde nun dezidiert geprüft, ob elf Millionen Dieselautos „den deutschen und europäischen Regeln entsprochen haben, sowohl was ihre Zulassung betrifft als auch ihren weiteren Bau und die Prüfmechanismen“. Die Kommission sei bereits in Wolfsburg und sichte Unterlagen. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte ebenfalls rasche Aufklärung und „volle Transparenz“ und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bezeichnete die Abgas-Manipulationen als „völlig inakzeptabel“ bezeichnet. „Der Schaden, den einige Leute für das Unternehmen und die Mitarbeiter verursacht haben, ist riesig“, so Gabriel am Mittwoch auf der IAA in Frankfurt.
Vermintes Gelände – Volkswagen und die USA
In China, dem wichtigsten Automarkt der Welt, stampft VW ein Werk nach dem anderen aus dem Boden. In den USA zählt Europas Branchenprimus erst eines, vieles läuft dort noch nicht rund. Eine Chronologie.
VW-Chef Martin Winterkorn spricht zur Automesse in Detroit erstmals von einem neuen SUV-Modell speziell für die USA.
Nach 31 Monaten auf steilem Expansionskurs muss Volkswagens Kernmarke für den April 2013 erstmals wieder rückläufige Verkäufe melden. Seitdem finden die Wolfsburger nicht in die Spur.
Im schwelenden Streit um einen Betriebsrat für das einzige US-Werk von Volkswagen in Chattanooga droht der mächtige Konzernbetriebsrat damit, weiteres Wachstum dort zu blockieren.
Michael Horn löst Jonathan Browning als Chef von Volkswagens US-Sparte ab. Medien spekulieren, Browning müsse wegen der Verkaufszahlen gehen. Volkswagen nennt „persönliche Gründe“.
Winterkorn kündigt das neue SUV-Modell für 2016 an. „Amerika ist der weltweit härteste Automarkt“, räumt er ein. Als mögliche Produktionsorte gehen Chattanooga und Mexiko ins Rennen.
Die VW-Mitarbeiter in Chattanooga votieren gegen den Vorschlag, sich von der US-Autogewerkschaft UAW vertreten zu lassen. Damit kann VW zumindest vorerst nicht die vom Betriebsrat geforderte Arbeitnehmervertretung nach deutschem Vorbild aufbauen.
Betriebsratschef Bernd Osterloh meldet sich zu Wort. Er könne sich „durchaus vorstellen“, dass ein weiterer Standort in den USA „nicht unbedingt wieder in den Süden gehen muss“.
VW teilt mit: Der Cross Blue geht nach Chattanooga.
VW zeigt auf der Messe in Detroit neben dem bereits bekannten großen Geländewagen Cross Blue eine Coupé-Variante. Martin Winterkorn verspricht, in den USA wieder in den Angriffsmodus zurückkehren zu wollen.
Die Verkäufe gerade der Marke VW fallen nach den beiden schlechten Jahren 2013 und 2014 in den USA noch einmal schlechter aus. Von Januar bis August verkaufte in den USA 238.100 Autos und damit 2,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Quelle: dpa, scc
Auf dem SUV-verliebten US-Markt hat der VW-Konzern so seine Probleme. Schon lange kämpfen die Wolfsburger mit schwachen Verkaufszahlen. Weil Diesel-Motoren in Amerika ohnehin nicht besonders beliebt sind, versuchte der Konzern, sie als besonders umweltfreundlich anzupreisen. "Clean Diesel" lautete das Versprechen, mit dem Volkswagen seine Fahrzeuge an umweltbewusste Fahrer bringen wollte. Um in dieser Nische eine Chance zu haben, griff der Konzern offenbar auf die besagten Manipulationen zurück.
Was bedeuten die Vorwürfe für die anderen deutschen Autobauer?
Die Manipulationen von VW seien "ein Bärendienst für die ganze deutsche Dieseltechnologie", sagt Auto-Experte Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Hierdurch würde das Image von Dieselautos – in den USA ohnehin nur ein Nischenmarkt – schwer beschädigt. Auch BMW und Daimler seien dadurch indirekt betroffen. "Man versucht seit Jahren, die Dieseltechnologie in den USA zu etablieren – und jetzt das", so Bratzel.
BMW etwa versucht, den Imageschaden aus der Abgas-Affäre von sich fernzuhalten. Der Konzern sei von den Manipulationen in den USA nicht betroffen und nicht von US-Behörden kontaktiert worden, sagte ein BMW-Sprecher. Die US-Umweltschutzbehörde EPA habe Diesel-Modelle von BMW getestet und befunden, dass die Regeln eingehalten worden seien. Ein Daimler-Sprecher beteuert ebenfalls, nicht von den Ermittlungen betroffen zu sein: "Es gibt nach unseren Erkenntnissen keine Untersuchungen zu Mercedes-Benz."
Umweltexperten, wie unter anderem der ehemalige Abteilungsleiter der Umweltbundesbehörde Axel Friedrich, sind sich aber sicher, dass solche Manipulationen nicht alleine bei Volkswagen System haben. Friedrich sagte im Interview mit der WirtschaftsWoche Online: "Ich glaube nicht, dass zurzeit nur VW schwitzt."
Gibt es noch mehr Verbindungen nach Deutschland?
Ja. Der Autozulieferer Bosch hat die Technik zur Abgasnachbehandlung für die vom Abgasskandal betroffenen Volkswagen-Modelle geliefert. "Wir fertigen die Komponenten nach Spezifikation von Volkswagen", erklärte ein Sprecher von Bosch am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Verantwortung für Applikation und Integration der Komponenten liegt bei VW", ergänzte er. Laut EPA-Ermittlungen hat der Konzern die Software zur Manipulation der Abgasnachbehandlung selbst programmiert.
Mit Material von dpa und Reuters