Dienstrad-Leasing Dienstrad-Streit in Baden-Württemberg

Das Geschäft mit dem Dienstrad-Leasing blüht – nur nicht im öffentlichen Dienst, wo Tarifverträge ein verbreitetes Leasing-Modell nicht zulassen. Aus Gewerkschaftssicht zu Recht. Baden-Württemberg hat nun als erstes Land die Regeln teilweise aufgelockert.

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Dienst-Fahrrad in Baden-Württemberg Quelle: dpa

Während immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitern das Leasing von Dienstfahrrädern anbieten, schauen Beschäftigte im öffentlichen Dienst oft in die Röhre. Grund dafür sind Tarifverträge, die keine sogenannte Entgeltumwandlung für das Leasing erlauben – dazu zählt zum Beispiel der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Bundesländer, der für alle außer Hessen gilt. Auch viele Angestellte in Städten und Kommunen betrifft das.

In Baden-Württemberg sollen künftig zumindest Beamte und Richter im Rahmen einer Entgeltumwandlung ein vom Land geleastes Dienstrad auch privat nutzen können. Der Stuttgarter Landtag hatte am Mittwoch eine entsprechende Änderung des Landesbesoldungsgesetzes beschlossen.

Man sei das erste Bundesland, das eine entsprechende rechtliche Grundlage geschaffen habe, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums in Stuttgart der Deutschen Presse-Agentur. Sein Haus hatte die Änderung des Landesgesetzes vorgeschlagen. Jetzt ist das Verkehrsministerium des Landes am Zug: Über eine Ausschreibung muss ein Anbieter für das Leasing gefunden werden. Danach kann es losgehen.

Nicht verbeamtete Landesangestellte werden aber weiterhin nicht mit einem geleasten Dienstrad auf Arbeit radeln können. „Dafür müsste der Tarifvertrag der Länder geändert werden“, erklärte der Sprecher. Vor den Länder-Tarifverhandlungen Anfang 2017 habe Baden-Württemberg für eine Änderung geworben. Die Begeisterung der anderen Länder sowie der Gewerkschaften sei aber nicht groß gewesen.

Verdi kritisiert den Dienstrad-Vorstoß

Es sei nicht nur förderlich für die Gesundheit, mit dem Rad zur Arbeit zu kommen, sagte der Ministeriumssprecher. „Gerade auch in der Diskussion um Stickoxide und Feinstaub, die wir etwa in Stuttgart führen, ist das doch eine Alternative.“

Vor knapp fünf Jahren wurden die Steuervorteile von Dienstwagen auf Fahrräder, Pedelecs und E-Bikes ausgeweitet. Wie bei Autos wird ein Prozent des Listenpreises als geldwerter Vorteil versteuert, wenn man das Rad auch privat nutzen möchte. Bei einem weit verbreiteten Modell werden die Leasing-Raten über eine Entgeltumwandlung vom Bruttogehalt abzogen. Dadurch sinkt das zu versteuernde Einkommen, Mitarbeiter und Firma müssen weniger Abgaben leisten.

Die Gewerkschaft Verdi sieht genau diese Art von Dienstrad-Leasing kritisch. Hier müsse der Arbeitnehmer die Kosten für Anschaffung und Unterhalt tragen, teilte ein Sprecher mit. Dies solle durch Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit „versüßt“ werden. Zudem seien geringere Rentenansprüche die Folge. Aus dem Grund lehne Verdi das „Steuersparmodell mit Leasingfahrrädern“ ab. Es entspreche auch nicht den gesellschaftspolitischen Zielen der Gewerkschaft, einzelnen Beschäftigten zulasten der Allgemeinheit Steuervorteile zu geben.

Mit Blick auf Baden-Württemberg betonte der Sprecher: „Wenn (...) ein öffentlicher Arbeitgeber, beispielsweise ein Bundesland, umweltfreundlich sein will, dann kann er ganz ohne Entgeltumwandlung Dienstfahrräder erwerben und den Arbeitnehmern zu den gleichen Konditionen wie Dienstautos zur privaten Mitnutzung zur Verfügung stellen.“ Gegen Dienstfahrräder an sich hätten Gewerkschaften nämlich gar nichts.

Das Geschäft mit Dienstrad-Leasing blüht: Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club schätzt unter Verweis auf ihm bekannte Branchendaten, dass es jährlich mehrere Hunderttausend neue Diensträder gibt. Auch Leasing-Anbieter, Fahrradbranche und Unternehmensverbände bestätigen die zunehmende Bedeutung. Große Konzerne wie Deutsche Bahn oder SAP, aber auch viele Mittelständler und Kleinbetriebe bieten es an.

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