Dienstwagen Das SUV wird zum Kombi-Jäger

SUV verkaufen sich weltweit blendend. Das schlägt sich mittlerweile auch in den Dienstwagen-Flotten nieder. Bei einer Marke haben SUV die anderen Modelle sogar schon überholt.

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Kombi oder SUV Quelle: Presse

Die Kombi-Version eines Kompakt- oder Mittelklasse-Modells, meist schwarz oder silbern lackiert, mit einem etwa 150 PS starken Dieselmotor – je nach Fuhrpark-Politik im Unternehmen eventuell sogar zwingend von einem deutschen Hersteller. So sieht der Vorzeige-Dienstwagen aus.

Über Jahrzehnte waren diese Modelle hierzulande auch bei privaten Autokäufern beliebt. Während in anderen Ländern klassische Limousinen gefragt waren, fuhr der Deutsche Kombi. Oder eben einen Kompaktwagen wie den Golf.

Doch in den vergangenen Jahren legte vor allem ein Segment kräftig zu: die SUV. Nicht nur Geländewagen-Marken wie Jeep oder Land Rover haben von dem Boom profitiert. Bei einigen Herstellern gibt es quasi zu jeder Baureihe ein SUV-Pendant. Fast jedes zweite neue Pkw-Modell aus europäischer Produktion wird 2017 ein SUV sein. Insgesamt starten im laufenden Jahr 32 neue Baureihen, 14 davon sind SUV oder Geländewagen.

Muss es immer ein Passat sein?
VW Dienstwagen Quelle: Volkswagen
VW Dienstwagen Quelle: Volkswagen
VW Dienstwagen Quelle: Volkswagen
VW Dienstwagen Quelle: Volkswagen
VW Dienstwagen Quelle: Volkswagen
VW Dienstwagen Quelle: Volkswagen
VW Dienstwagen Quelle: Volkswagen

Es war nur eine Frage der Zeit, bis der SUV-Trend auch die Unternehmensflotten erreicht. Nicht unbedingt bei Abteilungs- oder Poolfahrzeugen, wohl aber bei den persönlich zugeordnete Dienstwagen. Soll das Firmenauto ein Anreiz sein, muss es dem Mitarbeiter auch gefallen.

Die Nachfrage spüren die Autobauer. „Wir verzeichnen im Großkundengeschäft eine kontinuierlich steigende Nachfrage im SUV-Segment, auch wenn der A4 und A6 Avant die Volumenmodelle bleiben“, sagt Martin Sander, Leiter des Deutschland-Vertriebs bei Audi. Von einer Premiummarke beziehen die Großkunden vorwiegend Dienstwagen für Führungskräfte, die das Auto nach ihren persönlichen Vorlieben konfigurieren und hochwertig ausstatten. „Entsprechend ist in diesem Segment auch die Nachfrage nach individuellen Karosserieformen jenseits der klassischen Limousine oder dem Kombi da“, so Sander.

Bei der deutschen Premium-Konkurrenz ist die Lage kaum anders. Modelle wie der Mercedes-Benz GLC oder BMW X3 werden nicht nur von Privatkunden gefahren. Doch auch hier bleiben die Dienstwagen-Klassiker mit den Kombis der C-Klasse und 3er-Baureihe nach wie vor gefragt.

Bei einer Marke wie Volvo hingegen haben die SUV die anderen Modelle inzwischen überholt: Die Topseller bei den Groß- und Firmenkunden sind das Mittelklasse-SUV XC60 und der große XC90. Erst dann kommt mit dem V60 der erste Kombi. „Mit unseren beiden erfolgreichen SUV-Modellen waren wir durchaus am Boom beteiligt“, sagte Rüdiger Hüttemann, Leiter des Großkunden-Vertriebs bei Volvo Deutschland, jüngst im Interview mit dem Fachmagazin „Flottenmanagement“.

Wer hat das beste Dienstwagen-Angebot?
Mercedes-Benz C-Klasse T-Modell Quelle: Daimler
Volvo V60 Quelle: Volvo
BMW 3er Touring Quelle: BMW
Toyota Avensis Kombi Quelle: Toyota
Citröen C5 Tourer Quelle: Citroën
VW Passat Variant Quelle: Volkswagen
Audi A4 Avant Quelle: Audi

Dabei profitiert Volvo von dem Bestreben, dass sich einige Dienstwagen-Berechtige vom Kombi-Einerlei abheben wollen – sei es auf dem Firmenparkplatz oder von den Nachbarn. „Natürlich ist der Wettbewerb in diesen Segmenten auf dem deutschen Markt, gerade wenn es um Premiumprodukte geht, besonders ausgeprägt“, sagt Hüttemann. „Aber glücklicherweise gab und gibt es genug Kunden, die neben dem Mainstream auch nach etwas Besonderem Ausschau halten.“

Sechs von zehn Volvo-Neuwagen gingen 2016 an Großkunden – die Mehrheit davon mit Gelände-Genen.

Das Risiko des SUV-Trends

Für die Hersteller kann der SUV-Trend jedoch an anderer Stelle zum Bumerang werden. Zwar beschwichtigt die Industrie, dass der Mehrverbrauch von SUV gegenüber konventionellen Limousinen und Kombis gesunken ist, doch ein Blick auf die CO2-Emissionen zeigt dennoch die Tragweite des Problems: Die CO2-Emissionen der in Deutschland neu zugelassenen Fahrzeuge sinkt immer langsamer.

Im Jahr 2016 waren es mit 127,4 Gramm CO2 pro Kilometer nur noch 1,1 Prozent weniger als im Vorjahr. In den fünf Jahren davor sind die CO2-Emissionen in Deutschland durchschnittlich noch um jährlich 3,2 Prozent gesunken.

„Die sich verlangsamenden CO2-Verbesserungen sind im hohen Maße den Erfolgen der Hersteller im Trendsegment SUV geschuldet“, sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. „Die SUV-Nachfrageverschiebungen erschweren zusammen mit der schwindenden Akzeptanz von Dieselfahrzeugen insbesondere bei Privatkunden die Einhaltung der EU CO2-Grenzwerte von 95 g/km im Jahr 2021.“

Waren die Vorgaben für einen Dienstwagen früher oft auf PS-Zahl oder den Preis beschränkt, zählen inzwischen andere Werte. „Wir beobachten, dass Fuhrpark-Richtlinien zunehmend differenzierter und individueller auf den Bedarf des jeweiligen Unternehmens zugeschnitten werden“, sagt Audi-Vertriebsleiter Sander. „CO2-Werte sind für Flottenkunden in der Beschaffung von sehr hoher Bedeutung, Leistungsgrenzen werden im Vergleich dazu niedriger priorisiert.“

Wenn es mal nicht der Passat sein soll
VW Passat Quelle: Volkswagen
Renault Talisman Quelle: Renault
Renault Talisman Quelle: Renault
Alfa Romeo Giulia Quelle: Alfa Romeo Stellantis
Alfa Romeo Giulia Quelle: Alfa Romeo Stellantis
Cadillac ATS Quelle: Cadillac
Cadillac ATS Quelle: Cadillac

Soll heißen: Wurden bisher Benziner nur wo nötig eingesetzt – etwa bei Kleinwagen für die Stadt – ist jetzt die Vorherrschaft des Diesels nicht mehr in Stein gemeißelt. Der Selbstzünder hat zwar einen geringeren CO2-Ausstoß als ein Benziner, mit Plug-in-Hybriden kann der Diesel (zumindest auf dem Papier) aber nicht mithalten.

Je nachdem, wie ein Unternehmen seine Fuhrpark-Richtlinien festlegt, kann so vermehrt ein Auto mit Gas-, Hybrid- oder gar Elektroantrieb das Modell der Wahl sein. Und bei den angekündigten Elektro-Offensiven von Audi und Mercedes stehen jeweils elektrische SUV-Modelle an der Spitze. Bis ein Kombi mit Elektroantrieb auf den Markt kommt, der auch den Anforderungen der Flottenkunden entspricht, werden wohl noch einige Jahre vergehen.

Der Autobahnkurier für Walderlebnispfade
Volvo V90 Cross Country Quelle: Volvo
Volvo V90 Cross Country Quelle: Volvo
Volvo V90 Cross Country Quelle: Volvo
Volvo V90 Cross Country Quelle: Volvo
Volvo V90 Cross Country Quelle: Volvo
Volvo V90 Cross Country Quelle: Volvo
Volvo V90 Cross Country Quelle: Volvo

Vollkommen vom SUV abgelöst wird der Kombi im Flottengeschäft aber nicht. Zählt etwa bei einem Außendienstler auch das Kofferraumvolumen, bietet der Kombi in der Regel mehr – im Falle eines VW Tiguan und Passat liegt die Differenz bei 130 Litern nach VDA-Norm.

Dazu kommt der Preis: Ein SUV liegt im Grundpreis meist einige Tausend Euro über dem eines Kombis. Wegen des Mehrverbrauchs ist er auch im Betrieb teurer. Sobald es nicht mehr ums Prestige, sondern in der Breite des Fuhrparks um die Total Cost of Ownership (TCO) geht, verliert das SUV an Boden.

Der Mainstream, von dem sich Volvo-Mann mit seinen SUV-Modellen abheben will, besteht also weiter aus Limousinen, Kompaktwagen und vor allem Kombis. Das zeigt sich auch bei den Topsellern im Audi-Flottengeschäft, das den deutschen Markt wohl etwas besser abbildet als die Volvo-Modelle. Gefragt sind hier das Mittelklasse-Modell A4, eine Nummer größer der A6, der kompakte A3 und die A5-Baureihe (wo die viertürige Variante Sportback als Limousinen-Alternative gezählt werden kann).

Erst dann kommt mit dem Q5 das erste SUV. Weiteres Wachstum der SUV-Anteile erwartet sich Deutschland-Vertriebsleiter Sander aber nicht unbedingt von der Öffnung nach unten mit dem kleinen Q2. „Mit kommenden, völlig neuen Modellen wie dem Audi Q4 und Q8 wird der SUV-Anteil im Großkundengeschäft weiter steigen“, so Sander.

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