Stellen Sie sich vor, es ist Freitagnachmittag, die letzten Akten sind sortiert, die letzte Mail geschrieben. Ein letzter Klick auf die heißgelaufene Maus und es ist Wochenende. Denkste! Denn quasi in der fünften Minute der Nachspielzeit heißt es von ganz oben: „Können Sie das noch kurz fertig machen? Muss unbedingt vorm Wochenende noch raus.“ Heutzutage bedeutet das: Nachsitzen.
Daran wird sich in naher oder ferner Zukunft natürlich nichts ändern. Mit dem großen Unterschied, dass irgendwann dieses Nachsitzen ganz bequem auf dem Nachhauseweg im eigenen Fahrzeug praktiziert werden könnte. Das soll nicht heißen, dass jeder einen eigenen Chauffeur zur Hand bekommt. Das Stichwort lautet: Autonomes Fahren.
Wenn es nach Bundeskanzlerin Angela Merkel geht „werden wir in 20 Jahren nur noch mit Sondererlaubnis selbstständig Auto fahren dürfen.“ Angesichts der Hindernisse sowohl auf praktischer als auch theoretischer Ebene wird dieser Kanzlerinnen-Satz aber sehr wahrscheinlich in derselben Rhetorik-Schublade landen, wie der des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II.: „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“
Doch wie genau darf sich solch eine Fahrt in einem autonom fahrenden Fahrzeug vorgestellt werden und warum werden auch zwei Jahrzehnte nicht für eine komplette Automatisierung ausreichen? Wird das Auto in absehbarer Zukunft zum rollenden Büro oder gar Wohnzimmer auf Rädern?
Wie der Stand der Technik ist
Bislang reicht die Technik der großen Automobilhersteller für eine sichere Fahrt auf der Autobahn. Der Fahrer nimmt die bekannte Position hinter dem Lenkrad ein, startet den Motor und pilotiert das Fahrzeug gen Autobahn. Bereits auf dem Weg dorthin erfährt er spürbar oder auch weniger spürbar Unterstützung von adaptiven Abstandsregeltempomaten, aktiven Spurhalteassistenten und sogar restlichtverstärkenden Kameras für eine sichere Fahrt bei Nacht.
Hinzu kommen City-Notbrems-Assistenten, die einen Auffahrunfall bei städtischem Tempo verhindern und Verkehrsschilderkennungen, die den Städten, welche auf ihre täglichen Blitzereinnahmen angewiesen sind, ein wahrer Graus sind. Anhand der Echtzeit-Verkehrsanzeige wird zudem stets der stauärmste, sprich schnellste Weg errechnet. Die Lieben daheim können die Fahrt an ihren Smartphones sekundengenau mitverfolgen und derweil schon mal mit dem Tischdecken beginnen.
Die fünf Stufen des automatisierten Fahrens
Der Fahrer lenkt, bremst und beschleunigt selbständig. Einfache Systeme wie Abstandshalter unterstützen ihn.
Das elektronische System übernimmt bestimmte Funktionen wie etwa das automatische Einparken oder das Spurhalten. Der Fahrer bleibt aber weiter in der Verantwortung, die Hände bleiben am Lenkrad.
Das Fahrzeug fährt weitgehend autonom, der Fahrer muss nicht mehr alles dauerhaft überwachen. Er darf die Hände vom Lenkrad nehmen, muss aber in der Lage sein, nach Vorwarnung die Kontrolle wieder zu übernehmen.
Der Fahrer kann noch übernehmen, ist aber nicht mehr erforderlich, um das Auto zu steuern. Elektronische Systeme können alle Verkehrssituationen automatisch bewältigen.
Das Lenkrad entfällt, das Auto wird nur noch vom System gesteuert.
Auf der Autobahn angekommen, kann in aktuellen Neuwagen im Premiumsegment nun das Fahrzeug für mehrere Sekunden am Stück die Komplettkontrolle über das Fahrzeug übernehmen. Wir befinden uns somit in der dritten von fünf Stufen innerhalb des autonomen Fahrens. Fährt der Vorausfahrende zu langsam, wird in einigen Fällen sogar schon automatisch zum Überholen angesetzt.
Selbst einen staugeschuldeten Stillstand inklusive das darauffolgende Wiederanfahren haben heute Audi, BMW, Mercedes, VW und einige weitere Hersteller im Angebot. Blickt der Fahrer in solch tempoberuhigter Situation vermehrt auf den Bildschirm in der Mittelkonsole, soll bei Honda ab 2020 das Fahrzeug die Komplettkontrolle inklusive Spurhalten und Abstandeinhalten übernehmen können.