Elektroautos Ist das Ihr neuer Dienstwagen?

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Mühen mit den Massenmodellen

Das sind die Sorgen im oberen Ende des Segments. Im Mittelbau, dort wo Elektroauto nicht gleich Tesla ist, gibt es durchaus praktischere Probleme. Peter Wüstnienhaus etwa fährt seit fünf Jahren elektrisch. Der Rheinländer besitzt einen Renault Twizy und einen Kia Soul EV, mit dem er täglich 60 Kilometer zur Arbeit pendelt. „Bei der Frage, ob reine E-Autos schon alltagstauglich sind, muss man zwischen Lang- und Kurzstrecke unterscheiden“, meint Wüstnienhaus.

Das ist der neue Tesla-Masterplan

Im Unterschied zum Verbrenner ist das E-Auto besonders auf der Kurzstrecke effizient: Beim Bremsen, etwa im Stop-and-go, rekuperiert der Akku Energie. Dagegen macht sich bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn der Luftwiderstand bemerkbar. „Wer keine längeren Etappen als 150 Kilometer fahren muss, hat heute kein Problem; wer Langstrecken meistern muss, braucht Glück und gute Nerven.“

Das ändert sich zwar durch viele neue Modelle in den nächsten Jahren. Wer aber schon jetzt ein E-Auto kaufen möchte, sollte ein paar Wochen über das eigene Fahrverhalten Buch führen, rät Wüstnienhaus: Wie lang sind die tagtäglichen Wege zur Arbeit, zum Kindergarten und zum Einkauf? Wie weit die längste Strecke im Monat? „Wahrscheinlich reicht für 99,5 Prozent der Fahrten ein kleines, erschwingliches E-Auto; und wenn es zwei Mal im Jahr mit dem Auto in den Urlaub geht, kann man ein anderes Auto leihen“, meint Wüstnienhaus.

Die Probleme mit den Ladesäulen

Theoretisch geht die Langstrecke auch heute schon im E-Kleinwagen. Aber der Ladeteufel steckt im Detail: In manchen Ländern laden die Säulen noch mit 3,1 Kilowatt, und unerwartete Umwege, etwa durch Streckensperrungen, können die E-Auto-Fahrt jäh beenden.

Die Ladesäulen unterwegs sind ohnehin ein Thema für sich. Wer die einschlägigen Facebook-Gruppen oder Internetforen durchstöbert, findet sie schnell: gestresste und wütende E-Auto-Fahrer, die sich über zugeparkte, defekte oder schlicht zu wenige Ladesäulen ärgern. Zwar hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) 300 Millionen Euro für deren Ausbau zur Verfügung. Aber viele E-Auto-Fahrer kritisieren, dass die Dobrindt-Säulen nicht unbedingt dort entstehen, wo sie gebraucht werden: in und um die Ballungsräume der Metropolen. Hinzu kommt, dass sich die deutschen Hersteller mit einem eigenen Steckerstandard von der Konkurrenz abschotten. Das verschärft das Stecker-Chaos: Längst nicht jedes E-Auto passt an jede Ladesäule.

Dabei wird „von der Lade-Infrastruktur maßgeblich abhängen, ob sich das Elektroauto im Alltag durchsetzen kann“, schreiben die Unternehmensberater von PwC in einer aktuellen Studie. Derzeit fehlt es nicht nur an Ladeplätzen, sondern vor allem an der Ladegeschwindigkeit. Ein Elektrokleinwagen wie der Renault Zoë braucht auf der Autobahn so viel Strom beziehungsweise lädt so langsam, dass man pro Stunde Fahrt fast eine Stunde tanken muss. Die meisten öffentlichen Säulen, die sich per Geldkarte oder Handy-App aktivieren lassen, laden nur mit 22 oder gar nur 11 Kilowattstunden (kWh). Das bedeutet: Den 90 kWh-Akku eines Tesla voll zu laden würde zehn Stunden dauern. Im Alltag ist das nicht praktikabel.

Wandboxen beschleunigen den Ladevorgang

Aber auch wer in der heimischen Garage lädt, betritt noch Neuland: Steckdosen in Wohnhäusern sind meist nur mit etwas mehr als zwei Kilowatt (kW) abgesichert; für einphasige Leitungen gibt es zudem eine gesetzliche Obergrenze von 4,6 kW. Zieht das Auto mehr Strom, fliegt die Sicherung raus. Einen Tesla an einer 230-Volt-Steckdose zu betanken würde 36 Stunden dauern, einen Nissan Leaf (rund 200 Kilometer Reichweite) zehn Stunden. Abhilfe bringen Wandboxen: Schnelllader, die an die Garagenwand geschraubt werden. Damit kriegt man den Nissan zu Hause in gut zwei Stunden voll.

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