Dieselaffäre Auch Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen Continental-Mitarbeiter

Dieselaffäre: Auch Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt im Fall Mitsubishi gegen Continental-Mitarbeiter Quelle: dpa

Nach Hannover ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt im Fall Mitsubishi gegen Mitarbeiter von Continental. Bei dem Zulieferer werden nun erste personelle Konsequenzen gezogen.

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Neben der Staatsanwaltschaft Hannover, die Continentals Rolle als VW-Zulieferer im Dieselskandal untersucht, ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen Conti-Mitarbeiter. Die Frankfurter interessieren sich offenbar für Continentals Rolle im Fall Mitsubishi. Im Börsenprospekt der jüngst abgespaltenen Conti-Antriebssparte Vitesco Technologies heißt es, die Frankfurter Fahnder ermittelten „gegen unbekannte Mitarbeiter des Continental-Konzerns“. Im Januar 2020 hatten die Fahnder Geschäftsräume von Continental durchsucht, wie die WirtschaftsWoche damals berichtete.

Damals untersuchten die hessischen Ermittler Vorwürfe gegen den Autobauer Mitsubishi wegen des Verdachts einer möglichen Verwendung illegaler Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren. Damals hieß es noch, Mitsubishi-Zulieferer Continental werde nur „als Zeuge geführt“. Continental wollte sich dazu nicht äußern. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt war zu einer Stellungnahme vorerst nicht in der Lage, da sich der zuständige Ermittler derzeit nicht im Haus befinde.

Darüber hinaus hat Continental nach Informationen der WirtschaftsWoche bereits erste personelle Schritte wegen der Dieselermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover eingeleitet. So ermittele die Behörde auch gegen zwei Personen unterhalb der Vorstandsebene, wie ein Sprecher der Behörde der WirtschaftsWoche sagte. Bei Continental musste deswegen offenbar eine Compliance-Beauftragte das Haus verlassen. Ein männlicher Mitarbeiter soll freigestellt worden sein. Aus Konzernkreisen war zu hören, dass das Ressort Group Law and Intellectual Property künftig von Andrea Czarnecki geleitet wird. Die 45-jährige Juristin startete ihre Karriere 2004 bei Continental in der Rechtsabteilung. Das Ressort Group Compliance wird nun von Frank Vießmann geleitet, wie aus seinem Linkedin-Profil hervorgeht. Der 44-Jährige kam im September 2021 von Daimler Truck and Buses, wo er Head of Compliance war. „Wir werden die Ressorts Group Compliance und Group Law and Intellectual Property mit sofortiger Wirkung meiner direkten Verantwortung unterstellen und unterhalb der Vorstandsebene neu besetzen“, hatte Continental-CEO Nikolai Setzer jüngst gesagt.

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt mittlerweile gegen mehrere ehemalige Ex-Continental-Vorstände. Neu bestätigt: Auch gegen Karl-Thomas Neumann laufen Ermittlungen.
von Annina Reimann

Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover wegen einer möglichen vorsätzlichen Aufsichtspflichtverletzung gegen mehrere ehemalige Continental-Vorstände. Üblicherweise geht es dabei um ein mögliches Bußgeld. Mit Bezug auf Dieselthemen fielen die zu zahlenden Summen für andere Unternehmen aus der Autoindustrie relativ hoch aus, zumal damit auch eine Gewinnabschöpfung verbunden war. Ein Bußgeld könne gegen die Continental Automotive GmbH oder die Continental AG verhängt werden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover der WirtschaftsWoche. „Eine Abspaltung hat keine Auswirkung auf eine eventuelle Vermögensabschöpfung“, so der Sprecher.

Insider bei Continental zeigten sich da allerdings entspannt: Der finanzielle Schaden für Continental werde, wenn überhaupt, minimal sein – denn das betroffene Geschäft sei ja heute bei Vitesco Technologies, sagte ein Insider der WirtschaftsWoche. In der Tat haben Continental und Vitesco vereinbart, dass der Schaden im Fall einer möglichen Inanspruchnahme wegen Aufsichtspflichtverletzungen auszugleichen sei. Dies gelte auch für behördliche Verfahren, einschließlich der Verhängung von Bußgeldern, heißt es im Abspaltungs- und Übernahmevertrag. Dies bedeutet, dass Vitesco seiner ehemaligen Mutter Continental ein mögliches Bußgeld wohl erstatten müsste.

Am ehesten vergleichen lässt sich die Situation mit dem Zulieferer Bosch: 2019 hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen einer fahrlässigen Verletzung der Aufsichtspflicht eine Geldbuße in Höhe von 90 Millionen Euro gegen die Robert Bosch GmbH verhängt. Der Zulieferer hatte laut der Behörde „17 Millionen Motorsteuergeräte und Dosiersteuergeräte an verschiedene in- und ausländische Hersteller ausgeliefert, deren zugehörige Software teilweise unzulässige Strategien enthielt“. Dies habe dazu geführt, dass die damit ausgestatteten Fahrzeuge mehr Stickoxide ausstießen, als dies nach den regulatorischen Anforderungen zulässig gewesen sei. Mit 88 Millionen Euro entfiel dabei der überwiegende Teil darauf, die erzielten wirtschaftlichen Vorteile von Bosch abzuschöpfen. Die Höhe des Abschöpfungsteils der Geldbuße richtete sich laut Staatsanwaltschaft nach den Gewinnen aus dem Verkauf der Steuerungsgeräte.

2020 verhängte die Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Geldbuße über 42,5 Millionen Euro gegen den Zulieferer ZF. Dies geschah ebenso wegen einer fahrlässigen Verletzung der Aufsichtspflicht im Unternehmen. „Die Pflichtverletzung führte dazu, dass Software, die die ZF AG gemeinsam mit Getrieben im Zeitraum ab 2002 an verschiedene in- und ausländische Automobilhersteller auslieferte, unzureichend auf die Möglichkeit missbräuchlicher Verwendung geprüft wurde“, teilte die Behörde damals mit. Dadurch sei Software ausgeliefert worden, die „vereinzelt eine unzulässige Strategie enthielt“. Diese habe bei einem Automobilhersteller dazu geführt, dass die damit ausgestatteten Fahrzeuge mehr Stickoxide ausstießen, als dies nach den regulatorischen Anforderungen zulässig gewesen sei.

Für Autobauer wurden die Bußgelder viel teurer, was an ihren höheren Gewinnen liegen dürfte. So verhängte die Staatsanwaltschaft Braunschweig 2018 in der Dieselaffäre „wegen der Verletzung von Aufsichtspflichten“ ein Bußgeld über eine Milliarde Euro gegen Volkswagen. Die Verletzung der Aufsichtspflicht bezog sich auf die Abgasmanipulationen bezüglich des Ausstoßes von Stickoxiden bei Dieselmotoren. Es handelte sich um eine der höchsten Geldbußen, die jemals einem Unternehmen in Deutschland auferlegt worden ist. Die Geldbuße setzte sich damals zusammen aus der gesetzlichen Maximalbuße von fünf Millionen Euro sowie einer Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile von 995 Millionen Euro.

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2019 musste Daimler eine Geldbuße von 870 Millionen Euro zahlen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte bei den Stuttgartern eine fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht in einer mit der Fahrzeugzertifizierung befassten Abteilung festgestellt. „Diese führte dazu, dass für Dieselfahrzeuge behördliche Genehmigungen erteilt wurden, obwohl deren Ausstoß von Stickoxiden teilweise nicht den regulatorischen Anforderungen entsprach“, teilten die Ermittler damals mit.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Mit Porsche zum Beispiel, die 2019 stolze 535 Millionen Euro zahlten. Und vielleicht bald auch mit Continental?

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