Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte und Professor an der Universität Duisburg-Essen, schreibt in einer Studie, dass das „Gleichgewicht im Markt“ verloren gegangen sei. „Gebrauchte Diesel-Pkw waren bei Gebrauchtwagenkäufern beliebt. Heute überwiegt die Unsicherheit, das Risiko von Fahrverboten und Wertverlusten.“
Zudem sieht Dudenhöffer einen „dreifachen Preisdruck“ im Markt für junge Diesel-Gebrauchtwagen: „Erstens, durch die stark rückläufige Diesel-Nachfrage privater Käufer, zweitens durch den Preisdruck durch prämierte Neuwagen und drittens durch ein steigendes Angebot junger gebrauchter Dieselfahrzeuge.“ Betroffen seien vor allem die 0-3 Jahre alten gebrauchten Diesel. Wie viel diese Fahrzeuge bereits an Wert verloren haben, ist Dudenhöffers Studie nicht zu entnehmen.
Woraus sich der Preis eines Neuwagens zusammensetzt
Der Listenpreis (brutto) des untersuchten Kompaktwagens liegt bei 26.780 Euro.
Quelle: Institut für Automobilwirtschaft (IFA)
Der Staat kassiert bei diesem Neuwagenpreis 4.276 Euro Mehrwertsteuer, was bei unserem Kompaktwagen zu einem Nettolistenpreis von 22.504 Euro führt. Dieser Nettopreis wird im Folgenden als 100 Prozent betrachtet.
9.789 Euro oder 43,5 Prozent des Nettopreises
2.250 Euro oder 10 Prozent des Nettopreises
2.138 Euro oder 9,5 Prozent des Nettopreises
1.350 Euro oder 6 Prozent des Nettopreises
1.013 Euro oder 4,5 Prozent des Nettopreises
563 Euro oder 2,5 Prozent des Nettopreises
450 Euro oder 2 Prozent des Nettopreises
Beim Händler bleiben 3.713 Euro oder 16,5 Prozent des Nettopreises hängen
Bei einem Nettopreis von 22.504 Euro kann der Hersteller 1.238 Euro oder 5,5 Prozent als Gewinn verbuchen
Die Test-Käufe der WirtschaftsWoche geben jedoch einen Eindruck, wie rasant der Wertverfall ist. Ein zusätzliches Problem stellt sich Besitzern von Diesel-Pkw mit Euronorm 5 und 6 durch die sogenannten Software-Updates. Rund fünf Millionen Autos wollen die Hersteller mit diesem Update nachrüsten, um die Stickoxid-Werte der Diesel zu senken. Das wurde am Dieselgipfel vereinbart. Ob die Schadstoffwerte damit tatsächlich so drastisch reduziert werden können und ob das ohne Einbußen bei der Motorleistung geht, ist allerdings umstritten. So rieten gleich mehrere Händler dem Testverkäufer der WirtschaftsWoche dazu, besser kein Software-Update vor dem Verkauf des Diesels machen zu lassen. Immerhin könnte das die Motorleistung und den Verkaufswert schmälern.
Bei Audi ist kein Verkäufer zu sprechen
Doch was bietet eigentlich diejenigen für den gebrauchten Audi A3, die ihn früher verkauft haben? Es ist Freitag kurz vor Ladenschluss, als der Testverkäufer der WirtschaftsWoche bei einem offiziellen Audi-Händler erfahren will, was er für den Gebrauchten noch bekommt. Verkäufer ist zu dieser Zeit keiner zu sprechen. Stattdessen sitzt ein Manager vom Flottenmanagement bequem hinter seinem Schreibtisch, verdeckt von einem vor ihm ausgestellten Audi Cabrio, und versucht auf seine ganz eigene Art, den Kunden ihre Sorgen zu nehmen: „Baujahr 2009? Den hätten Sie ohnehin nicht mehr vergolden können. Wenn Sie vor zwei Jahren einen Diesel gekauft hätten und ihn jetzt verkaufen wollen, könnte ich Ihre Probleme ja verstehen.“
Darauf angesprochen, dass Audi möglicherweise Mitschuld am Wertverlust des Wagens habe, reagiert der Verkäufer phlegmatisch: „Diese Diesel-Thematik wird doch nur von den Medien hochgespielt.“ Zudem hätten die anderen Hersteller genauso getrickst: „BMW hat für die Testfahrten den ganzen Innenraum ausgeräumt und Testfahrer eingesetzt, die genau wussten, bei welchen Drehmomenten sie fahren müssen. Aber darüber schreiben die Medien eben nicht.“
Welche Schadstoffe im Abgas stecken
Stickoxide (allgemein NOx) gelangen aus Verbrennungsprozessen zunächst meist in Form von Stickstoffmonoxid (NO) in die Atmosphäre. Dort reagieren sie mit dem Luftsauerstoff auch zum giftigeren Stickstoffdioxid (NO2). Die Verbindungen kommen in der Natur selbst nur in Kleinstmengen vor, sie stammen vor allem aus Autos und Kraftwerken. Die Stoffe können Schleimhäute angreifen, zu Atemproblemen oder Augenreizungen führen sowie Herz und Kreislauf beeinträchtigen. Pflanzen werden dreifach geschädigt: NOx sind giftig für Blätter und sie überdüngen und versauern die Böden. Außerdem tragen Stickoxide zur Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon bei.
Kohlendioxid (CO2) ist in nicht zu großen Mengen unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Klimagas und zu 76 Prozent für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Der Straßenverkehr verursacht laut Umweltbundesamt rund 17 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen in Deutschland – hier spielt CO2 die größte Rolle. Es gibt immer sparsamere Motoren, zugleich aber immer größere Autos und mehr Lkw-Transporte. Außerdem mehren sich Hinweise darauf, dass Autobauer nicht nur bei NOx-, sondern auch bei CO2-Angaben jahrelang getrickst haben könnten.
Bei der Treibstoff-Verbrennung in vielen Schiffsmotoren fällt auch giftiges Schwefeldioxid (SO2) an. In Autos und Lkws entsteht dieser Schadstoff aber nicht, was am Kraftstoff selbst liegt: Schiffsdiesel ist deutlich weniger raffiniert als etwa Pkw-Diesel oder Heizöl und enthält somit noch chemische Verbindungen, die bei der Verbrennung in Schadstoffe umgewandelt werden.
Winzige Feinstaub-Partikel entstehen entweder direkt in Automotoren, Kraftwerken und Industrieanlagen oder indirekt durch Stickoxide und andere Gase. Die Teilchen gelangen in die Lunge und dringen in den Blutkreislauf ein. Sie können Entzündungen der Atemwege hervorrufen, außerdem Thrombosen und Herzstörungen. Der Feinstaub-Ausstoß ist in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre deutlich gesunken. Städte haben Umweltzonen eingerichtet, um ihre Feinstaubwerte zu senken.
Feinstaub entsteht aber nicht nur in den Motoren. Auch der Abrieb von Reifen und Bremsen löst sich in feinsten Partikeln. Genauso entstehen im Schienenverkehr bei jedem Anfahren und Bremsen feiner Metallabrieb an den Schienen. All das landet ebenfalls als Feinstaub in der Luft.
Katalysatoren haben die Aufgabe, gefährliche Gase zu anderen Stoffen abzubauen. In Autos wandelt der Drei-Wege-Kat giftiges Kohlenmonoxid (CO) mit Hilfe von Sauerstoff zu CO2, längere Kohlenwasserstoffe zu CO2 und Wasser sowie NO und CO zu Stickstoff und CO2 um. Der sogenannte Oxidations-Kat bei Dieselwagen ermöglicht jedoch nur die ersten beiden Reaktionen, so dass Dieselabgase noch mehr Stickoxide enthalten als Benzinerabgase. Eingespritzter Harnstoff („AdBlue“) kann das Problem entschärfen: Im Abgasstrom bildet sich so zunächst Ammoniak, der anschließend in Stickstoff und Wasser überführt wird.
Ob Audi den Gebrauchten ohne Abschläge in Zahlung nimmt, war bei diesem Händler nicht zu erfahren. Bei BMW und Toyota wollte man den gebrauchten Diesel mit Euronorm 5 vergangene Woche noch ohne Abschläge in Zahlung nehmen. Wie die Händler trotz des Wertverlusts beim Weiterverkauf zu ihrem Geld kommen, verriet der Toyota-Händler: „Der Dieselskandal betrifft ja größtenteils Deutschland und Europa. Aber wir können die gebrauchten Diesel zum Beispiel gut nach Afrika weiterverkaufen.“