Der Opelhändler sieht aus, wie man sich einen Opelhändler vorstellt. Kleines Büro, kariertes Hemd, freundliches Lächeln. Vor dem Büro parkt ein Opel Mokka, auf den Fliesen im Büro sitzt ein Kunde und erkundigt sich nach einem Neuwagen. Seinen alten Diesel möchte er in Zahlung geben. Der Verkäufer strahlt wie der Opel Mokka vor seinem Büro. Was man denn derzeit fahre, will er wissen. „Einen Audi A3, Baujahr 2009, Diesel mit Umweltsiegel Euronorm 5“, sagt der Kunde. Das Lächeln des Verkäufers wird mitleidig.
Die Ergebnisse des Dieselgipfels in Kürze
Insgesamt sollen rund 5,3 Millionen Euro-5- und Euro-6-Diesel durch Updates der Motor-Software sauberer werden: 3,8 Millionen von Volkswagen, über 900.000 von Daimler, über 300.000 von BMW und weitere von Opel. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kritisierte aber, dass sich von ausländischen Herstellern nur wenige beteiligten. Bei VW sind knapp 2,5 Millionen Diesel, die schon im Pflicht-Rückruf sind, eingerechnet.
Der Stickoxid-Ausstoß der Fahrzeuge soll so im Schnitt um 25 bis 30 Prozent sinken, sagen die Hersteller - 30 Prozent müssen es sein, sagt Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
Die Autobauer versprechen, dass für die Autobesitzer keine Kosten entstehen und die Nachrüstung keinen Einfluss auf Motorleistung, Verbrauch und Lebensdauer haben wird.
Die Hersteller wollen Besitzer älterer Diesel - Euro-4 oder weniger - mit Prämien motivieren, neue Diesel oder E-Autos zu kaufen.
Ein Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ im Umfang von 500 Millionen Euro soll den Stadtverkehr moderner und sauberer machen und individuelle Pläne für die 28 am stärksten betroffenen Regionen in Deutschland finanzieren. Bund und Hersteller zahlen in gleichen Teilen ein.
Förderprogramme werden aufgestockt, um den Umstieg auf E-Mobilität zum Beispiel bei Nutzfahrzeugen und Bussen zu beschleunigen und Rad- und Schienenverkehr voranzubringen - dafür kommt der Bund auf.
Expertenrunden sollen sich weiterhin mit dem Thema Nachrüstungen an den Motor-Bauteilen selbst, der Hardware, befassen.
Szenen wie bei diesem Opel-Händler erlebt man dieser Tage in so gut wie allen Autosalons der Diesel-Republik Deutschland. Je mehr Hersteller der Dieselskandal um manipulierte Abgaswerte in seinen Dunstkreis zieht und je weitreichender die Anschuldigungen werden, desto ramponierter wird das Image des Selbstzünders. Gleichzeitig hat in Stuttgart ein Gericht den Weg für Dieselfahrverbote frei gemacht. Vieles spricht dafür, dass München und andere Städte nachziehen könnten.
Gebrauchte Diesel-Pkw fallen - getrieben durch diese Negativschlagzeilen - fast täglich in ihrem Wert. Verstärkt wird die Entwertung noch durch den Dieselgipfel mit der Politik, der eigentlich das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen sollte. Bei dem Gipfel verpflichteten sich die Hersteller zu Rabattaktionen, um ältere Diesel-Dreckschleudern von der Straße zu holen. Doch die Rabatte für Neuwagen gelten nur bei der Verschrottung von Diesel-Pkw der Abgasnorm Euro 1 bis 4. Gerade diese Prämien würden laut einer Studie der Universität Duisburg-Essen „den Kauf junger Gebrauchtwagen weniger attraktiv machen“, wodurch mit einem Preisrutsch im Segment junger Gebrauchtwagen gerechnet werden müsse.
Test-Käufe zeigen: Der Preisverfall ist ernüchternd
Doch was sind die Diesel-Pkw mit Euro 5 und 6, die von der Rabattaktion ausgenommen sind, dann überhaupt noch wert? Die WirtschaftsWoche hat mehrere Test-Käufe bei Autohändlern durchgeführt und mit Experten gesprochen. Das Ergebnis ist ernüchternd und bestätigt nicht nur den rasanten Preisverfall der Diesel-Pkw, sondern zeigt auch, wie wenig Verantwortung die Hersteller und Händler für die Schrottkisten übernehmen wollen.
Der Opel-Händler setzt nun wieder das Gesicht des professionellen Verkäufers auf. Um dem Kunden zu demonstrieren, wie stark sein gebrauchter Diesel im Preis gefallen ist, dreht er seinen Monitor zu ihm herum. „Diese E-Mail kam gestern von einem Kollegen“, sagt er und zeigt auf das Schreiben. In fett hervorgehobener Schrift ist dort zu lesen, dass die Opel-Händler Zukäufe von gebrauchten Dieselwagen „gar nicht oder nur zum Schundpreis tätigen“ mögen.
Was der „Schundpreis“ in Bezug auf den Audi A3 Sportback mit Euronorm 5 bedeutet, verrät der Verkäufer auch: „Ich gebe Ihnen dafür den Listenpreis, abzüglich Schäden, abzüglich 25 Prozent.“ Quasi über Nacht, von vergangenem Donnerstag auf Freitag, hat der Audi bei diesem Opel-Händler ein Viertel seines Wertes eingebüßt. „Das wurde von einem Tag auf den anderen beschlossen und das kann noch weiter sinken. Früher haben wir die gebrauchten Diesel im Paket weiterverkauft. Heute will die niemand mehr haben.“
„Diesel ist Schrott"
Wie schwer die Händler die gebrauchten Diesel loswerden, erzählt ein Toyota-Händler: „Wir haben im letzten Monat 28 Benziner und 23 Diesel in Zahlung genommen. Die Benziner sind fast alle wieder verkauft, von den Diesel gerade einmal drei.“ Dennoch würde der Toyota-Händler bei einem Testverkauf der WirtschaftsWoche den Audi ohne Abschläge in Zahlung nehmen. Ganz anders ist das etwa bei VW: Auch dort erzählt ein Händler, dass die gebrauchten Diesel mit Euronorm 5 mindestens 20 Prozent verloren hätten.