Nun hat Rupert Stadler also gestanden.
Bevor ich dazu komme, will ich selbst etwas gestehen:
Ich habe kürzlich über die „Kehrtwende“ des Ex-Audi-Chefs in seinem Strafverfahren geschrieben. Ich gestehe, das war falsch. Was sich am Dienstag am Landgericht München II abspielte, war keine Kehrtwende. Höchstens ein Kehrtwenderl. Eigentlich ist Stadler bloß abgebogen, nicht gewendet. Ich gestehe, ich hätte das zumindest ahnen können und nicht vollmundig eine Kehrtwende ankündigen dürfen.
Was das Gericht zu hören bekam, war schon von der Form her bestenfalls ein Kehrtwenderl – Stadler sprach die Worte nicht selbst, sondern ließ sie von seiner Anwältin vortragen – und inhaltlich sowieso: „Ich sehe für mich ein, dass es ein Mehr an erforderlicher Sorgfalt bedurft hätte“, sprach die Anwältin.
Herr Stadler war also nicht immer und überall optimal sorgfältig? Das ist kein Geständnis. Das ist ein Allgemeinplatz. Können wir streichen.
Weiter im Text: Dass Fahrzeuge manipuliert worden seien und dadurch Käufer geschädigt worden seien, „habe ich zwar nicht gewusst, aber als möglich erkannt und billigend in Kauf genommen.“ Der Mann, der zweieinhalb Jahre lang mit Verve behauptet hat, dass er nicht wusste, dass die Fahrzeuge illegal manipuliert waren, macht im Geständnis trotzig weiter: „Ich habe es nicht gewusst“.
Aber weil Stadler ja unbedingt einer Haftstrafe entgehen will, musste doch noch etwas angefügt werden, das sich zumindest nach Geständnis anhört: Stadler hat die Manipulation „als möglich erkannt“.
Stadler hatte sein Management jahrelang sämtliche Audi-Modelle nach möglicher illegaler Technik durchsuchen lassen. Natürlich hat er also die Manipulation „als möglich erkannt“. Es war sein Job nach dem Auffliegen des Skandals 2015 bei Volkswagen, die Manipulationen als möglich zu erkennen. Das ist kein Geständnis, das ist eine korrekte Beschreibung seiner Aufgaben als Vorstandsvorsitzender von Audi. Auch hier gilt: Kann weg.
Was bleibt noch? Dass er „billigend in Kauf nahm“, dass die Fahrzeuge, bei denen er nicht sicher war, ob alles an ihnen legal war, weiter verkauft wurden. Dass die Autos illegale Technik an Bord hatten, ist beim Kraftfahrt-Bundesamt längst aktenkundig und dass sie unter Stadler munter verkauft wurden, ist unbestritten. Dafür braucht das Gericht nun wahrlich kein Geständnis. Also: Können wir streichen.
So bleibt als wirklich einzige neue Erkenntnis nach dem Kehrtwenderl von München: Stadler gibt zu, er hätte etwas genauer hinschauen müssen, bevor er die Autos verkaufen ließ. Oder lassen Sie es mich so ausdrücken: Sogar ein so gründlicher, erfahrener und erfolgreicher Automanager wie Herr Stadler ist nicht ganz perfekt.
Das ist kein Geständnis. Aber es sieht ein wenig danach aus. So wie die Diesel von Audi im Verkaufsprospekt mal wie ein Beitrag zu Klimaschutz und Luftreinhaltung aussahen.
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